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Noch nicht gleichberechtigt aber verfassungskonform

Hier finden Sie nach der Sendung das Manuskript des Beitrags. Mitunter liegen aber die Texte nicht als Datei vor oder können aus urheberechtlichen Gründen nicht ins Internet gestellt werden. Wir wollen mehr, wir wollen Gleichberechtigung in allen Bereichen durchsetzen. Dazu gehört einerseits, das Lebenspartnerschaftsgesetz auch um die steuerrechtlichen Probleme zu ergänzen, die der Bundesrat bislang verhindert hat. Und wir wollen ein Antidiskriminierungsgesetz!

Detlef Grumbach |
    So Volker Beck, der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Deutschen Bundestag, kürzlich auf der Kundgebung zum Christopher Street Day in Hamburg. Wann es nun ein Antidiskriminierungsgesetz geben wird, ist noch nicht absehbar. Aber immerhin haben die Richter in Karlsruhe heute das festgestellt, was Politiker der unionsregierten Länder Bayern, Thüringen und Sachsen bisher bezweifelt hatten. Das Gesetz, nach dem homosexuelle eine rechtlich geregelte "Lebenspartnerschaft" eingehen können, ist mit der Verfassung konform.

    Petra Ruf: Wir sind seid etwa acht Jahren zusammen und es ist ja quasi schon das dritte Mal, dass wir geheiratet haben. Wir haben zwei Kinder zusammen und haben mit der Taufe des ersten Kindes – das ist ungefähr sechs Jahre her – einen verstärkten elterlichen Segen vom Pastor bekommen, was wir dann so zu unserer Familiengründungsfeier gemacht haben.

    Petra Ruf und Silke Burmeister-Ruf, beide Mitte dreißig, gehören zu jenen 3000 von insgesamt 50.000 geschätzten lesbischen oder schwulen Paaren, die seit dem 1. August letzten Jahres die Möglichkeiten des neuen Lebenspartnerschaftsgesetzes für sich in Anspruch genommen haben. Wenngleich aus ihrer Sicht das Gesetz noch nicht vollständig ist und den beiden beispielsweise steuerliche Vorteile noch versagt sind. Weil die beiden in Hamburg leben, kamen sie hier zwischendurch noch in den Genuss einer speziellen, rein symbolisch gemeinten Zwischenlösung, der sogenannten "Hamburger Ehe":

    Petra Ruf: Dann haben wir die Hamburger Ehe eingegangen, ungefähr ein Jahr, nachdem sie eingeführt wurde, und weil ein drittes Mal heiraten oder sagen, wir gehören zusammen und wir wollen zusammen bleiben, das ist ja ein bisschen langweilig, da haben wir gesagt, der 1.8., so am ersten offiziellen Tag, in so einer Massenhochzeit, das ist noch mal ein Akt, wie wir ihn noch nicht hatten, das ist die Gelegenheit für uns, noch mal zu sagen, ja, wir sind eine Familie, wir gehören zusammen, wir lieben uns, wir wollen die Ehe schließen.



    Silke Burmeister-Ruf: Das mit der Romantik haben wir ja für uns schon vorher erledigt, für uns waren das mehr pragmatische Aspekte zu sagen, wir wollen so nah, wie es uns das Gesetz ermöglicht, auch rechtlich zusammen rücken, gerade auch was meine Beziehung zu den Kindern angeht. Ich bin ja nicht die biologische Mutter und habe jetzt erstmals durch die Eingetragene Lebenspartnerschaft die Möglichkeit, mit den Kindern verwandt zu werden. Ich habe ja auch ihren Namen, und da muss man sagen, dass das im Alltag eine ganze Menge erleichtert. Es war ja immer so eine behauptete Beziehungslosigkeit, dass ich im Grunde eine Fremde für die war.

    So ganz ohne rechtliche Verbindung zu den Kindern war Silke Burmeister-Ruf in diesem besonderen Fall allerdings doch nicht: Sie ist die Tante der Kinder, denn der Samenspender für die künstliche Befruchtung ist ihr Bruder. Aber so kompliziert wollen wir es gar nicht machen – und den Kindern ist das jetzt zumindest noch völlig egal.

    Silke Burmeister-Ruf: Er ist vielleicht ihr genetischer Erzeuger, aber er ist nicht ihr Vater. Er ist ihr Onkel und er ist ihre wichtigste Bezugsperson. Und Anna liebt ihn heiß und innig. Sie sagt immer, er ist ein bisschen ihr Papa.


