Idee und Praxis einer politischen Oper waren vor einem Viertel Jahrhundert so gut wie mausetot. Mit Ausnahme einiger staatlich geförderter und beaufsichtigter Arbeiten in der zur Neige gehenden DDR wollten weder Publikum noch Intendanten von dieser als "garstig" geächteten Kunstform noch etwas wissen. Doch dann wurde sie auf der anderen Seite des Ozeans und des politischen Spektrums reaktiviert – nicht mehr aus dem gut gemeinten Willen zur Veränderung einer Welt, die es nötig hat, sondern mit den Intentionen der Kontemplation.
"Nixon in China" – das ist so etwas wie eine moderne Moritat, die auf ein markantes Ereignis der großen Politik reagiert, dieses aber recht distanziert und ohne erkennbare Sympathien für die meisten Protagonisten erzählt. Nur der als "Pragmatiker" eingestufte chinesische Premierminister Zhou Einlai und der zum Opfer des von Madame Mao angezettelten Gespötts werdende Außenminister Dr. Kissinger sind aus Gründen der Kontrastbildung Ausnahmen. Es geht um das Vorführen der Phrasen großer Politik und das Allzumenschliche großer Politiker nebst deren repräsentativem Anhang – mögen diese nun, wie Pat Nixon, Ambitionen als US-Musterhausfrauen gehabt haben oder wie Jiang Qing als Oberzeremonienmeisterin einer revolutionären Peking-Oper.
Im Sinn der einst von Bänkelsängern gepflegten epischen Kunstformen zelebriert nun der Regisseur Chen Shi-Zheng am Théâtre Châtelet in Paris die inzwischen in die Abgründe des Historischen entrückte Story. In schlicht-funktionalen Tableaus lässt Chen die drei glorreichen Tage Revue passieren, in dem nach langer Zeit alle Augen der Welt wieder einmal auf Peking gerichtet waren. Dabei nimmt er dokumentarisches Film- und Foto-Material zur Hilfe: Bilder vom Alltag der frühen 70er Jahre in den USA werden der als rückständig charakterisierten Arbeits- und Lebenswelt im Reich der Mitte gegenübergestellt.
Nach der (auf dem Theater zumindest leicht absurden) Begrüßung mit militärischen Ehren gibt’s Einblicke in das historische Treffen von Nixon mit Mao, wobei dieser sich als Philosoph stilisiert und ergiebig raucht, ansonsten schläft. Etwas lebendiger wird das politische Aussitz- und Durchstehtheater in der zweiten Halbzeit: Pat Nixon werden die Sehenswürdigkeiten des Landes gezeigt (Kunstgewerbe-Fabrik, Schweinemästerei, Krankenhaus, Ming-Palast etc.); die Embleme der Institutionen werden dekorativ in Glasvitrinen ausgestellt.
Und dann kommt, gleichsam authentisch choreographiert, das Highlight: Besuch einer Vorstellung der Peking-Oper "Das rote Frauenbataillon", bei der Pat Kunst und Leben verwechselt, indem sie peinlich-grotesk in die Szene eingreift. Die wasserstoffsuperoxydblond aufgebrezelte June Andersen steht die Rolle der extranaiven Präsidentengattin mit ihrer reifen Sopranstimme und allem gebotenen Anstand durch. Franco Pomponi überzeugt in der Rolle des US-Präsidentendarstellers. Alfred Kim macht den greisen Diktator Mao Zedong mit seiner Heldentenorstimme zur Schießbudenfigur. Mit schneidigem Auftreten und gelegentlich schneidend scharfem Sopran lässt Sumi Jo als Madame Mao die Gefährlichkeit der als Kurtisane zur Macht gekommenen Intrigantin ahnen.
Wenn sich im letzten Akt eine überlebensgroße bronzene Mao-Statue in die Höhe reckt und die nochmals traulich vereinten Staatsoberhäupter kräftig durcheinander singen, dann zeichnet auch die Inszenierung das wohltemperierte Kritik-Arsenal des Werks ab: So ist das eben mit hoher Politik, scheint die Pariser Inszenierung achselzuckend zu meinen.
"Nixon in China" – das ist so etwas wie eine moderne Moritat, die auf ein markantes Ereignis der großen Politik reagiert, dieses aber recht distanziert und ohne erkennbare Sympathien für die meisten Protagonisten erzählt. Nur der als "Pragmatiker" eingestufte chinesische Premierminister Zhou Einlai und der zum Opfer des von Madame Mao angezettelten Gespötts werdende Außenminister Dr. Kissinger sind aus Gründen der Kontrastbildung Ausnahmen. Es geht um das Vorführen der Phrasen großer Politik und das Allzumenschliche großer Politiker nebst deren repräsentativem Anhang – mögen diese nun, wie Pat Nixon, Ambitionen als US-Musterhausfrauen gehabt haben oder wie Jiang Qing als Oberzeremonienmeisterin einer revolutionären Peking-Oper.
Im Sinn der einst von Bänkelsängern gepflegten epischen Kunstformen zelebriert nun der Regisseur Chen Shi-Zheng am Théâtre Châtelet in Paris die inzwischen in die Abgründe des Historischen entrückte Story. In schlicht-funktionalen Tableaus lässt Chen die drei glorreichen Tage Revue passieren, in dem nach langer Zeit alle Augen der Welt wieder einmal auf Peking gerichtet waren. Dabei nimmt er dokumentarisches Film- und Foto-Material zur Hilfe: Bilder vom Alltag der frühen 70er Jahre in den USA werden der als rückständig charakterisierten Arbeits- und Lebenswelt im Reich der Mitte gegenübergestellt.
Nach der (auf dem Theater zumindest leicht absurden) Begrüßung mit militärischen Ehren gibt’s Einblicke in das historische Treffen von Nixon mit Mao, wobei dieser sich als Philosoph stilisiert und ergiebig raucht, ansonsten schläft. Etwas lebendiger wird das politische Aussitz- und Durchstehtheater in der zweiten Halbzeit: Pat Nixon werden die Sehenswürdigkeiten des Landes gezeigt (Kunstgewerbe-Fabrik, Schweinemästerei, Krankenhaus, Ming-Palast etc.); die Embleme der Institutionen werden dekorativ in Glasvitrinen ausgestellt.
Und dann kommt, gleichsam authentisch choreographiert, das Highlight: Besuch einer Vorstellung der Peking-Oper "Das rote Frauenbataillon", bei der Pat Kunst und Leben verwechselt, indem sie peinlich-grotesk in die Szene eingreift. Die wasserstoffsuperoxydblond aufgebrezelte June Andersen steht die Rolle der extranaiven Präsidentengattin mit ihrer reifen Sopranstimme und allem gebotenen Anstand durch. Franco Pomponi überzeugt in der Rolle des US-Präsidentendarstellers. Alfred Kim macht den greisen Diktator Mao Zedong mit seiner Heldentenorstimme zur Schießbudenfigur. Mit schneidigem Auftreten und gelegentlich schneidend scharfem Sopran lässt Sumi Jo als Madame Mao die Gefährlichkeit der als Kurtisane zur Macht gekommenen Intrigantin ahnen.
Wenn sich im letzten Akt eine überlebensgroße bronzene Mao-Statue in die Höhe reckt und die nochmals traulich vereinten Staatsoberhäupter kräftig durcheinander singen, dann zeichnet auch die Inszenierung das wohltemperierte Kritik-Arsenal des Werks ab: So ist das eben mit hoher Politik, scheint die Pariser Inszenierung achselzuckend zu meinen.