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Nordzypern wählt

Der Einigungsprozess der gespaltenen Insel ist das beherrschende Thema bei den Parlamentswahlen des türkischen Teil Zyperns. Dank der wirtschaftlich schlechten Lage könnte die nationale Oppositionspartei wieder an die Macht kommen - und die Friedensverhandlungen mit den griechisch-zypriotischen Nachbarn deutlich erschweren.

Von Christiane Sternberg |
    Die historische Innenstadt von Lefkosia ist ein beschaulicher Ort. Selbst wenn die Geschäfte geöffnet sind, geht es dort ruhig zu. Zu ruhig! Außer einigen Fußgängern sind nur ein paar Tavla-Spieler und Straßenmusiker auf dem kleinen Platz versammelt, der in die Basarstraße führt.
    Die Musiker sind Teil eines Plans der Stadtverwaltung. Mit so genannten "Shopping-Festivals" soll in der nordzyprischen Hauptstadt der Konsum angekurbelt werden. Allerdings fehlt es überall im Land an kaufkräftiger Kundschaft. Auch dem Restaurantbesitzer Halil Mehmet Halil bleiben die Gäste weg:
    "Die Leute zahlen mit der einen Hälfte ihres Gehaltes ihre Kredite ab, die andere Hälfte geht für Strom und Steuern drauf. Wir haben nichts in den Taschen. Wir sind nicht reich! Okay, ich sage ja nicht, dass wir arm sind, aber es könnte besser gehen!"

    Mit dieser Hoffnung wählen die Zyperntürken am Sonntag ein neues Parlament. Die linksgerichtete Regierungspartei CTP hat in ihrer Amtszeit jede Menge Probleme angehäuft. Die Tourismusbranche der Türkischen Republik Nordzypern dümpelt am Rande des Existenzminimums, und der Bausektor ist auf dem absteigenden Ast. Der Staat ist so pleite, dass Ende 2008 die Auszahlung der Beamtengehälter auf dem Spiel stand.

    Also hat die Opposition den Wunsch nach mehr Wohlstand zum Wahlkampfthema gemacht. Die Kandidatin der nationalistischen UBP, Serife Ünverdi sagt:

    "Ein Ausspruch von Napoleon lautet: Geld, Geld, Geld! Bei uns muss es heißen: Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft!”"

    Die Nationale Einheitspartei UBP, die von 1976 bis 2003 das Land kontrollierte, drängt wieder an die Macht. Laut Umfragen liegt sie knapp in Führung. Der Republikanischen Türkischen Partei CTP hingegen droht ein Debakel. Die ausufernde Vetternwirtschaft der letzten Jahre ist der eine Grund dafür - der andere die fehlenden Erfolge bei der Lösung des Zypernproblems. Dabei hatte die CTP genau das vor fünf Jahren versprochen.

    "Der Friede in Zypern lässt sich nicht aufhalten!", riefen die Zyperntürken euphorisch im Jahre 2004. Von dieser Aufbruchstimmung ist wenig übrig geblieben, denn seither gab es kaum Fortschritte. Viele glauben nicht einmal mehr an eine Wiedervereinigung der geteilten Insel. Erst seit September 2008 trifft sich Nordzyperns Präsident Mehmet Ali Talat regelmäßig mit seinem griechisch-zyprischen Amtskollegen Dimitris Christofias zu Friedensverhandlungen. Die Suche nach Kompromissen geht allerdings langsam voran - und die nun anstehende Parlamentswahl in Nordzypern könnte eher Sand ins Getriebe streuen. Muhittin Özsaglam, Kolumnist bei der linken Tageszeitung Yenidüzen, sieht die möglichen Gefahren:

    ""Vielleicht einigen sich Christofias und Talat, aber wenn die UBP die Mehrheit im Parlament gewinnt, kann sie ein Referendum über das Ergebnis verhindern. Das führt wieder zu neuen Spannungen."

    Denn die nationalistische UBP will bei den Verhandlungen mehr für die Zyperntürken herausholen - zum Beispiel umfangreiche Machtbefugnisse für die Bundesländer in einer föderalen Republik statt einer starken Zentralregierung oder den Verbleib von türkischem Militär auf der Insel. Forderungen, die für die Zyperngriechen völlig inakzeptabel sind.

    Der Ausgang der Wahl am Sonntag wird das Schicksal des geteilten Landes bestimmen. Die Zyperngriechen, so Professor Hubert Faustmann, Zypern-Experte an der Universität Nikosia, dürften sich kaum auf die kompromisslose Verhandlungstaktik der UBP einlassen:

    "Nach dem, was man so bei Umfragen hört, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die nationalistische Opposition die Parlamentswahlen gewinnen. Das heißt, dass die türkisch-zypriotische Seite wieder von Politikern geführt wird, mit denen eine Lösung eigentlich nicht möglich ist."