    Petra Ruf: Also die Kinder sind da ja reingewachsen. Die kennen uns nur als Elternpaar, für die ist das ganz selbstverständlich, dass sie zwei Mütter haben. Also wenn jetzt im Kindergarten Fragen kommen, wer ist denn dein Papa, also Anna kichert dann immer und sagt, ich hab doch gar keinen Papa, ich hab doch zwei Mamas, und das sagt sie auch allen Erwachsenen, also für Anna ist das selbstverständlich, sie hat zwei Mamas. Und Jakob, der ist jetzt vier, dem ist das egal. Das hat im Leben für ihn keine Bedeutung.

    Politiker von Bündni90/Die Grünen und der SPD werteten die Karlsruher Entscheidung heute natürlich als Erfolg. Dies sei, so die Parteichefin der Bündnisgrünen Claudia Roth, "eine schallende Ohrfeige für die Politik der Ewiggestrigen". Und Bundesjustizministerin Herta-Däubler-Gmelin (SPD) sieht mit diesem Urteil die Politik der Regierung auf ganzer Linie bestätigt. Die rechtliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften gehört neben der Wende in der Drogenpolitik und der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts zu den gesellschaftspolitischen Reformprojekten der rot-grünen Bundesregierung.

    3000 Eingetragene Partnerschaften nach einem Jahr sind schon ein Erfolg,...

    ...so erklärt der Bundestagsabgeordneter Volker Beck, der die Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes auch in seine persönliche Bilanz aufnehmen kann.

    Volker Beck: Es löst für bestimmte Paarkonstellationen die rechtlichen Probleme, insbesondere da, wo einer der beiden Partner aus dem Nicht-EU-Ausland stammt. Bei anderen, ich sage mal ganz normalen durchschnittlichen Partnerschaften mit keiner akuten Problemstellung erwarten diese sich erwarten die sich eben noch die Regelungen, die im Ergänzungsgesetz stehen, die die Koalition ja auch will, die aber immer noch im Vermittlungsausschuss hängen.

    Etwa 500 bi-nationale Paare, bei denen eine Partnerin oder ein Partner keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland hatte und die ohne das Gesetz getrennt worden wären, können nach ihrer sogenannten "Verpartnerung" jetzt auf Dauer zusammen bleiben.

    Darüber hinaus sind zentrale Bereiche der von der Koalition angestrebten Regelungen im Namensrecht, im Steuer- oder im Beamtenrecht im Bundesrat zustimmungspflichtig. Diesen Teil hatte die Regierungskoalition deshalb in einem sogenannten Lebenspartnerschaftsgesetz-Ergänzungsgesetz formuliert. Diese Ergänzungen wurden von dem eigentlichen Gesetzespaket abgetrennt, damit die Union nicht das gesamte Vorhaben im Bundesrat blockieren konnte. Auch dies war einer der Gründe, warum Thüringen, Bayern und Sachsen vor das Bundesverfassungsgericht gezogen waren: Sie hielten dieses Vorgehen für unzulässig. Doch auch hier winkten die Karlsruher Richter heute ab: Dieses Verfahren sei zulässig und nicht zu beanstanden. Seit vergangenem November liegt das Gesetzesvorhaben nun im Vermittlungsausschuss - wann es nun zu einer Entscheidung kommen wird, ist unklar. Während heute nun Politiker der Regierungskoalition an die Union appellierten, nach dem Karlsruher Urteil ihre Blockadehaltung aufzugeben, lehnte das der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Edmund Stoiber, ab: Eine weitere Angleichung beim Steuerrecht und den Sozialversicherungen werde die Union mit «allen zu Gebote stehenden Mitteln bekämpfen».

    Das Hauptproblem aller gleichgeschlechtlichen Beziehungen in Deutschland war, dass die Partnerinnen oder Partner vor dem Gesetz Fremde waren und keine Möglichkeit hatten, dies zu ändern. Egal, ob es um Mietverträge, das Auskunftsrecht im Krankenhaus, das Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht oder steuerliche Fragen, ob es um einen gemeinsamen Namen oder – bis das der Tod euch scheide – um das Erbrecht ging. Schwule oder zwei Lesben, die zusammenleben und für einander sorgten wie ein heterosexuelles Paar, waren in elementaren Bereichen benachteiligt. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch das Europäische Parlament haben diesen Zustand schon in den neunziger Jahren bemängelt und Abhilfe eingefordert. Viele der gleichgeschlechtlichen Paare wollen zwar nicht heiraten oder sich verpartnern, wie es jetzt heißt, aber – so die von den Bündnis-Grünen ins Regierungsprogramm eingebrachte Forderung – wer es gerne möchte, der soll auch die Möglichkeit dazu haben: Gerade dann, wenn Kinder da sind, wenn einer der Partner keine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung hat oder wenn gar Krankheit und eine besondere Fürsorge im Spiel sind.

