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Notizen von der Berlinale
Spinnereien

Jeder ist mit jedem, alles ist mit allem vernetzt. So ist es auch im Wettbewerb der Berlinale. Je mehr Filme man sieht, umso dichter wird das Geflecht aus Ähnlichkeiten und Parallelen. Man darf sich nur nicht darin verheddern, warnt unsere Kulturredakteurin Maja Ellmenreich.

Von Maja Ellmenreich |
    Über dem Potsdamer Platz schwebt ein dichtes Netz
    Auch über dem Potsdamer Platz schwebt ein dichtes Netz (Deutschlandradio / Maja Ellmenreich)
    Es gab mal einen Berlinale-Jahrgang mit einer toten Katz in jedem einzelnen Wettbewerbsfilm, erinnert sich ein Kollege, der deutlich mehr Filmfestspieljahre auf dem Buckel hat als ich. Wenn wieder ein lebloser Tierkörper auf der Leinwand auftauchte, soll so manch ein Filmkritiker bereits in hysterisches Gelächter ausgebrochen sein. Noch ein totes Viech? Das gibt's doch gar nicht!
    In diesem Jahr hat Festivalchef Dieter Kosslick in der Vorab-Pressekonferenz ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es keinen roten Faden im Wettbewerbsprogramm zu suchen gebe. Was für ein Glück! Wirkten doch die Themen, die angeblich über allen Filmen im Bärenrennen schweben sollten, meistens arg konstruiert. Starke Frauen? Ach was. Flüchtlinge? Soso.
    Themen-Pingpong
    Es braucht auch überhaupt kein offiziell ausgerufenes Motto, denn die Themen ergeben sich ganz von allein. Oder haben sich die Filmemacherinnen und Filmemacher doch vielleicht untereinander abgesprochen - lange bevor überhaupt von einer Berlinale-Einladung die Rede war? Eine Art Pingpong der Ideen und Motive. "Biete Bridge spielendes Damenkränzchen in Paraguay. Wer macht mit?" Daraufhin die Antwort aus Schweden: "Herzlich gerne! Wir setzen noch eins drauf und erfinden Laser-Bridge!"
    Verbindungen, wo keine sind
    Oder aus Frankreich: "Wir lassen unsere gläubigen Ex-Junkies einen Jesus-Witz erzählen. Et vous?" Prompte Reaktion: "Romy Schneider alias Maria Bäumer kennt einen über eine kleine Motte, die ihren ersten großen Auftritt hatte: 'Alle haben geklatscht.' - D'accord?"
    Bei aller Liebe zur Phantasie, so wird's wohl nicht gewesen sein. Vielmehr spinnt sich das Hirn da was zurecht. Es schafft Verbindungen, wo keine sind. Es ist darum bemüht, Ordnung zu schaffen im heillosen Getöse der Töne und Gewimmel der Bilder. Bloße Überlebensstrategie bei purer Überforderung. Apropos Überforderung: War da nicht was in dem Film heute Morgen?