Nanu? Gerade noch war er doch so kommunikativ. Kannte keine Hemmungen. Sprach jeden an, mit dem er sprechen wollte. Sogar wenn er angepöbelt wurde, war ihm das lieber als gar kein zwischenmenschlicher Austausch. Und jetzt? Klappe zu, Augen zu. Funkstille.
Wenn Joaquin Phoenix in Gus Van Sants neuem Film "Don't Worry, He Won't Get Far on Foot" den querschnittsgelähmten Cartoonisten John Callahan spielt, drängt er sich seinen Mitmenschen förmlich auf. Er zieht aus einer Mappe seine jüngste Zeichnung hervor und macht den Praxistest: Lacht das Gegenüber? Kommt die Pointe an?
Bockiger Teenager beim Familienfest
In der Pressekonferenz, die unmittelbar auf die Filmvorführung folgt, spielt Joaquin Phoenix dann wohl keine Rolle mehr. Oder er spielt halt genau die Rolle, die er sich für den Umgang mit der Presse selbst auf den Leib geschrieben hat: die des widerwilligen Teenagers, den die Eltern zum Smalltalk mit der Verwandtschaft an den großen Tisch gezwungen haben.
Auf die Frage nach der erneuten Zusammenarbeit mit Regisseur Gus Van Sant presst er sich zunächst nur ein knappes "Hat Spaß gemacht" heraus. Dann reißt er sich zwei, drei Mal zusammen und antwortet nahezu professionell auf die Pressefragen. Aber die Energie scheint schnell aufgebraucht. Halb ironisch und dabei sehr überzeugend sackt er gegen die Stuhllehne und übt sich in Selbstgeißelung "Oh God, I'm just awful."
Von da an hält Joaquin Phoenix die Augen geschlossen. Aus Scham? Vor Müdigkeit? Bald reagiert er auf direkt an ihn gerichtete Fragen überhaupt nicht mehr. Er dreht sich erst zur Seite und wendet sich dann ganz ab: Dem Pressepublikum kehrt er nun den Rücken zu.
Abgang. Ende der Vorstellung.