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Notre-Dame
"In der Kirche sieht es dramatisch aus"

"Große Haufen aus verbrannten Balken, herabgestürzten Steinen und Blei": So beschreibt die ehemalige Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner den Zustand in der Kathedrale Notre-Dame. Schock-Werner koordiniert die deutschen Hilfsangebote - einige darunter seien besonders sinnvoll, sagte sie im Dlf.

Barbara Schock-Werner im Gespräch mit Maja Ellmenreich |
Bauarbeiten an der vom Brand gekennzeichneten Pariser Kathedrale Notre-Dame, aufgenommen am 29. April 2019
Den Wiederaufbau der Kathedrale in nur fünf Jahren bezweifelt Barbara Schock-Werner (picture alliance/abaca/Vernier Jean-Bernard/JBV News)
"Wir können das!" hatte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron nach dem Brand von Notre-Dame behauptet: Innerhalb von fünf Jahren solle die Pariser Kathedrale wiederaufgebaut werden, noch schöner als zuvor. Die Kölner Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner hält diese Zeitangabe allerdings für eine "politische Zahl". Dass die Kathedrale in fünf Jahren komplett wiederaufgebaut sei, daran gebe es noch erheblichen Zweifel.
Hilfsangebote aus Deutschland
Schock-Werner war gerade selbst vor Ort: Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat die erfahrene Denkmalpflegerin, Kunsthistorikerin und Architektin damit beauftragt, die Aufbauhilfe aus Deutschland zu koordinieren. Schon jetzt hätten sie viele Hilfsangebote aus Deutschland erreicht, so Schock-Werner im Dlf, darunter viele von Steinmetzen. An Steinmetzarbeiten sei zur Zeit aber noch gar nicht zu denken. Aus der deutschen Bauindustrie sei das Angebot gekommen, bei dem Aufbau eines riesigen Krans mitzuhelfen. Schock-Werner hält das für sinnvoll.
Sie selbst habe erst gedacht, dass sogar der Denkmalschutz für die Kathedrale wegen der umfassenden Bauarbeiten aufgehoben sei - dabei handele es sich aber um ein Missverständnis. Vor Ort habe sich herausgestellt, dass für die Bauarbeiten der Natur-, Umwelt- und Denkmalschutz für die Île de la Cité aufgehoben sei - also für die direkte Umgebung der Kathedrale, nicht aber für das Gebäude selbst.
Verbranntes Holz und Blei
In der Kirche selbst sehe es zur Zeit noch "dramatisch" aus, so Schock-Werner, "große schwarze Haufen aus verbrannten Balken, herabgestürzten Steinen und verbranntem Blei" lägen dort immer noch. Die Seitenschiffe seien begehbar, einige andere Bereiche dürfe man aus Sicherheitsgründen aber nicht betreten - es sei immer noch unklar, ob die übrigen Gewölbe stabil seien.
Ob der neue Dachstuhl letztendlich aus Eichenholz oder aus Stahl aufgebaut werde, müsse sich noch zeigen. Mit einer modernen Stahlkonstruktion könne man die ursprüngliche hölzerne Konstruktion nicht nachbilden, mit Eichenholz wäre eine Rückkehr zur vorherigen Form möglich. Die Entscheidung zwischen modernem und ursprünglichem Dachstuhl könne man aber "nicht übers Knie brechen".