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"Noah's Arche" in Kentucky
Die Sintflut als Erlebnispark

In den USA ist die Bewegung der Kreationisten ausgesprochen stark. Sie lehnen Darwins Evolutionstheorie ab. Sie glauben, Gott habe die Erde in sechs Tagen erschaffen. Sie nehmen die Bibel wörtlich. Und so haben sie im US-Bundesstaat Kentucky Noahs Arche nachgebaut, originalgetreu, sagen sie.

Von Gesine Dornblüth |
Ansicht der gigantischen Arche
Die Arche von Kentucky beherbergt einen Freizeitpark für Kreationisten (Deutschlandradio / Gesine Dornblüth)
Der Schiffsrumpf ragt weit in die Höhe. Hölzern, 150 Meter lang, klobig wie ein Kasten. An der Seite ist eine Tür eingelassen, drinnen sind drei Decks eingebaut – genau wie im 1. Buch Mose beschrieben. An manchen Tagen kämen bis zu zehntausend Besucher, sagen die Betreiber. An diesem Tag sind wenige hundert da, unter ihnen Terry Lingle und sein Neffe Richard. Mehrere Stunden haben sie in der Arche Noah verbracht.
"Es war wunderbar. Mehr, als ich erwartet hatte. Mir war vorher nicht klar, wie groß die Arche war. Ich dachte immer, wenn ich die Bibel las, dass die Tiere drinnen eng zusammengepfercht waren und sich nicht bewegen konnten."
Die beiden Rentner bezeichnen sich als "born again christians", als Wiedergeborene Christen.
"In der Arche wird darauf hingewiesen, dass die Bibel nicht alle Details der Bauanleitung enthält." / "Die Konstrukteure haben sich mit Bootsbauern beraten. Aber sie haben alles genutzt, was die Bibel hergibt."
Per Floß nach Australien?
Auf echte Tiere haben die Macher allerdings verzichtet. Dafür gibt es draußen einen Streichelzoo. Und Erklärungen dafür, wie zum Beispiel Kängurus und Koalabären, die es nur in Australien gibt, vom Berg Ararat in der heutigen Osttürkei, wo die Arche Noah gestrandet sein soll, auf den fünften Kontinent gekommen seien. Eine Möglichkeit: Nach der Sintflut seien große Teppiche aus Pflanzen auf den Meeren getrieben, sie hätten den Tieren gleichsam als Floß gedient, verkündet ein Schild.
Eine Nahaufnahme der Arche von Kentucky
Bei den Kreationisten in Kentucky wird die Bibel wörtlich genommen (Deutschlandradio / Gesine Dornblüth)
Hinter dem Erlebnispark steckt die kreationistische Organisation "Answers in Genesis". Die Angestellten müssen einen Verhaltenskodex unterzeichnen. Wer zum Beispiel homosexuell ist oder außerehelichen Sex hat, ist nicht willkommen, denn beides sei mit der Bibel nicht vereinbar.
Religion als Geschäft
Weil der Arche-Noah-Erlebnispark Touristen anzieht, gewährt ihm der Bundesstaat Kentucky Steuervergünstigungen. Kritiker sehen dadurch das verfassungsgemäße Gebot der Trennung von Kirche und Staat verletzt. Die Besucherin Ginger Michael hat die Diskussion in den Medien verfolgt.
"Der Staat senkt öfter mal Steuern, um Geschäfte anzuziehen. Mir scheint, Religion ist auch ein Geschäft."
Der Souvenirshop in Noah's Ark - Stofftiere werden paarweise verkauft
Im Souvenirshop von Noah's Arche wird mit Bibelgeschichten Profit gemacht (Deutschlandradio / Gesine Dornblüth)
Der Besuch der Arche kostet knapp 50 Dollar, Parkgebühren extra. Dazu gibt es jede Menge Souvenirs: Bücher, Filme, Kuscheltiere. Immer zwei von jeder Art, natürlich.
"Das Wasser wird nicht noch einmal kommen"
Religiöse Vorträge dagegen sind im Eintrittspreis inbegriffen. Im Vortragssaal haben mehr als tausend Menschen Platz. An diesem Tag erläutert Tim Chaffey vom Ark Encounter, was man Menschen entgegnen kann, die nicht daran glauben, dass jedes Wort der Bibel wahr ist. Am Ende wirbt er für seine eigenen Bücher. Ums Geschäft gehe es aber keineswegs:
"Es gibt Leute, die Religion zu einem Geschäft machen. Einige Leute im Fernsehen, die sogenannten Tele-Evangelisten, die damit Geld verdienen. Aber das ist nicht der richtige Ansatz. Wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen die Bibel besser verstehen."
Tim Chaffey hält einen Vortrag in der Arche
Auch in Vorträgen wird die kreationistische Lehre verbreitet (Deutschlandradio / Gesine Dornblüth)
So wie die beiden Besucher Terry und Richard Lingle. Sie sind überzeugt davon, dass die Sorge um einen Anstieg der Ozeane als Folge des Klimawandels unbegründet ist.
"In der Bibel heißt es, das Wasser wird nicht noch einmal kommen." / "Dem stimme ich hundertprozentig zu. Gott hat gesagt, er werde die Erde nicht noch mal mit Wasser zerstören. Also wird es nicht passieren."
Zwei Mal schon wurde der Erlebnispark von heftigen Unwettern heimgesucht. Die Zufahrtsstraße wurde überflutet. Die Eigentümer haben ihre Versicherung verklagt, weil sie für den entstandenen Schaden nicht aufkommen wollte. Die Arche selbst blieb unbeschädigt.