    Es ist ein Erfolg. Und zwar ist es deswegen ein Erfolg, weil es zunächst einmal 3000 Personen geholfen hat, eine Übereinstimmung zwischen ihrer Lebenslage und ihrem rechtlichen Status zu erreichen. Für die Betroffenen war es die Erfüllung eines Lebenstraums.

    So bewertet die SPD-Bundestagsabgeordnete Margot von Renesse, die lange als Familienrichterin gearbeitet hat, das Gesetz.

    Zweitens, es war für diese Paare deswegen ein Erfolg, weil sie nun auch für die Außenwelt eine Situation erreicht haben, in der man ihre Partnerschaft respektiert.

    Dies gilt in der Nachbarschaft wie im Kollegenkreis, wo sich die Menschen unter einer Partnerschaft mit Brief und Siegel noch immer eher etwas vorstellen können als unter einer "wilden Ehe". Es gilt aber ganz besonders, wie Margot von Renesse betont, für die Eltern homosexueller Kinder,...

    ...die oft in ihren Familien die reinsten Zerreißproben erleben, weil sie erleben, dass ihre Kinder fast zwangsläufig zu Außenseitern werden – so stellen sie sich das zumindest vor – in einer Gesellschaft, die für sie keinen angemessenen Platz findet. Jetzt haben diese Eltern die Vorstellung davon, dass es so etwas wie ein Erziehungsziel geben kann und dass man Kinder auch über die Volljährigkeit hinaus begleiten kann in ein Leben, dass ihnen auch die Form eines Gelingens ermöglicht.

    Petra Ruf: Vielleicht ist es tatsächlich normaler für sie geworden, dann über uns auch zu sprechen. So nach dem Motto, was jetzt offiziell anerkannt ist, das kann nicht allzu schlecht sein und da können wir auch drüber reden, aber ich denke, da ist der größte Schritt passiert mit den Kindern.



    Silke Burmeister-Ruf: Ich habe das schon bei uns bemerkt, und das wird auch unseren Eltern passieren, dass Leute, die sich sonst davor drücken konnten, Stellung zu beziehen, mit einem mal gezwungen waren, die Augen auf zu machen und zu sehen, womit sie es zu tun haben. Und dass sie dann, wenn sie zur Hochzeitsfeier eingeladen waren, schon schlucken mussten – und dann sind sie aber doch gekommen. Und das wird für unsere Eltern auch ein bisschen so sein, wenn sie dann mit einem Male davon erzählen, von so einer Hochzeitsfeier zum Beispiel, dann kann man das nicht mehr verdrängen.



    Karl Jüsten: Die Ehe hat für uns sakramentale Bedeutung, und darin liegt sicher das Besondere.

    Meint demgegenüber Prälat Karl Jüsten vom Katholischen Büro Berlin, der Interessenvertretung der Katholischen Bischofskonferenz am Regierungssitz.

    Sicher hängt auch unsere Reserviertheit gegenüber dem Gesetz damit zusammen, dass wir die Homosexualität aus moralischen Gründen anders bewerten als vielleicht diejenigen, die das Gesetz gefordert haben und sich dafür eingesetzt haben, dass es jetzt kommt. Diese Partnerschaft verstetigt etwas, was es nach katholischem Moralverständnis als zumindest problematisch bedacht wird.

    "Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung"

    So steht es im Grundgesetz, weil die Ehe traditionell eine Verbindung von Mann und Frau ist und als Keimzelle des Staates betrachtet wird. Obwohl die Wirklichkeit heute meist anders aussieht: Viele Kinder wachsen heute nicht bei ihren Eltern, sondern bei alleinerziehenden Müttern und Vätern auf. Und die Zahl der Eheschließungen nimmt nach Angaben des Statistischen Bundesamts stärker ab als je zuvor. Auch in der familienpolitische Debatte zeigt sich, dass Kinder – und nicht die Ehe als Lebensform der Eltern – verstärkte Förderung brauchen. Für Kirchen und CDU ist dies jedoch kein Grund auf das so genannte Abstandsgebot der Ehe zu anderen Lebensformen zu verzichten. Um dieser Forderung entgegen zu kommen, hat die Regierungskoalition eben nicht die "Ehe" für Schwule und Lesben geöffnet und gibt es kein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare

    Die gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist nicht vergleichbar mit der Ehe von Mann und Frau. Und trotzdem soll sie denselben rechtlichen Rahmen erhalten?

