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Nordirland
Anspannung vor den Oranier-Märschen

Im nordirischen Belfast ist die Polizei wie jedes Jahr vor dem 12. Juli in Alarmbereitschaft: Der unionistische Oranier-Orden plant für Samstag den Marsch durch die Stadt, der in der Vergangenheit immer wieder für Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken gesorgt hat. Und bislang hat sich die nordirische Allparteien-Regierung noch nicht darüber verständigt, wie sie mit Paraden dieser Art umgehen will.

Von Stephanie Pieper |
    Es ist der 12. Juli 1690, als der protestantische Wilhelm III. von Oranien am Boyne das Heer des katholischen Königs Jakob II. besiegt. An diesen Sieg will der radikal-protestantische, pro-britische Oranier-Orden in Nordirland erinnern; deshalb marschieren seine Anhänger an diesem Tag Jahr für Jahr aufs Neue, ungeachtet des Friedensprozesses. Edward Stevenson, Großmeister des Oranier-Ordens, richtete jetzt folgenden Appell an die Teilnehmer:
    "Allen, die gewalttätig protestieren wollen, die agitieren wollen, sage ich: Bitte bleibt unseren Märschen fern. Denn wer den ersten Stein wirft, unterhöhlt unseren friedvollen Protest."
    Angst vor Provokationen
    Die Märsche führen traditionell auch durch den Norden von Belfast, wo überwiegend katholische Nordiren wohnen. Die zuständige Paraden-Kommission hat entschieden, dass der Umzug dort jenen Teil der Crumlin Road meiden muss, der das protestantische und das katholische Viertel voneinander trennt. Denn im vergangenen Jahr war es genau hier zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen, bei denen auch mehrere Polizisten verletzt wurden. Der Chef der nordirischen Polizei, George Hamilton, hofft, dass in diesem Jahr alles friedlich abläuft:
    "Es wird aber sicher Leute geben, die sich nicht daran halten, die nicht auf friedvolle Weise protestieren wollen. Wenn das der Fall sein sollte, ist die Rolle der Polizei klar: Wir sind dafür zuständig, dass sich alle an das Gesetz halten - und wer das nicht tut, der wird strafrechtlich verfolgt."
    Das Karfreitagsabkommen von 1998 hat zwar den Frieden in Nordirland befördert, aber keineswegs alle Konflikte in der einstigen Unruheprovinz gelöst. Und so ist wie in jedem Jahr auch vor diesem 12. Juli die Situation angespannt. Der Erste Minister, der Unionist Peter Robinson, wollte derzeit eigentlich in Brasilien weilen, um Investoren nach Nordirland zu locken. Doch diese Reise erschien ihm zu heikel, auch angesichts des neuen Streits um die Streckenführung:
    "Wir wissen dass die unionistische Gemeinschaft bemüht ist, den Ärger zu kanalisieren und die Proteste nicht gewalttätig werden zu lassen. Wir rufen erneut alle dazu auf, sich friedlich und rechtmäßig zu verhalten."
    Bilaterale Gespräche blieben ohne konkrete Maßnahmen
    Ebenso wie andere Unionisten kritisiert auch Robinson die Entscheidung der überparteilichen Paraden-Kommission, eingesetzt vom Nordirland-Ministerium in London. Beim Besuch von Königin Elisabeth II. in Nordirland vor wenigen Wochen hatten sich die Streithähne in Belfast noch in Harmonie geübt. Doch kurz vor den Märschen befürchtet auch Vize-Regierungschef Martin McGuinness von der katholischen Sinn-Fein-Partei neue Ausschreitungen:
    "All jene, die den Friedensprozess unterstützen, müssen klarmachen: Gewalt hat hier keinen Platz. Wir wissen doch, was passiert, wenn die Leute in großer Zahl marschieren. Ich rate der republikanisch-nationalistischen Gemeinschaft: Geht mit euren Kindern nicht auf die Straße."
    Ursprünglich wollte sich die Allparteien-Regierung in Belfast bereits vor dem Beginn dieser "Marching Season" grundsätzlich darüber verständigt haben, wie sie mit den umstrittenen Paraden und mit Symbolen beider Seiten - wie Flaggen - umgeht. Hierzu hatte der US-Diplomat Richard Haass bereits vor einem halben Jahr konkrete Vorschläge gemacht, auch zur Aufarbeitung der schwierigen Vergangenheit. Umgesetzt hat die - in all diesen Fragen zerstrittene - nordirische Regionalregierung diese Vorschläge bislang jedoch nicht.