Weihnachten und Ostern fallen bekanntlich selten auf ein und denselben Tag, auch wenn besondere Glücksgefühle uns das gelegentlich glauben machen wollen. Deutlich höher ist dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass Aschermittwoch und Valentinstag eine kalendarische Liaison eingehen. Dieser von Jecken und Narren gefürchtete Mittwoch, der einer emotionalen Vollbremsung gleichkommt, und der höchste Feiertag der Liebenden: rosarot, herzchengarniert und an Erwartungen kaum zu überbieten.
In diesem Jahr will es der Zufall also, dass das Aschekreuz ausgerechnet am Festtag des Heiligen Valentin gezeichnet wird. Und als wäre das dem Zufall noch nicht genug gewesen, hat er diesen außergewöhnlichen 14. Februar auch noch zum Reisetag der Filmfreunde erklärt. Mit Bus und Bahn, Flugzeug und Auto bewegen sich Profi-und Hobby-Cineasten aus aller Welt auf die deutsche Hauptstadt zu, denn dort beginnt morgen die 68. Ausgabe der Berlinale.
Liebespärchen im Cinemascope-Format
So sitze auch ich an diesem seltsamen Zwischentag im Zug von Köln nach Berlin. Ein paar Reihen weiter haben zwei Verliebte die störende Armlehne hochgeklappt, um ungehindert und pausenlos küssen zu können. Ihnen gegenüber hat ein Alleinreisender Platz genommen, dem die Liebeszene im Cinemascope-Format offensichtlich ein wenig zu realistisch war: Bis über beide Ohren ist er hinter seinen Berlinale-Unterlagen verschwunden, taucht nur gelegentlich hervor, um den Kuli zu zücken und Bemerkenswertes anzustreichen. Ansonsten herrscht inzwischen erstaunliche Ruhe in Wagen 31. Nachdem ein Herr mit Fensterplatz gerade noch lauthals am Telefon von seinen Karnevalserlebnissen erzählt hat, ist er jetzt seiner Erschöpfung erlegen: Leise schnarcht er vor sich hin.
Valentinstag, Aschermittwoch und Berlinale-Reisetag an ein- und demselben Tag? Vielleicht doch ein bisschen zu viel des Guten.