    Erklärt deshalb der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis, noch vor der Urteilsverkündung. Und auch wenn führende Spitzenpolitiker der Union heute erklärt haben, dass selbst nach einem Regierungswechsel im September das Gesetz nicht rückgängig gemacht werden würde, so bleiben die grundsätzlichen Bedenken bestehen.

    Es hat alle Merkmale der Ehe. Wenn ich die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften oder die gleichgeschlechtlichen Partner, die eine Lebenspartnerschaft eingehen und also eine Heirat vollziehen vor dem Standesbeamten, die gelten als Verwandte. Die haben Erbrecht. Was sich da überhaupt noch unterscheidet von der Ehe, das ist sehr künstlich. Also in Wirklichkeit wollen die ja auch die Ehe haben. Sie wollen ja die Homo-Ehe. Und wenn sie sie jetzt noch nicht vollständig erreicht haben, dann werden sie alles unternehmen, dann werden sie vollständige Übereinstimmung mit der Ehe auf jeden Fall im Laufe der Zeit durchzusetzen versuchen.


    Es gibt keinen Anspruch von Homosexuellen, wie Eheleute behandelt zu werden.

    Antwortet die Sozialdemokratin Margot von Renesse der CDU:

    Es gibt aber meines Erachtens nach auch keinen Anspruch von Nicht-Homosexuellen, dass sie in jedem Fall besser behandelt werden als Homosexuelle. Das heißt, der Ermessenspielraum des Gesetzgebers ist in diesem Fall sehr groß. Der Gesetzgeber hat das Recht auf Grund von Artikel 6 Eheleute besser zu behandeln als Nicht-Eheleute. Er hat aber nicht die Pflicht dazu.

    Ob das Gesetz mit Artikel sechs des Grundgesetzes vereinbar ist, haben die Karlsruher Richter heute mit einem eindeutigen "Ja" beantwortet. Von den acht Richtern im zuständigen Senat, sprachen sich fünf dafür aus, dass das Institut der eingetragenen Partnerschaft keine "Ehe" mit falschem Etikett sei. Zudem würden Ehen nicht benachteiligt. Es entstünden traditionellen Ehepaaren keine Nachteil dadurch, dass Homosexuelle sich nun auch rechtlich aneinander binden könnten. Außerdem, so begründeten die Richter ihr Urteil weiter, stehe zwar die herkömmliche Ehe unter dem Schutz des Grundgesetzes, dies schließe aber nicht aus, dass der Gesetzgeber auch andere Partnerschaftsformen unterstützen kann.

    Nur in zwei Punkten äußerten die Richter Bedenken: Ungeklärt ist nämlich was geschieht, wenn ein Homosexueller, der mit seinem Freund eine Lebenspartnerschaft nach diesem Gesetz eingegangen ist, plötzlich beschließt eine Frau zu heiraten. In diesem Fall- so die Karlsruher Empfehlung- müsste die Lebenspartnerschaft automatisch ungültig werden. Und nur in einem einzigen Punkt erkanten die Verfassungsrichter eine mögliche Ungleichbehandlung, die zu Lasten herkömmlicher Ehen gehen würde: Nämlich im Bundessozialhilfegesetz. Wenn ein verheirateter Mann heute Sozialhilfe beantragt, wird automatisch auch das Einkommen seiner Frau unter die Lupe genommen und angerechnet. Bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist das noch nicht der Fall - damit wären sie einer herkömmlichen Ehe gegenüber im Vorteil. Um dies zu verhindern müsse das Bundessozialhilfegesetz noch geändert werden, erklärten die Richter.

    Und eigentlich prescht Deutschland mit den Regeln zur "Homo-Ehe" innerhalb der Europäischen Union gar nicht einmal vor. Gerade die Nordeuropäischen Staaten und die Niederlande sind schon lange deutlich über die deutschen Reformschritte hinaus. In den Niederlanden können Lesben und Schwule jetzt ganz normal heiraten, womit dann auch das Recht verbunden ist, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Dieses Recht haben homosexuelle Paare auch in Schweden. Jens Scherpe, Assistent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht , hat gerade die Debatte und ihre Auswirkungen in Dänemark aufmerksam verfolgt. Sie wurde schon Ende der achtziger Jahre dort genauso kontrovers und mit ähnlichen Argumenten geführt, wie heute in Deutschland.

