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NPD
Wahlwerbung mit Martin Luther

Die NPD wirbt mit einem Luther-Porträt um Stimmen. Das Bild auf den Plakaten ist die Kopie eines Cranach-Porträts, das der Wittenberger Stiftung Luthergedenkstätten gehört. Die geht nun rechtlich gegen die Partei vor.

Von Christoph Richter |
    Wahlplakat der rechtsradikalen NPD mit einem Porträt Luthers und der Anspielung auf seinen bekannten Ausspruch auf dem Reichstag zu Worms
    Wahlplakat der rechtsradikalen NPD mit einem Porträt Luthers und der Anspielung auf seinen bekannten Ausspruch auf dem Reichstag zu Worms (imago stock&people)
    Martin Luther schaut den Betrachter streng, mit etwas müden Augen an. Auf dem Kopf trägt er das für ihn typische schwarze Barett, an den Ohren kräuseln sich zart ein paar dunkle Locken: Es ist das wohl berühmteste Porträt des Reformators von Lucas Cranach aus dem Jahr 1528. Ein Bild mit dem jetzt die NPD wirbt. Der Slogan: Ich würde NPD wählen.
    Das die rechtsextreme NPD mit dem Konterfei von Luther wirbt, sorgt allerorten, auch in der evangelischen Kirche für Aufregung. Der Wittenberger Superintendent Christian Beuchel reagiert geradezu angeekelt:
    "Ich bin darüber erschrocken und entsetzt. Weil eine Partei, die so menschenverachtend agiert, sich mit einem Menschen schmückt, der aus so einem Gott-Vertrauen lebte und den Menschen durch das Neuentdecken der Gnade Gottes, so viel Würde wieder gegeben hat. Dass man diesen Menschen missbraucht, dass erschreckt mich."
    NPD-Politiker: "Bisschen provozieren"
    Die NPD kann mit der Aufregung um das Wahlplakat mit dem Luther-Porträt wenig anfangen. Die Bundesspitze will sich dazu nicht äußern und verweist stattdessen auf die Webseite. Hier schreibt der stellvertretende NPD-Parteivorsitzende und Brandenburger Spitzenkandidat Ronny Zasowk:
    "Luther würde unsere abendländische Identität verteidigen, er würde dem Missbrauch der Kirchen durch Asyl-Extremisten und Überfremdungs-Lobbyisten den Kampf ansagen. Martin Luther würde heute NPD wählen!" Zitat-Ende.
    "Bisschen provozieren muss man immer mal", sagt Produktionsarbeiter Danilo Wessel. Er sitzt für die NPD im Wittenberger Stadtrat. Ihm sei das Plakat viel zu klein, ergänzt er noch. Er hätte sich gewünscht, dass die NPD mit Luther noch viel pointierter, zugespitzter, krawalliger werben würde. "Er hat immer von seinen Deutschen geredet, er würde nicht sagen: Multikulti alles gut."
    Die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt – Eigentümerin des Luther-Porträts - geht nun juristisch gegen die Verwendung des Bildes vor. Von der rechtsextremen Partei habe es keine Anfrage zur Verwendung des Bildes gegeben und schon gar keine Genehmigung, sagt Vorstand und Direktor Stefan Rhein.
    "Also es sind zweierlei Rechte angegriffen und verletzt. Und zwar erstens, die Urheber- und Nutzungsrechte und zweitens die Eigentumsrechte der Stiftung. Und zwar, weil unsere Besucherordnung verbietet Fotos zu öffentlichem Gebrauch um Museum herzustellen. Das ist nur zu privatem Gebrauch gestattet."
    Zum Rechtsstreit wolle man sich nicht äußern, so die NPD gegenüber dem Deutschlandfunk.
    Die Stiftung Luthergedenkstätten hatte der NPD ursprünglich bis zum heutigen Freitag eine Frist für eine außergerichtliche Einigung gesetzt. Nach Angaben der Stiftung Luther Gedenkstätten hat die NPD um Fristverlängerung bis Montag 15 Uhr gebeten. Komme es zu keiner Einigung, werde man auf Unterlassung klagen, so Stefan Rhein von der Wittenberger Stiftung Luthergedenkstätten.
    "Unterlassung bedeutet: Dass die Plakate abgenommen werden müssen, dass das Lutherporträt aus dem Netz genommen werden muss, dass die entsprechenden Broschüren zurückgezogen werden."
    Direktor der Stiftung: Widerliche Behauptung
    Der Zusammenhang NPD und "unser" Luther, müsse nach Angaben der Stiftung Luthergedenkstätten aufgelöst werden. Eine juristische Auseinandersetzung beschert der NPD zusätzlich Aufmerksamkeit, dessen ist sich Stiftungs-Direktor Stefan Rhein bewusst, aber es geben eben Grenzen des Hinnehmbaren.
    "Ja, das Interessante ist, wir werden von ganz Vielen aus ganz Deutschland angeschrieben", erzählt Altphilologe Stefan Rhein. "Ich glaube, es geht auch darum Haltung zu zeigen. Nicht das wir es schweigend zulassen, sondern indem wir alle Mittel versuchen einzusetzen, um dieser Provokation, diesem Missbrauch entgegen zu treten."
    Und Luther hätte niemals NPD gewählt, die Behauptung sei geradezu widerlich, unterstreicht Altphilologe Stefan Rhein. Besonders ärgert den Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten, das direkt neben der Wittenberger Luthereiche das missbräuchliche NPD-Wahlplakat hänge. Also an einem Ort, an dem der Reformator die päpstliche Bannandrohungsbulle verbrannt haben soll und heute ein Meilenstein der Reformationsgeschichte ist.