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Nordkoreas einziger Verbündeter

Nordkoreas junger Machthaber Kim Jong Un hat mit seiner Ankündigung einer "radikalen Wende" in der Politik seine eigenen Landsleute und die Welt überrascht. Auch in China hat man diese Worte mit großem Interesse vernommen. Denn China hofft seit Jahren auf wirtschaftliche Reformen in Nordkorea.

Von Ruth Kirchner |
    Ein Schnellboot brettert über den Yalu-Fluss, den Grenzfluss zwischen China und Nordkorea. Das Boot dringt weit auf nordkoreanisches Gebiet vor, sodass die Fahrgäste – chinesische Touristen – die Dörfer am Ufer besser sehen können: Heruntergekommene Häuser, sozialistische Tristesse. Touren wie diese sind entlang des Grenzflusses populär. Armut angucken in Nordkorea. So wie dieser Mann.

    "Die Entwicklung dort drüben ist so rückständig. Wir sind doch beides sozialistische Staaten. Unser Land hat sich rasch entwickelt, aber dort drüben geht nichts voran. Sie müssten sich auch öffnen."

    Die Neujahrsansprache von Kim Jong Un hat Spekulationen beflügelt, er könne Reformen planen, obwohl er keine Einzelheiten nannte. Chinas Außenamtssprecherin Hua Chunying hielt sich daher bedeckt.

    "Als freundschaftlich verbundene Nachbarn unterstützen wir weiterhin Nordkoreas Anstrengungen, die Wirtschaft zu entwickeln und die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Wir hoffen, dass Nordkorea beim sozialistischen Aufbau weitere Fortschritte machen wird."

    Schon seit Jahren hofft China auf eine wirtschaftliche Öffnung des isolierten Nachbarlandes. Peking hatte Kim Jong Uns Vater, also Kim Jong Il bei seinen China-Besuchen wiederholt Sonderwirtschaftszonen gezeigt, wo der wirtschaftlicher Aufstieg der Volksrepublik vor 30 Jahren begonnen hatte. Peking hoffte, dass sich Kim davon inspirieren lassen könnten. Doch bislang waren diese Hoffnungen vergeblich, sagt Cai Jian, Nordkorea-Experte an der Fudan-Universität in Shanghai

    "Chinas Reformen waren möglich, weil Deng Xiaoping das Wirtschaftsmodell von Mao und Stalin komplett ändern konnte. Nordkorea wird seit drei Generationen von einer Erb-Monarchie beherrscht. Kim Jong Un kann das System seines Vaters und Großvaters nicht einfach umwerfen."

    Die bisherige Reformunwilligkeit der Nordkoreaner bereitet China Sorgen. Peking fürchtet vor allem einen Zusammenbruch des Regimes in Pjöngjang – etwa aufgrund der problematischen Wirtschaftslage. Das wiederum könnte eine Flüchtlingswelle Richtung China auslösen. Zudem hat Nordkorea für die Volksrepublik eine wichtige strategische Funktion: als Puffer zu Südkorea und seinen amerikanischen Verbündeten. Eine Schwächung des Regimes wäre daher nicht in Chinas Interesse.

    "China geht es in den Beziehungen zu Nordkorea vor allem um Sicherheit und Strategie. Es geht weniger um wirtschaftliche Vorteile wie billige Arbeitskräfte oder Rohstoffe. China unterstützt Nordkorea politisch, diplomatisch und wirtschaftlich, um die politische Stabilität zu erhalten."

    Wirtschaftlich hängt Nordkorea seit Jahren am Tropf des großen Nachbarn. Rund 70 Prozent des gesamten nordkoreanischen Handels findet allein mit der Volksrepublik statt. China versorgt das Land mit Lebensmitteln, Energie, Maschinen und Waren des täglichen Bedarfs.

    Fast der gesamte Handel wird über die Grenzstadt Dandong abgewickelt. Jeden Tag rumpeln Lastwagen über die Freundschaftsbrücke - unweit der Stelle wo die Touristenboote ihre Armutstouren anbieten. Morgens geht’s über die einspurige Straße Richtung Nordkorea, abends kommen die Laster zurück. Eine neue Wirtschaftssonderzone soll zudem chinesische Investitionen erleichtern. Doch so richtig kommt das Vorhaben nicht voran. Das 1400 Hektar große Areal – auf einer Insel im Yalu-Fluss – hat es bislang nicht geschafft, in großem Stil Investoren anzulocken. Der Grund: Die Lage auf der anderen Seite des Flusses sei oft unberechenbar, sagt der Dandonger Geschäftsmann Wang Yuangang.

    "Wer in Nordkorea investieren will, darf sich nicht in die Idee verrennen, dort könne man das große Geld machen. Man muss langfristig planen, die Entwicklung beobachten, man darf nicht kurzfristig denken."

    So bleibt Pjöngjang weiter vor allem auf Hilfe aus China angewiesen – und Peking gewährt sie aus politischem Kalkül. An Reformen in Nordkorea führe aber langfristig nichts vorbei, sagen Experten. Nur ob und wann Nordkorea dem chinesischen Beispiel folgen wird, wagt auch in China niemand vorherzusagen.