Emil Nolde war Antisemit, Rassist - und bis 1945 auch glühender Anhänger des Nationalsozialismus. Auf die Anerkennung des mörderischen Regimes unter Hitler hoffte er bis zu dessen Ende. Daran besteht spätestens nach dem Besuch der Berliner Ausstellung "Emil Nolde - eine deutsche Legende" im Hamburger Bahnhof kein Zweifel mehr. Schon früher hatten Kunsthistoriker auf die Verbindung zwischen dem Maler und der NS-Ideologie hingewiesen. Eine Ausstellung im Frankfurter Städel zeigte schon vor fünf Jahren, dass sich nach 1933 auch Noldes Bilder veränderten: Religiöse Motive, auf denen er zuvor häufig auch jüdische biblische Figuren dargestellt hatte, verschwinden fast ganz. Heroische Figuren, Berge, Burgen, Opferstätten, drohende Himmel über weiten Landschaften nehmen ihren Platz ein: Die Blut-und-Boden-Ideologie der Nazis findet ihre eigene Bildwelt. Die Haare der Figuren werden blond, die Augen blau.
Zum ersten Mal stand den beiden Kurator*innen Aya Soika und Bernhard Fulda nun aber uneingeschränkt der Nachlass in der Nolde-Stiftung in Seebüll zur Verfügung. Ihr Forschungsprojekt wurde möglich, als im September 2013 Christian Ring neuer Direktor der Nolde-Stiftung wurde und erklärte: "Alle Karten müssen auf den Tisch, Tabus darf es keine mehr geben." Gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Astrid Becker setzte er das Versprechen sofort um. Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann erkannte, dass sein Haus, das sich früh für Nolde engagiert hatte, der richtige Ort für die Ausstellung ist.
Zum ersten Mal stand den beiden Kurator*innen Aya Soika und Bernhard Fulda nun aber uneingeschränkt der Nachlass in der Nolde-Stiftung in Seebüll zur Verfügung. Ihr Forschungsprojekt wurde möglich, als im September 2013 Christian Ring neuer Direktor der Nolde-Stiftung wurde und erklärte: "Alle Karten müssen auf den Tisch, Tabus darf es keine mehr geben." Gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Astrid Becker setzte er das Versprechen sofort um. Nationalgalerie-Direktor Udo Kittelmann erkannte, dass sein Haus, das sich früh für Nolde engagiert hatte, der richtige Ort für die Ausstellung ist.
Antisemitismus als Marketingfaktor
Aus den neu zugänglichen Dokumenten ergab sich eine Fülle neuer Erkenntnisse. So ließ sich nicht nur rekonstruieren, dass Nolde seinen Antisemitismus in unzähligen Briefen und Texten und in seiner Autobiografie als künstlerisches Alleinstellungsmerkmal vermarktete. Er entwarf auch einen "Judenplan", nach dem alle Menschen dieses Glaubens ausgesiedelt werden sollten. Und er denunzierte seinen Kollegen und Konkurrenten Max Pechstein fälschlicherweise als Juden und war zu einer Korrektur auch nicht bereit, als dieser auf die Lebensgefährlichkeit dieser Lüge hinwies. Noldes Frau Ada, ebenso Nationalsozialistin wie ihr Mann, reagierte auf eine Bitte nach Hilfe für Mitglieder des Widerstands kühl und abweisend.
Die Berliner Ausstellung geht auch auf Noldes Kehrtwende und den von Kunsthistorikern freudig übernommenen Opfermythos nach 1945 ein: Er strich aus seinen Lebenserinnerungen - die bis heute so vertrieben werden - alle rassistischen Passagen. Er förderte die Behauptung, es habe ein "Malverbot" gegeben - das tatsächlich nie bestand. Fotos und eine Rekonstruktion von Noldes "Bilderraum" in Seebüll zeigen, wie viele großformatige Gemälde noch Anfang der 1940er Jahre entstanden. Auch die vom Kunsthistoriker Werner Haftmann so genannten und zu Widerstandszeugnissen stilisierten "ungemalten Bilder" hat es nach den Recherchen von Soika und Fulda so nicht gegeben: Die kleinformatigen Aquarelle haben nicht Bilder, die nicht gemalt hätten werden dürfen, ersetzt: Sie haben sie vorbereitet. In der Ausstellung sind viele von ihnen zusammen mit den Gemälden zu sehen, die ungehindert nach ihnen entstanden. Das hätte man schon wissen können, als Siegfried Lenz 1968 in seinem Roman "Deutschstunde" anderes insinuierte und der Nolde- und Lenz-Freund Helmut Schmidt Nolde-Bilder ins Bonner Bundeskanzleramt hängte; spätestens aber, als sich auch Angela Merkel für ihr Amtszimmer Nolde aussuchte.
Die Berliner Ausstellung geht auch auf Noldes Kehrtwende und den von Kunsthistorikern freudig übernommenen Opfermythos nach 1945 ein: Er strich aus seinen Lebenserinnerungen - die bis heute so vertrieben werden - alle rassistischen Passagen. Er förderte die Behauptung, es habe ein "Malverbot" gegeben - das tatsächlich nie bestand. Fotos und eine Rekonstruktion von Noldes "Bilderraum" in Seebüll zeigen, wie viele großformatige Gemälde noch Anfang der 1940er Jahre entstanden. Auch die vom Kunsthistoriker Werner Haftmann so genannten und zu Widerstandszeugnissen stilisierten "ungemalten Bilder" hat es nach den Recherchen von Soika und Fulda so nicht gegeben: Die kleinformatigen Aquarelle haben nicht Bilder, die nicht gemalt hätten werden dürfen, ersetzt: Sie haben sie vorbereitet. In der Ausstellung sind viele von ihnen zusammen mit den Gemälden zu sehen, die ungehindert nach ihnen entstanden. Das hätte man schon wissen können, als Siegfried Lenz 1968 in seinem Roman "Deutschstunde" anderes insinuierte und der Nolde- und Lenz-Freund Helmut Schmidt Nolde-Bilder ins Bonner Bundeskanzleramt hängte; spätestens aber, als sich auch Angela Merkel für ihr Amtszimmer Nolde aussuchte.
Gute Bilder, schlechter Mensch
Nolde war ein Opfer der NS-Kunstpolitik: Von kaum einem anderen Künstler wurden nach 1937 so viele Werke als "entartet" aus den deutschen Sammlungen entfernt wie von ihm. Viele seiner Bilder haben eine hohe Qualität und hängen völlig zu Recht in Museen. Trotzdem hatte der Maler, der 1956 starb, einen furchtbaren Charakter: Er war überzeugter Nationalsozialist. Mit diesem nicht aufzulösenden Widerspruch muss die Kunstwelt ab sofort leben - dank einer wichtigen Ausstellung, die das Museum als Ort der Aufklärung ernst nimmt.