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NPD
"Die Partei pfeift aus dem letzten Loch"

Die NPD stelle keine Gefahr für die Verfassung dar, meint der Extremismusforscher Klaus Schroeder von der Freien Universität Berlin im DLF-Interview. Die Partei kämpfe gegen die Bedeutungslosigkeit. Die Krise in der Führungsspitze beschleunige zudem ihren Untergang.

Klaus Schroeder im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Die NPD steht vor einem erneuten Verbotsverfahren in Karlsruhe. Der Partei droht aber nicht nur juristisch Ungemach, sondern auch finanziell und personell. Die Partei hat alle hauptamtlichen Mitarbeiter der Parteizentrale gekündigt, weil kein Geld mehr da ist. Und Parteichef Holger Apfel will zurücktreten. Möglicherweise soll er sogar aus der Partei ausgeschlossen werden, angeblich wegen homosexueller Beziehungen oder Übergriffen gegenüber jüngeren NPD-Parteimitgliedern.
    Klaus Schroeder ist Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin und Extremismus-Forscher. Guten Tag, Herr Schroeder!
    Klaus Schroeder: Schönen guten Tag, Herr Meurer.
    Meurer: Was ist los in der NPD?
    Schroeder: Die NPD löst sich auf im Inneren. Der Führungskern ist zerstritten, schon seit Längerem. Jetzt ist Herr Apfel, der bisherige Vorsitzende, zurückgetreten. Pastörs wird kommissarisch Vorsitzender und im Sommer wird wohl neu gewählt. Aber die NPD ist schon länger bedeutungslos auf der gesamtdeutschen Ebene. Sie ist eine ostdeutsche Regionalpartei geworden, dort hat sie noch begrenzte Erfolge. Aber auf ganz Deutschland bezogen kann man im Grunde Entwarnung geben. Diese NPD ist keine Gefahr für die Verfassung oder für das politische Leben in Deutschland.
    Meurer: Immerhin hat sie noch 1,3 Prozent bei der Bundestagswahl bekommen. Reicht ja theoretisch aus, um Wahlkampfgelder vom Staat zu bekommen. Und man sagt ihr Verbindungen zu rechtsradikalen Schlägertruppen nach. Kann man das Thema schon beerdigen?
    Schroeder: Ja. Der Skandal ist, dass durch die Wahlkampfkosten-Erstattung die NPD vom Steuerzahler mitfinanziert wird. Das ist in der Tat für mich der einzige Grund, warum ein Verbotsverfahren vielleicht sinnvoll ist. Die anderen Gründe sind eher hinfällig, weil sie ist keine Gefahr für die Verfassung und schon gar nicht für das politische System. Und die Querverbindungen zu neonazistischen Gruppen, die mögen da sein. Bloß nach dem Verbot werden die Leute, die Mitglieder, die Sympathisanten ja woanders hingehen und sie sind dann vielleicht sogar schwerer zu kontrollieren und man kann sich schwerer mit ihnen auseinandersetzen. Also hier, denke ich, hat die Politik symbolischen Charakter angenommen mit dem Verbotsverfahren, aber eine reale Gefahr ist die NPD nicht.
    Meurer: Sie hätte es also lieber bleiben lassen sollen mit dem Verbotsverfahren?
    Schroeder: Ja. Ich meine, 1,3 Prozent, im Westen knapp eins, im Osten zwischen zwei und drei Prozent, das ist ja nicht die Welt. Und die Gefahr ist eher, dass das Denken, was die NPD vertritt, sich verbreitet, und sie bekommt jetzt so viel Resonanz und Aufmerksamkeit, auch in den nächsten Monaten. Sie kann sich dann als Märtyrer darstellen. Wir sollten ihr diese Öffentlichkeit nicht gönnen.
    Meurer: Sie sagen, Herr Schroeder, die NPD löst sich auf. Woher kommt das, dass diese Partei quasi implodiert?
    Schroeder: Weil sie erfolglos ist, weil sie in diesem Ein-Prozent-Ghetto bleibt, weil sie es nicht geschafft hat, obwohl sie ja eine Linkswende gemacht hat, die Finanzkrise gegeißelt hat, antikapitalistisch zu großen Teilen geworden ist, alles das hat ihnen wenig genützt. Sie ist im kleinen Turm geblieben, Gott sei Dank, kann man dazu sagen. Wenn Sie auf die europäischen Nachbarländer schauen, dort haben faschistische und neonazistische Gruppen viel mehr Zulauf als in Deutschland. Insofern haben wir wohl einen Teil der historischen Lektion gelernt.
    "Wenn jetzt Pastörs Parteivorsitzender wird, dann wird sich der Niedergang weiter beschleunigen."
    Meurer: Ist entscheidend auch die Strafzahlung, die die NPD leisten muss und infolgedessen sie jetzt ihr gesamtes hauptamtliches Personal entlassen muss? Gibt das der Partei auch den Todesstoß?
    Schroeder: Ja. Das hat die Sache ein bisschen beschleunigt. Man hat jetzt nicht mehr das Geld, weil man keine Auszahlung bekommt, solange nicht die Strafzahlung geleistet wurde. Aber ich glaube, sieben Hauptamtliche sind entlassen worden. Das ist ja auch nicht allzu viel. Die Partei pfeift ohnehin aus dem letzten Loch und wenn jetzt Pastörs tatsächlich Parteivorsitzender wird, der noch, wenn man das überhaupt sagen kann, rechts von Apfel steht, dann wird sich der Niedergang weiter beschleunigen.
    Meurer: Man hätte es ja für ziemlich billige Satire gehalten und einfallslos, jetzt zu behaupten, der NPD-Vorsitzende ist homosexuell, jetzt wird ihm das in der eigenen Partei wirklich vorgeworfen. Ist das tatsächlich so, wie mancher das, sagen wir mal, eher kabarettistisch gesehen haben, in der NPD gibt es mehr Schwule als sie glauben und deswegen ist die Partei homophob?
    Schroeder: Na ja, das ist natürlich schöne Satire. Aber er hat ja auch Familie. Insofern dürfte er bisexuell sein, wenn denn die Vorwürfe stimmen. Aber denken Sie an die NSDAP, auch dort gab es das, in der NPD immer schon und das ist in der Tat: man tritt gegen Homosexuelle auf und verbirgt schamhaft die eigene Bi- oder Homosexualität. Das ist schon absurd. Insofern hat es hier die richtigen dann erwischt. Aber das ist ja nicht das Hauptproblem, sondern das Hauptproblem ist die Hetze gegen Ausländer, der mehr oder weniger offene Rassismus, den diese Partei vertritt. Aber sie findet keine Resonanz, und das ist das Positive.
    Meurer: Die NPD löst sich auf, glaubt Klaus Schroeder von der Freien Universität Berlin, nachdem jetzt NPD-Chef Holger Apfel nicht nur zurückgetreten ist, sondern auch aus der Partei möglicherweise ausgeschlossen werden soll. Herr Schroeder, schönen Dank nach Berlin und auf Wiederhören.
    Schroeder: Bitte!
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