Schweden war so überrascht, dass es kaum Gegenwehr gab. Nur eines setzten sie durch: Das norwegische Volk sollte in einem Referendum kundtun, ob es die Unabhängigkeit auch wirklich wollte. Das taten sie - heute vor 100 Jahren, am 13. August 1905.
Norwegen feiert. Seit 100 Jahren ist das Land unabhängig. Zurück in den Sommer 1905. Norwegen hat zwar eine eigene Verfassung, Regierung und ein Parlament. Es untersteht aber seit 1814 der schwedischen Krone. Die Außenpolitik geht von Stockholm aus. Eine Zwangs-Union für die Norweger.
Im Mai 1905 fordern sie offiziell ein unabhängiges Konsularwesen und legen König Oskar dem Zweiten von Schweden ein entsprechendes Gesetz vor. Der verweigert die Zustimmung, woraufhin Norwegens Regierung zurücktritt.
Das Parlament nutzt das entstandene Machtvakuum, um sich einseitig von Schweden zu lösen. Am 7. Juni verkündet es:
" Da seine Majestät der König sich außerstande erklärt hat, dem Lande eine neue Regierung zu geben, und die Monarchie ihre verfassungsmäßige Aufgabe nicht mehr erfüllt, ermächtigt das Parlament die zurückgetretenen Mitglieder der Regierung, bis auf weiteres im Amt zu bleiben und alle Vollmachten auszuüben. Die Vereinigung mit Schweden unter einem König ist aufgelöst, nachdem der König aufgehört hat, als norwegischer König zu fungieren."
So einfach löst Norwegen die Union mit Schweden. Der völlig überrumpelte Stockholmer Reichstag fordert zunächst lediglich eine allgemeine Abstimmung des norwegischen Volkes, um festzustellen, ob es einverstanden ist. Als Termin wird der 13. August 1905 festgelegt.
Es wird ein Festtag, wie Norwegen ihn nur selten gesehen habe, schreibt der Korrespondent des Berliner Tageblatts am Tag der Abstimmung:
" Seit dem frühen Morgen herrscht lebhaftes Treiben in den Straßen. Gesangsvereine singen unter großer Begeisterung von Tausenden auf den Straßen nationale Lieder."
Obwohl die Regierung von vorneherein sicher ist, dass die Norweger für ihre Trennung von Schweden stimmen würden, hat sie den Wahltag perfekt vorbereitet. Dampfschiffe und Motorboote befördern längs der Küsten und auf den Fjorden die ausschließlich männlichen Stimmberechtigten unentgeltlich zu den Wahlstellen. Die Beteiligung ist entsprechend hoch. Schon um zehn Uhr morgens hat die Hälfte der Wahlberechtigten in der Hauptstadt ihre Stimme abgegeben.
Kristiania, wie Oslo damals hieß, und seine Bewohner haben sich für die Abstimmung besonders herausgeputzt, berichtet die Frankfurter Zeitung:
" Die Wagen der elektrischen Straßenbahn sind mit Fahnen und grünen Girlanden geschmückt. Man sieht kaum einen Einheimischen ohne Kokarde in den Nationalfarben. Die Damen tragen dreifarbige Bänder.
Überall im Lande waren die Kirchen dicht besetzt, die Gottesdienste verliefen aufs Feierlichste. Um 5 Uhr fand ein Konzert im Nationaltheater statt; zum Schlusse sang das ganze Publikum stehend: "Ja, wir lieben dieses Land." "
So lautet die erste Zeile der norwegischen Nationalhymne. Am Ende stimmen nur 184 Männer mit Nein. 99,5 Prozent der Wähler sprechen sich für die Unabhängigkeit aus. Beobachter äußern sich erstaunt über die Wahlbeteiligung:
" Nur wer die ungeheuren Schwierigkeiten der Bodengestaltung Norwegens und die Entfernungen zu den Wahlplätzen kennt, vermag die Größe der Opfer zu ermessen, die von vielen Wählern gebracht wurden."
Eine solch überwältigende Mehrheit hatte man in Schweden wohl nicht erwartet. Die Auflösung der Union ist nun eine Tatsache.
Strittig sind aber noch Fragen der Grenzfestigungen. Sowohl Norwegen als auch Schweden hatten zeitweilig ihre Streitkräfte mobilisiert und Europas Großmächte um Unterstützung gebeten; doch niemand will in einen möglichen Krieg in Skandinavien involviert werden. Sie müssen sich selbst einigen. Die Vossische Zeitung kommentiert am Tag nach der Abstimmung:
" Auf beiden Seiten befleißigen sich die Männer großer Behutsamkeit. Denn es gilt nicht bloß, die nationale Ehre und Würde zu wahren, sondern auch vorzusorgen, damit die verärgerten Brüder, die bisher zusammen in einem Hause gewohnt haben, fortan bei getrennten Haushaltungen gute Nachbarn bleiben."
Das tun sie auch. Im September 1905 können sie sich friedlich einigen. In einer zweiten Volksabstimmung zur Staatsform sprechen sich die Norweger mehrheitlich für die Monarchie aus. Im November wählt das Parlament den dänischen Prinzen Carl als Haakon VII. zum norwegischen König. So feiert Norwegen in diesem Jahr nicht nur 100 Jahre Unabhängigkeit, sondern auch das 100-jährige Bestehen der Norwegischen Krone.
