Eine Dreiviertelstunde ist die Fähre nach Pellworm unterwegs. Parallel verlaufen die beiden Seekabel, die die Insel mit Energie versorgen oder Wind-, Solar- und Biogas-Strom von Pellworm zum Festland leiten. Die Insel produziert dreimal mehr Energie, als sie selbst verbraucht, auch in diesem Moment, schätzt Dieter Haack von der Schleswig-Holstein Netz AG.
"Die Sonne steht zwar sehr tief. Trotzdem haben wir ein paar Kilowattstunden bestimmt aus der Fotovoltaik. Insofern glaub ich schon, dass wir leichte Energie Richtung Festland haben."
Pellworm hat Energie im Übermaß, bloß nicht jederzeit - eine Situation, wie sie im großen Maßstab nach einem weiteren Ausbau der Erneuerbaren auch in Deutschland entstehen könnte. In dem Forschungsprojekt auf Pellworm sollen Akkus nun die Schwankungen abfedern und die Energie speichern. Zwei Container stehen dazu direkt neben der Photovoltaikanlage, die 1983 sogar Deutschlands erstes Solarkraftwerk war.
Zwei Batterientypen stehen bereit: Lithium-Ionen, leistungsfähig wie 100.000 gekoppelte Handy-Akkus, die schnell Schwankungen ausgleichen können und Redox-Flow, die sich langsamer auf- und entladen, aber dafür insgesamt mehr Energie speichern können. Werner Wulff leitet das Infozentrum:
"Aufgrund dass wir auch noch eine Biogasanlage haben, die kontinuierlich 520 Kilowatt liefert, würden wir hier einen halben Tag die Leistung vorhalten können."
Akkus so groß wie Waschmaschinen
Im Moment passiert aber gerade nichts.
"Also momentan ist die Leistung Null. Also vom Fraunhofer Institut wird die ganze Anlage gesteuert. Und die haben so ein gewisses Programm, was sie abfahren mit Laden und Entladen, stark Entladen oder schwach."
Regelbetrieb ist das noch nicht.
"Es geht um die Haltbarkeit der Batterien, das heißt auch die Energierichtungsänderung. Wenn ich jetzt 200 Kilowatt lade und dann kurzfristig umswitche auf das Entladen - dieses Zusammenspiel müssen wir erst mal lernen. Der Kunde zieht die Energie. Und wir als Netzbetreiber regeln hinterher. Und müssen dafür Sorge tragen, dass die Qualität bleibt."
Einige kleinere Stromspeicher stehen auch in Privathäusern, kombiniert mit Solaranlagen. Damit wird zusätzlich das Verteilernetz auf der Insel entlastet. Denn die Energie wird direkt dort gespeichert, wo sie entsteht. Die Akkus haben die Größe einer Waschmaschine. In 200 Haushalten sind zudem Smartmeter installiert. Diese intelligenten Stromzähler erfassen laufend, welcher Haushalt wann wie viel Energie benötigt und sind mit dem Internet verbunden. Bei Malte Meesenburg hängt eines dieser Geräte über dem Stromkasten. Er kann am PC seine persönliche Tagesverlaufskurve abrufen.
"Ich glaub 20 Werte erfasst er. Also mir geht's drum, was ich von meiner Solaranlage einspeise und was ich selbst verbrauche. Also sag ich meiner Frau immer: Wenn hier die Sonne scheint, dann schmeiß das alles an. Wir haben ja hier Waschmaschine, Trockner. Also da achten wir schon drauf, dass das denn auch genutzt wird."
Weit entfernt von der Autarkie
Meesenburg profitiert von dem Bonus für Eigenverbrauch, den Betreiber einer Solaranlage unabhängig von dem Projekt bekommen. Der nächste Schritt wäre dann vielleicht Tarif, in dem der Preis der Kilowattstunde für alle Verbraucher je nach Angebot an Wind und Sonne variiert. Auch das könnte die Schwankungen abfedern. Verbraucher könnten in der Zukunft zum Beispiel Elektroautos billig tanken, wenn Wind und Sonne gerade im Übermaß Energie liefern. So ein Tarif sei im Moment aber noch nicht in Sicht, nicht einmal im Versuchsprojekt, erklärt Volker Mielisch von der SH Netz AG. Aber vielleicht ist es eine Frage der Zeit.
"Wenn genügend Kunden solche Tarife nachfragen, weil eben die Technik zur Verfügung steht, dann werden eben Vertriebe auch dementsprechende Produkte anbieten können."
Am Abend gehen auf Pellworm die Lichter in den Häusern und Kuhställen an. Die Sonne ist weg, die Windräder stehen still. Nur die Biogasanlage und die Akkus können jetzt noch Energie von der Insel liefern. Doch das reicht bei Weitem nicht. Selbst wenn die Akkus bald leistungsfähiger werden sollten, wird Pellworm trotzdem bei anhaltenden Schwachwindlagen immer wieder Strom importieren müssen.
"Also es wird keine regionale Autarkie geben. Solche Systeme, wie wir sie hier austesten, sind immer eine Möglichkeit, um die Ströme etwas zu verringern, die durch Deutschland fließen. Aber wir werden es nicht schaffen, dass wir Versorgungsinseln haben. Dazu sind regenerative Energien zu fluktuierend."