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Novelfood
Wer ist reif für Käfer und Co.?

2030 werden voraussichtlich neun Milliarden Menschen auf der Erde leben, aber schon heute bekommen wir nicht alle satt. Eine Lösung könnte sein, mehr Insekten zu essen. Ein Osnabrücker Start Up will sie uns schmackhaft machen.

Von Almuth Knigge |
    Farbfoto eines jungen Mannes, der stolz einen Burger in seiner Hand zeigt. Der besteht unter anderem aus Insekten.
    Max Krämer präsentiert seinen Insektenbratling (Deutschlandradio / Almuth Knigge)
    Max Krämer hat einen Traum – die Welt verbessern und damit Geld verdienen:
    "Also das ist nicht nur, dass wir nur träumen und nur die Nachhaltigkeit sehen, sondern wir wollen das auch zu einem Geschäftsmodell machen, das funktioniert."
    Zusammen mit seinem Freund Baris Özel hat er angefangen, einen Insekten-Bratling zu entwickeln - auf Wurmbasis. Die Idee entstand, als die beiden Freunde sich auf einer Weltreise durch die ganze Palette von Insekten probiert haben: Käfer, Larven, Motten, alles. "Also es sind jetzt 43 Prozent Buffalo-Würmer, das ist die Larve des Getreideschimmelkäfers."
    Eine Weltreise durch die ganze Palette von Insekten
    Aber Getreideschimmelkäfer - das klingt nach Schädling, nach Küchenabfällen und nach Kammerjäger. Buffalo-Wurm dagegen, das klingt nach Mutprobe, Cowboy, Abenteuer, Survivaltraining, irgendwie männlich.
    "Das ist eben genau das, was wir brechen wollen, wir wollen auch nicht, dass man unsere Produkte so als Mutprobe versteht, sondern einfach als ganz normales Nahrungsmittel."
    Mit Top Nährwerten: kaum Kohlehydrate, Ballaststoffe, Proteine und nur gesunde Fette. Insekten als Nahrungsmittel sind aber in Deutschland bisher eine Randerscheinung. Zwar gibt es vor allem in Großstädten immer mehr Lokale, die Mehlwurm-Omeletts, Heuschrecken-Cracker oder auch gegrillten Skorpion anbieten. Doch bislang schaffen es nur wenige Menschen, ihren Ekel zu überwinden - die westliche Welt ist noch nicht reif für Käfer und Co. Doch Max Krämer ist Optimist.
    "Lebensmittelkonzerne sehen Insekten nur als kleine Nische"
    "Ich glaube, das geht schneller als man denkt, also die großen Lebensmittelkonzerne sehen Insekten nur als kleine Nische, in der man kein Geld verdienen kann, aber wir glauben daran, dass es viel schneller geht als man denkt. Wenn sich das erst mal rumspricht und die Menschen anfangen, das einfach gerne zu essen, nicht weil es nachhaltig ist und sie es essen müssen, sondern weil es gut schmeckt und weil es gesund ist, dann wird sich das Tabu schneller ändern als man denkt."
    Aber erst mal muss er beweisen, dass es schmeckt. 30.000 Euro haben die beiden in die Entwicklung des Wurm-Schnitzels gesteckt. Auf einer kleinen Kochplatte im Dachgeschoss brutzelt er ein paar Madenbuletten. Die Rohmasse sieht aus wie Haselnussteig. Und es riecht - eigentlich nach nichts.
    Tausende von Mehlwürmer liegen in einer Kiste
    Mehlwürmer könnten als Tierfutter eingesetzt werden, oder auch als Zutat für Mehlwurm-Omeletts (picture-alliance/ ZB / Arno Burg)
    "Und - wie schmeckt es dir? - Also von der Textur her finde ich es fast ein bisschen trocken. Aber es ist kein Unterschied zu so einer holländischen Frikandel. Aber irgendwas, das ist wahrscheinlich der Geschmack, den der Wurm hat, den ich nicht beschreiben kann. - Auf jeden Fall schmeckt man in so einem Burger das Insekt mit durch. Schmeckt auch sehr gut mit Barbecue-Soße. In dem Burger wird er letztendlich mit Rucola und Barbecue-Soße serviert und das unterstützt so die Note der Würmer ganz gut."
    Genießen dürfen es bislang nur die Belgier. In Deutschland müsste sich dafür erst mal die Gesetzgebung ändern. "Wir dürfen in Deutschland noch keine Insektenprodukte verkaufen." Zumindest keine, in denen verarbeitete Insekten vorhanden sind.
    "Die Insekten werden als Novelfood gesehen - das ist eine europäische Gesetzgebung, die Lebensmittel regelt, die neu auf den Markt kommen - es ist zwar so, dass Insekten schon immer gegessen wurden und auch von zwei Milliarden Menschen weltweit gegessen werden, aber Europa sieht dann quasi nur die innereuropäische Region. Das heißt, in Europa selber ist es ein neues Nahrungsmittel und muss dementsprechend registriert werden."
    Aufzucht von Insekten deutlich weniger klimaschädlich
    2018 soll sich das ändern. "Aber trotzdem muss man, um sie dann verkaufen zu dürfen, muss jede einzelne Art noch mal registriert werden, das heißt, man muss Forschungsergebnisse einreichen, die eben zweifelsfrei beweisen, dass Insekten nicht gefährlich sind."
    Dabei ist ihre Aufzucht auch deutlich weniger klimaschädlich als die der meisten anderen Tiere. Sie belastet das Grundwasser weniger. In den Niederlanden und Belgien ist man schon weiter. Hierher bezieht die Bug-Foundation, so haben Max und Baris ihre Firma genannt, das Rohmaterial.
    "Wir wollen zum Schluss auch selber züchten, also auch das Know How für die Zucht zur Verfügung stellen, Maschinen entwickeln und dann wollen wir aber auch die komplette Wertschöpfungskette - Rohprodukte verkaufen, in die Supermärkte gehen, eigene Restaurants. Also im Idealfall wollen wir natürlich alles besetzen."
    Das Insektenimperium – gesteuert aus Osnabrück.