Eine Tarnkappe, geflügelte Sandalen, ein Beutel, ein spiegelndes Schild und ein Sichelschwert: Mit diesen "Waffen" gelang es Perseus, Sohn des Zeus, die gefährliche Medusa zu enthaupten. Perseus ist einer der großen Helden in der griechischen Mythologie und Titelgeber unseres Monatsgedichts im November. Die Ursprünge der Heldenverehrung gehen zurück auf die Antike und obwohl sie schon drei Jahrtausende zurückliegt, faszinieren uns die Geschichten über das Leben und die Taten von Heroen wie Perseus oder Odysseus auch heute noch. Aber warum ist das so?
Helden sind seit jeher klassische Bestandteile von Mythen, Märchen, Sagen und Legenden. Sie haben meist übermenschliche körperliche und geistige Eigenschaften, die ihnen außergewöhnliche Taten ermöglichen. Mit ihrem Mut, ihrer Kraft und Furchtlosigkeit gelingt es ihnen Ungeheuer zu besiegen, Schwache – gerne Jungfrauen – zu beschützen oder gar die ganze Welt vor dem Untergang zu retten. Die moderne Weiterentwicklung des antiken Heros ist der Superheld. Ob Batman, Superman oder Spiderman – sie überwinden alle Grenzen und sind so gut wie unverwundbar im Kampf gegen das Böse. Sie sind Vorbilder in ihrer Aufopferungsbereitschaft, Identifikationsfiguren und können Projektionsflächen für ganze Gesellschaften sein.
Nicht nur fiktive Figuren werden zu Helden erkoren, reale Personen können ebenso Heldenruhm erlangen. Der Heldenbegriff wurde und wird auch missbraucht, beispielsweise in Kriegszeiten, um Soldaten und Angehörigen einzureden, es sei heldenhaft im Kampf für das Vaterland zu sterben. Bedingt durch die propagandistische und inflationäre Nutzung des Heldenbegriffs in der jüngsten Geschichte haben viele das Zeitalter des Heldentums für beendet erklärt.
Leben wir wirklich in einem postheroischen Zeitalter? Oder sehnen wir uns nach wie vor nach heldenhaften Vorbildern? Und wenn es heute noch Helden gibt: Wie sehen sie aus? Und womit "kämpfen" sie? Sind es noch die Krieger der alten Mythen und Legenden oder sind heute die Stillen Helden, die mit einem Computer und modernster Technik Heldentaten in einer globalisierten Welt vollbringen? Oder sind vielleicht Stars unsere Helden von heute, weil sie den Anschein von Perfektion erwecken und wir unsere unerfüllten Wünsche auf sie projizieren können?
Passend zum Helden-Thema wählte das Stadtmuseum Oldenburg eine antike Preisamphore aus Italien als Exponat und Inspiration aus. Bauchamphoren, sogenannte Preisamphoren, gab es bereits bei den Griechen, sie wurden auch auf Dichterwettbewerben im Alten Rom verliehen. Darauf abgebildet sind oft Dichter oder Götter. Auf der Amphore des Museums ist Minerva zu sehen, die Göttin der Weisheit, Schutzherrin der Helden, der Städte, des Ackerbaus, der Künste und Wissenschaften, des Handwerks, des (strategischen) Krieges und des Friedens. Ihre Kennzeichen sind Helm, Schild, Lanze und Eule.
Eine Amphore bzw. Amphora ist ein bauchiges enghalsiges zweihenkliges Gefäß, meist aus Ton. Sie wurden schon in der Antike als Vorrats- und Transportgefäße für Öl, Wein, Honig, Getreide u.a. benutzt.
Inspiration bietet euch in diesem Monat auch ein Gedicht von Katharina Schultens. In ihrem Text "perseus" greift sie den antiken Heldenmythos auf und transferiert ihn in die heutige Arbeitswelt. Der Kugelschreiber ersetzt hier das Schwert. Ist er die neue Waffe des alten Helden Perseus? Und ist Perseus hier überhaupt noch ein Held?
perseus
wie fang ich an: geh zu den dingen und nimm sie beim schopf
tragen sie schlangen? problematisch doch nicht unlösbar.
tragen sie schlangen? problematisch doch nicht unlösbar.