    Und interessanter Weise sind diejenigen, die früher Gegner dieser Regelungen waren, heute Befürworter dieser Regelung. Und gesamtgesellschaftlich, gerade in Dänemark, hat das Gesetz ausgesprochen positive Auswirkungen gehabt. Wenn man die Akzeptanzzahlen von gleichgeschlechtlichen Lebensweisen, nicht Lebenspartnerschaften, Lebensweisen insgesamt betrachtet, so war 1989 die Akzeptanz bei 54 Prozent in einer Umfrage. Schon ein Jahr später, nachdem das Gesetz durch die Presse ging und es hieß, Dänemark, das erste Land der Welt, sind die Zahlen auf über 60 Prozent angestiegen und nach der letzten Statistik ist es so, dass die Akzeptanzzahlen für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei 90 Prozent liegen.

    Einen solchen Effekt versprechen sich auch die Befürworter des Gesetzes in Deutschland. Der rechtpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Volker Beck, sieht sich durch die Entwicklung nach knapp einem Jahr schon bestätigt, und Norbert Geis empfindet dies allerdings ganz anders.

    Volker Beck: Man sieht ja bundesweit unheimlich viel Berichte, wo von dem ersten Schwulenpaar in Kleinkleckersdorf, von dem ersten Lesbenpaar in Tupfingen geschrieben wird und immer mit großer Anteilnahme und sehr positiv berichtet wird über die Eintragungszeremonien, das hat eine Präsenz des Themas ganz nachvollziehbar vor Ort bei ganz vielen Menschen ergeben und ich habe nirgendwo negative Reaktionen darauf gesehen.



    Norbert Geis: Ich glaube nicht, dass die Gesellschaft dieses Institut akzeptiert. Es gibt eher ein Non-Verhältnis der Gesellschaft zu diesem Institut. Das ist gar nicht richtig registriert. Und 3000 Partnerschaften ist ja auch nicht sehr viel, das ist ja verschwindend gering. Also ich sehe nicht, dass dieses Institut bei den Homosexuellen selbst sehr akzeptiert ist und ich sehe schon gar nicht eine Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung.

    Schwule und lesbische Paare haben die heutige Karlsruher Entscheidung zwar mit Erleichterung aufgenommen. Aber, wie geht es nun weiter? Was geschieht, wenn am 22. September eine CDU/CSU-Regierung das Steuer übernimmt? Edmund Stoiber, Kanzlerkandidat der CDU/CSU und einer der Ministerpräsidenten, welche die Normenkontrollklage in Karlsruhe auf den Weg gebracht hatte, versicherte heute, dass das Gesetz nach einem möglichen Wahlsieg, nicht zurückgenommen werden. Und auch die FDP - als ein möglicher Koalitionspartner - begrüßte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und kündigte an, dass es mit der FDP in dieser Frage, keine "Rolle rückwärts" geben werde. Ob das aber auch bedeutet, dass die noch im Vermittlungsausschuss liegenden Gesetzesänderungen durchkommen werden, welche Nachteile im Beamten- und Steuerrecht ausgleichen sollen? Die Betroffenen hoffen es auf jeden Fall.

    Petra Ruf: Wir wollen ja umziehen und wir hätten ja vielleicht gebaut, wenn wir die Eigenheimzulage als Paar ein zweites Mal hätten beanspruchen können. Das sind aber wieder so große finanzielle Verluste, die wir im Vergleich zu einem normalen Ehepaar haben, dass wir uns das nicht leisten können. Also es fehlen immer noch die steuerlichen Vergünstigungen, die Freibeträge, die nicht übertragen werden können, die Eigenheimzulage fehlt noch, also wir sind immer noch definitiv benachteiligt. Wir haben es ja nie ausgerechnet. Es müssen jetzt, schätze ich mal, in D-Mark fünfzig-, sechzigtausend Mark sein, die uns da durch die Lappen gegangen sind, und das Geld fehlt ja nicht allein zwei Frauen, die zusammen leben wollen, sondern es fehlt uns als Familie, also auch den Kindern ganz besonders.


    Silke Burmeister-Ruf: Aber neben diesen ganzen finanziellen Sachen ist natürlich der ganz große Pferdefuß die Herstellung einer rechtlichen Beziehung zwischen allen unseren Familienmitgliedern. Ich bin ja jetzt mit den Kindern verschwägert. Ich bin immer noch nicht ihre Mutter, ich kann sie immer noch nicht adoptieren. Ich habe zwar ein Kleines Sorgerecht, das mir im Alltag etwas hilft, aber ganz praktisch: Neulich haben wir zusammen Anna in der Schule angemeldet und da müssen wir dann Formulare ausfüllen, dass ich auch als Erziehungsberechtigte zu gelten habe, das geht alles, das ist alles wunderbar. Und dann zum Schluss sagt mit einem freundlichen Gesichtsausdruck die Schulsekretärin zu meiner Frau: Das können Sie natürlich auch jederzeit widerrufen. Und da bleibt mir das dann irgendwie im Halse stecken.