„Man sollte sich umeinander kümmern“, diesen Gedanken habe der Tod von Christoph Daum in ihm ausgelöst, sagt Jens Nowotny im Dlf. Auch er habe zuletzt nur über Dritte Kontakt zu Daum gehabt.
Nowotny spielte Ende der 1990er Jahre vier Jahre erfolgreich unter Daum bei Bayer Leverkusen. Daum beeindruckte ihn von Anfang an: „Es war so ein Aha-Moment, dass er alle Spieler, die da waren, besser gemacht hat. Egal, sei es charakterlich, sei es auf der menschlichen Ebene. Obwohl man ihm da eine Distanz auch nachsagen muss, weil die absolut auch von ihm gewollt war als Cheftrainer, dass man eine gewisse Distanz hat. (…) Und fußballerisch hat er uns sowieso auf ein anderes Niveau gehoben.“
Daum habe einen klaren Plan für einzelne Spieler und die Mannschaft gehabt. Und er sei damit erfolgreich gewesen. Vieles von dem, was Nachwuchstrainer Hannes Wolf aktuell als System mit vielen Spielen im Kleinfeld beim DFB aufbaue, kenne er von Daum, sagt Nowotny, der selbst seit 2021 als Co-Trainer von Jugendmannschaften des DFB arbeitet.
Zweite Chance nach Kokainskandal?
Menschlich ist ihm besonders Daums Klarheit im Gedächtnis geblieben: „Diese Geradlinigkeit, diese absolute Ehrlichkeit. Dass er zu mir knallhart ins Gesicht auch gesagt hat: Wenn ich fit bin, dann bringe ich ihn weiter und bin ich verletzt, dann kann er mit mir nichts anfangen.“ Daum habe nicht permanent Druck erzeugt, sondern zum Beispiel die Möglichkeit gelassen, sich in Ruhe von Ärzten und Physiotherapeuten behandeln zu lassen.
Im Jahr 2000 hatte Daum den Posten als deutscher Nationaltrainer ab Sommer 2021 schon sicher. Der Nachweis des Kokain-Konsums anhand einer Haarprobe im Jahr 2000 beendete dann diesen Plan. Nowotny hatte das nicht für möglich gehalten: „Der war 24/7 für dich da. Der hat akribisch gearbeitet. Er hat absolut alles von dir gefordert, aber er hat natürlich auch alles gegeben. Und deshalb war es für mich genauso ein Schock, wie für viele in der Öffentlichkeit.“
Danach hatte es lange gedauert, bis Daum wieder in Deutschland als Trainer arbeiten konnte. Und auch dann habe es immer wieder den Hinweis auf diesen Tiefpunkt gegeben. Ob das eine echte zweite Chance gewesen sei, zieht Nowotny im Gespräch in Zweifel.
Vorbild in seinem Kampf gegen den Krebs
Als Vorbild zeigte Daum sich dann, nachdem bei ihm eine Krebserkrankung dignositziert wurde, findet Nowotny: „So kannten wir ihn ja: kämpferisch nach vorne, dem Krebs die Stirn bieten. Und sagen: Ich ergebe mich jetzt nicht, sondern ich kämpfe um mein Leben. Ich kämpfe um das Leben mit meiner Familie. Und das zeichnete ihn ja auch zeitlebens aus.“
Daum habe den Kampf gegen den Krebs zwar nun verloren, er könne aber dennoch ein Vorbild für viele sein, diesen Kampf aufzunehmen und möglicherweise auch zu gewinnen.