Norwegen feiert. Seit 100 Jahren ist das Land unabhängig. Zurück in den Sommer 1905. Norwegen hat zwar eine eigene Verfassung, Regierung und ein Parlament. Es untersteht aber seit 1814 der schwedischen Krone. Die Außenpolitik geht von Stockholm aus. Eine Zwangs-Union für die Norweger.
Im Mai 1905 fordern sie offiziell ein unabhängiges Konsularwesen und legen König Oskar dem Zweiten von Schweden ein entsprechendes Gesetz vor. Der verweigert die Zustimmung, woraufhin Norwegens Regierung zurücktritt.
Das Parlament nutzt das entstandene Machtvakuum, um sich einseitig von Schweden zu lösen. Am 7. Juni verkündet es:
" Da seine Majestät der König sich außerstande erklärt hat, dem Lande eine neue Regierung zu geben, und die Monarchie ihre verfassungsmäßige Aufgabe nicht mehr erfüllt, ermächtigt das Parlament die zurückgetretenen Mitglieder der Regierung, bis auf weiteres im Amt zu bleiben und alle Vollmachten auszuüben. Die Vereinigung mit Schweden unter einem König ist aufgelöst, nachdem der König aufgehört hat, als norwegischer König zu fungieren."
So einfach löst Norwegen die Union mit Schweden. Der völlig überrumpelte Stockholmer Reichstag fordert zunächst lediglich eine allgemeine Abstimmung des norwegischen Volkes, um festzustellen, ob es einverstanden ist. Als Termin wird der 13. August 1905 festgelegt.
Es wird ein Festtag, wie Norwegen ihn nur selten gesehen habe, schreibt der Korrespondent des Berliner Tageblatts am Tag der Abstimmung:
" Seit dem frühen Morgen herrscht lebhaftes Treiben in den Straßen. Gesangsvereine singen unter großer Begeisterung von Tausenden auf den Straßen nationale Lieder."
Obwohl die Regierung von vorneherein sicher ist, dass die Norweger für ihre Trennung von Schweden stimmen würden, hat sie den Wahltag perfekt vorbereitet. Dampfschiffe und Motorboote befördern längs der Küsten und auf den Fjorden die ausschließlich männlichen Stimmberechtigten unentgeltlich zu den Wahlstellen. Die Beteiligung ist entsprechend hoch. Schon um zehn Uhr morgens hat die Hälfte der Wahlberechtigten in der Hauptstadt ihre Stimme abgegeben.
Kristiania, wie Oslo damals hieß, und seine Bewohner haben sich für die Abstimmung besonders herausgeputzt, berichtet die Frankfurter Zeitung:
" Die Wagen der elektrischen Straßenbahn sind mit Fahnen und grünen Girlanden geschmückt. Man sieht kaum einen Einheimischen ohne Kokarde in den Nationalfarben. Die Damen tragen dreifarbige Bänder.
Überall im Lande waren die Kirchen dicht besetzt, die Gottesdienste verliefen aufs Feierlichste. Um 5 Uhr fand ein Konzert im Nationaltheater statt; zum Schlusse sang das ganze Publikum stehend: "Ja, wir lieben dieses Land." "
So lautet die erste Zeile der norwegischen Nationalhymne. Am Ende stimmen nur 184 Männer mit Nein. 99,5 Prozent der Wähler sprechen sich für die Unabhängigkeit aus. Beobachter äußern sich erstaunt über die Wahlbeteiligung:
" Nur wer die ungeheuren Schwierigkeiten der Bodengestaltung Norwegens und die Entfernungen zu den Wahlplätzen kennt, vermag die Größe der Opfer zu ermessen, die von vielen Wählern gebracht wurden."
Eine solch überwältigende Mehrheit hatte man in Schweden wohl nicht erwartet. Die Auflösung der Union ist nun eine Tatsache.
Strittig sind aber noch Fragen der Grenzfestigungen. Sowohl Norwegen als auch Schweden hatten zeitweilig ihre Streitkräfte mobilisiert und Europas Großmächte um Unterstützung gebeten; doch niemand will in einen möglichen Krieg in Skandinavien involviert werden. Sie müssen sich selbst einigen. Die Vossische Zeitung kommentiert am Tag nach der Abstimmung:
" Auf beiden Seiten befleißigen sich die Männer großer Behutsamkeit. Denn es gilt nicht bloß, die nationale Ehre und Würde zu wahren, sondern auch vorzusorgen, damit die verärgerten Brüder, die bisher zusammen in einem Hause gewohnt haben, fortan bei getrennten Haushaltungen gute Nachbarn bleiben."
Das tun sie auch. Im September 1905 können sie sich friedlich einigen. In einer zweiten Volksabstimmung zur Staatsform sprechen sich die Norweger mehrheitlich für die Monarchie aus. Im November wählt das Parlament den dänischen Prinzen Carl als Haakon VII. zum norwegischen König. So feiert Norwegen in diesem Jahr nicht nur 100 Jahre Unabhängigkeit, sondern auch das 100-jährige Bestehen der Norwegischen Krone.