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Notizen von der Berlinale
Mustergültig

Symmetrie schafft Stabilität. Symmetrie zeigt Ordnung. Symmetrie bedeutet Schönheit. Wer die Filme des US-amerikanischen Regisseurs Wes Andersons kennt, der weiß: Symmetrie ist Kult. Unsere Berlinale-Reporterin Maja Ellmenreich dagegen musste erfahren: Symmetrie kann auch zum Fluch werden.

Von Maja Ellmenreich |
    Wes Anderson is in town. Und in meinem Kopf. Seitdem ich seinen neuen Film "Isle of Dogs" zur Eröffnung der Berlinale gesehen habe, kann ich meine Brille so oft putzen, wie ich will: Ich bekomme den Anderson-Schleier nicht von den Gläsern. Wohin ich auch gucke, ich sehe doppelt, ich sehe Muster, ich sehe Spiegelachsen. Es ist ein Kreuz! Eines mit gleich langen Armen, versteht sich. Fein säuberlich in der Mitte platziert.
    Tomatenkunst
    Morgens beim Frühstück im Hotel lege ich mir nicht eine Mini-Tomate auf den Teller sondern zwei: eine für den rechten Rand und eine für den linken. Und in die Mitte – nicht zu groß und nicht zu klein – eine Portion Frischkäse. Das Brötchen behalte ich vorsichtshalber in der Hand, bis ich den Tisch erreicht habe. Sicher ist sicher. Die morgendliche Bildkomposition darf schließlich nicht gestört werden: Kunst ist nun mal Kunst.
    Schluss mit dem Anderson-Tick
    "Und für Sie? Einen Kaffee?", fragt die freundliche Bedienung. Zum Glück kann ich mir gerade noch verkneifen, "Nein, danke. Lieber zwei" zu antworten. Wie das wohl aussehen würde? Ich, kerzengrade am Frühstückstisch, den Stuhl exakt mittig davor platziert, und dann jeweils eine Tasse Kaffee in der rechten und eine in der linken Hand. Je länger ich drüber nachdenke, desto besser gefällt mir das Bild. Aber, es muss Schluss sein mit dem Anderson-Tick! Ich schaue verschämt auf den Boden, fühle mich irgendwie von mir selber ertappt.
    Ein einbeiniges Huhn
    Doch siehe da! Unter dem Tisch geht das Spiel schon weiter. Den dunkelbraunen Teppich ziert ein Muster aus herrlich geschwungenen Bögen. Ich kann mich kaum daran sattsehen. Doch je länger ich hinschaue, umso schwindeliger wird mir. Plötzlich kommt mir in den Sinn, dass ich mit sechs, vielleicht sieben Jahren wochenlang wie ein einbeiniges Huhn über den Bürgersteig gehopst bin. Bloß keine Fuge betreten, war oberstes Gebot. Es besteht also Hoffnung: Denn mittlerweile, über 35 Jahre später, laufe ich meistens, ziemlich souverän sogar, wieder auf zwei Beinen durch die Straßen. Zwei Beine, welch ein Glück…ein rechtes und ein linkes!