du brauchst immer ein blank geputztes display
du brauchst immer einen kugelschreiber
der sich zum schwert ausfahren lässt
du brauchst immer einen kugelschreiber
der sich zum schwert ausfahren lässt
töten wäre drastisch formuliert
ich spreche gern von auslagern
der minderleister im modell. ok?
ich spreche gern von auslagern
der minderleister im modell. ok?
du: ich kann solche briefe formulieren
ich kann sie nur derzeit nicht unterschreiben
mein kugelschreiber unterstützt nicht das format
ich kann sie nur derzeit nicht unterschreiben
mein kugelschreiber unterstützt nicht das format
privat: sicherlich eine andere box
klar habe ich büromethoden übertragen
aber was du mir vorwirfst ist ein versehen:
klar habe ich büromethoden übertragen
aber was du mir vorwirfst ist ein versehen:
es ging mir nie um irgendeinen kopf
es ging mir auch nicht um den sieg
ich habe eine differenz gelöst
es ging mir auch nicht um den sieg
ich habe eine differenz gelöst
(aus: Katharina Schultens, gorgos portfolio, kookbooks 2014)
Gibt es heute noch Helden? Womit kämpfen Helden? Früher und heute? Sind Handy, Laptop und das Internet die neuen Heldenwaffen? Schreibt uns von alten und neuen Helden und ihren Waffen. Welche Helden beeindrucken euch? Habt ihr literarische Helden? Was sind eure Anti-Helden? Oder gibt es für euch gar keine Helden mehr?
Wir sind sehr gespannt auf eure Einsendungen zum Thema "Neue Waffen alter Helden"!
Hier findet ihr unsere E-Mail Vorlage.
Die aktuellen Wettbewerbsbedingungen könnt ihr online nachlesen.
Katharina Schultens
Katharina Schultens, geboren 1980 in Rheinland-Pfalz, studierte Kulturwissenschaften in Hildesheim, St. Louis und Bologna und lebt heute in Berlin. Neben Veröffentlichungen von Lyrik und poetologischen Texten in Zeitschriften und Anthologien erschienen von ihr die Gedichtbände "Aufbrüche" (Rhein-Mosel-Verlag, "gierstabil" (Luxbooks) "gorgos portfolio" (kookbooks) und "Geld. Eine Abrechnung mit privaten Ressourcen" (Verlagshaus Berlin). 2013 erhielt sie den Leonce-und-Lena-Preis der Stadt Darmstadt.
Das Stadtmuseum Oldenburg
Das Stadtmuseum Oldenburg formt als Teil der kleinen Oldenburger Museumsinsel mit dem Horst-Janssen-Museum eine architektonisch wie gewachsen wirkende Einheit, obwohl die einzelnen Gebäude inmitten der geschäftigen Oldenburger Innenstadt aus ganz verschiedenen Epochen stammen.
Theodor Francksen lebte von 1875 bis 1914 – ein kurzes Leben, dem der Sammler, Jurist und Kunstliebhaber durch die Stiftung seiner zwei Villen samt seiner privaten Sammlung an die Stadt Oldenburg ein Denkmal gesetzt hat. Francksen, der einerseits der Antike im Bereich des Mittelmeerraumes zugetan war und andererseits feste Wurzeln im Oldenburger Land hatte, schuf noch zu seinen Lebzeiten ein Privatmuseum in seinem eigenen Wohnhaus sowie in einer dazu gekauften Villa.
Ein weiterer Schwerpunkt des Stadtmuseums ist die Präsentation des Nachlasses von Bernhard Winter (1871-1964), dessen Gemälde besonders die Lebensverhältnisse, die Arbeitswelt, die Feste und Traditionen der ländlichen Bevölkerung im Oldenburger Raum dokumentieren.
Besonderen Stellenwert nimmt die Stadtgeschichtliche Abteilung des Museums ein: Anhand sechs großer Stadtmodelle wird die räumliche Entwicklung der Stadt Oldenburg beleuchtet, beginnend mit den frühesten Besiedlungsspuren aus der Zeit um das Jahr 800 n. Chr. Die detaillierten Modelle und zahlreichen Landkarten zeigen, wie sich Oldenburg von einer kleinen Grafenresidenz zum Mittelpunkt der heutigen Metropolregion Weser-Ems gemausert hat.
Die Unterrichtsmaterialien zum Download findet ihr HIER.