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Nord Stream 2
Die Ukraine kämpft um ihre Kunden

Mit der russischen Pipeline Nord Stream 2 könnte für Deutschland der Gasimport durch die Ukraine überflüssig werden. Für Kiew stehen deshalb Transitgebühren in Milliardenhöhe auf dem Spiel. Russland und Deutschland bieten Garantien, Kiew will den Bau der russische Pipeline lieber kippen.

Von Florian Kellermann |
    Ein Mann in Warnweste geht an den tonnenschweren Rohren für die zukünftige Ostsee-Erdgastrasse Nord Stream 2 auf einem Lagerplatz im Hafen von Sassnitz-Mukran vorbei.(2016)
    Rohre für die Gaspipeline Nord-Stream 2 (dpa)
    Ein Kompromiss soll die Ukraine überzeugen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach ihn vor einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Vladimir Putin im August an: Die zweite Ostsee-Gaspipeline soll zwar gebaut werden, aber: "Aus meiner Sicht muss die Ukraine auch, wenn es Nord Stream 2 gibt, eine Rolle im Gastransit nach Europa spielen."
    Nach dem Treffen gab es keine Pressekonferenz, so blieben viele Fragen offen. Klar ist nur: Die Ukraine soll eine Garantie erhalten, dass Russland weiterhin Gas durch ihr Territorium in die Europäische Union leitet.
    "Zwei Milliarden Euro jährlich könnten der Ukraine fehlen"
    Die Verhandlungen darüber, wie das aussehen könnte, beginnen heute. Zum ersten Mal treffen sich Experten der Europäischen Union sowie aus Russland und aus der Ukraine. Kiew nehme diese Gespräche eher gezwungenermaßen auf, so der ukrainische Politologe Wolodymyr Fesenko:
    "Die Ukraine setzt immer noch darauf, dass Nord Stream 2 nicht gebaut wird. Allerdings verstehen die meisten in Kiew, dass es äußerst schwierig wird, das Projekt ganz zu stoppen. Wenn nun der Transport einer bestimmten Menge durch die Ukraine garantiert wird, dann wäre das für uns immerhin das kleinere von zwei Übeln."
    Wenn kein Gas mehr durch die Ukraine geleitet würde, dann würden dem Land rund zwei Milliarden Euro jährlich an Transitgebühren entgehen. Aber nicht dieses Argument bringt Kiew vor allem vor. Er befürchte, dann werde Russland sein Land noch weit massiver als bisher bedrohen, so Präsident Petro Poroschenko:
    "Warum zögert Putin, unseren Staat anzugreifen? Warum ist er 2014, nach der Annexion der Krim, nicht weiter in die Ukraine vorgedrungen? Damals hatten wir praktisch keine Armee. Weil dann der Gastransport unterbrochen worden wäre. Gas, das Russland im vergangenen Jahr 30 Milliarden US-Dollar eingebracht hat. Ohne dieses Geld kommt Russland nicht aus."
    "Können Russland nicht trauen"
    Bei den Verhandlungen um eine Transport-Garantie für die Ukraine wird es vor allem um zwei Fragen gehen: Wie viel Gas soll künftig mindestens durch das Land geleitet werden? Und: Wer soll das garantieren? Garantieren müsse das Deutschland im Rahmen eines internationalen Abkommens, meint Wolodymyr Fesenko:
    "Die Geschichte lehrt uns leider, dass wir Russland nicht trauen können. Russland verletzt seine Vertragspflichten gegenüber der Ukraine regelmäßig. Das gilt zum Beispiel für den letzten Gasliefervertrag und nicht zuletzt für das Budapester Memorandum."
    Im Budapester Memorandum hatte Russland 1994 zugesichert, die Grenzen der Ukraine zu achten.
    Nicht mit am Verhandlungstisch sitzen heute und morgen die USA, obwohl sie beim Streit um Nord Stream 2 eine wichtige Rolle spielen. Washington verurteilt das Projekt, offiziell mit Rücksicht auf die Ukraine. Allerdings spielen hier auch wirtschaftliche Interessen eine Rolle. Die USA möchten gerne mehr eigenes Schiefergas nach Europa verkaufen.