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Norwegen
Breiviks Haftbedingungen werden erneut verhandelt

Der norwegische Mörder und Rechtsextremist Anders Breivik hatte Klage wegen seiner Haftbedingungen eingereicht und wurde bestätigt: Die strenge Isolationshaft sei ein Verstoß gegen die EU-Menschenrechtskonvention, so sah es Gericht. Eine böse Überraschung für den norwegischen Staat. Heute beginnt das Berufungsverfahren.

Von Carsten Schmiester |
    Massenmörder Anders Breivik vor Gericht in Skien, einer umgebauten Turnhalle des Gefängnisses.
    Das Berufungsverfahren geht heute los: die Anwälte von Anders Breivik fürchen, dass er sich wieder selbst inszeniert, so wie er zuletzt die Norweger mit dem Nazigruß provozierte. (dpa / picture alliance / Lise Aserud )
    Der 77-fache Mörder und Rechtsextremist Anders Breivik hatte Klage gegen den Staat wegen seiner Haftbedingungen eingereicht. Das Gericht sah in der strengen Isolationshaft einen Verstoß gegen die EU-Menschenrechtskonvention. Eine böse Überraschung, nicht nur für die Angehörigen der Opfer, sondern auch für den Staat. Heute beginnt das Berufungsverfahren. Wann das Urteil gesprochen wird, ist noch unklar.
    Das Gericht bestätigte zwar die Zensur seines Briefverkehrs, sah aber in der strengen Isolationshaft einen Verstoß gegen die Europäische
    Zwei Seiten, zwei Sorgen: Der norwegische Staat fürchtet, im Fall einer Niederlage endgültig als Missachter von Menschenrechten dazustehen und die Haftbedingungen für Anders Breivik deutlich lockern zu müssen. Breiviks Anwalt dürfte Angst davor haben, dass sein Mandant auch dieses Verfahren wieder zur Selbstinszenierung missbraucht wie zuletzt im April vergangenen Jahres, als der heute 37jährige das Gericht und die Norweger mit dem Nazigruß provozierte. Seinen Anwalt Øystein Storrvik hatte er damit in eine üble Position gebracht. Ob er mit Breivik darüber geredet habe, war er gefragt worden.
    Scheint vielen absurd: Breiviks Vorwurf der Menschenrechtsverletzung
    "Ich spreche nicht über die Dialoge mit meinem Klienten, das mache ich nie. Aber generell ist ein Nazigruß das Schlimmste, was man machen kann in einem norwegischen Rechtssaal."
    Die Staatsanwaltschaft fühlt sich bestätigt. Breivik, der 77fache Massenmörder von Oslo und Utøya, hatte sein wahres Gesicht gezeigt. Das eines nicht im Mindesten reuigen Amokläufers und unbelehrbaren Rechtsextremisten. Staatsanwalt Marius Emberland sah sich schon als Sieger des Prozesses, in dem es um Breiviks Klage gegen den Staat ging, um den von vielen als absurd empfundenen Vorwurf der Menschenrechtsverletzung in der Einzelhaft.
    "Er ist ein sehr gefährlicher Mann. Das haben seine Handlungen bewiesen. Das haben auch seine Aussagen bewiesen. Er hat keinerlei Anzeichen von Bedauern gezeigt. Es gibt also gute Gründe dafür, dass er weiter in der besonders gesicherten Abteilung bleibt."
    Am Ende gewann aber der "gefährliche Mann", zumindest teilweise. Das Gericht bestätigte zwar die Zensur seines Briefverkehrs, sah aber in der strengen Isolationshaft einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Anwalt Storrvik war zufrieden:
    Breiviks Zelle: 30 Quadratmeter groß mit Fitnessgeräten und Fernseher
    "Dieses Urteil bestätigt ja nur den Eindruck, den wir selbst hatten und den eigentlichen Grund für unsere Klage. Als ich angefangen habe, mich mit diesem Fall zu beschäftigen, ist mir aufgefallen, wie sehr isoliert er ist. Das haben wir dem Gericht präsentiert und es teilt unsere Meinung. Deshalb ist das Urteil jetzt auch keine Überraschung für uns."
    Umso mehr war es eine böse Überraschung für den Staat, auch für die Presse und vor allem für die Angehörigen der Opfer. Sie hoffen jetzt auf eine Korrektur, auf die Bestätigung der für norwegische Verhältnisse harten Haftbedingungen. Breiviks Zelle besteht aus mehreren Räumen und ist 30 Quadratmeter groß mit Fitnessgeräten, Fernseher und Computer, aber ohne Internet. Damit er nicht mit anderen Neonazis kommunizieren kann. Ob das so bleibt, steht nach dem Ende des Verfahrens fest, für das sechs Prozesstage angesetzt sind. Einen Termin für die Urteilsverkündung gibt es noch nicht.