Vor ein paar Wochen ist Maria Ritch auf den Obersalzberg bei Berchtesgaden gestiegen. Die Vize-Präsidentin des Bundes der Steuerzahler in Bayern war beeindruckt.
"Eigentlich ist das Dokumentationszentrum - es ist letztlich ein Museum - sehr lehrreich. Auch für jüngere Generationen. Es soll eben auch die deutsche Geschichte wissenschaftlich aufarbeiten."
In den letzten Jahren ist der Obersalzberg immer beliebter geworden - vor allem bei Schulklassen. Die Jugendlichen können hier oben studieren, wie Adolf Hitler die schöne Alpenkulisse nutzte, um etwa die Hitlerjugend aufmarschieren und ihm huldigen zu lassen.
"Diese Jugend, die lernt ja nichts anderes als deutsch denken, deutsch handeln. Eine frische Luft bekommen."
"Die Jugend marschiert, die Jugend marschiert! Sieg Heil!
Das Museum am Obersalzberg - an Hitlers eigens errichtetem Adlerhorst - hat in den letzten Jahren 160.000 Besucher pro Jahr angelockt. Tendenz steigend, betonte Bayerns Finanzminister Markus Söder stets.
"Wir haben viermal so viele Besucher wie ursprünglich geplant. Es zeigt sich, dass das Interesse an diesem Doku-Zentrum enorm groß ist, auch international. Deswegen müssen wir’s anpassen. An die Besucherströme, aber auch an eine moderne Museumspädagogik."
Kosten von mehr als 20 Millionen Euro
Das findet Maria Ritch vom Bund der Steuerzahler grundsätzlich auch in Ordnung. Nur: "Von ursprünglich geschätzten, angedachten 14,6 Millionen Euro ist man inzwischen weit entfernt. Der Erweiterungsbau wird 21,3 Millionen Euro kosten."
Eine Kostensteigerung von satten 50 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Das erklärt Helmut Bäumler, der Vertreter der obersten Baubehörde des Freistaates Bayern, vor allem mit Tunnelarbeiten.
"Unterm Strich kommen zum eigentlichen Erweiterungsbau, der für 2,4 Millionen Euro in den Berg hineingesetzt wird, noch Bunkerkosten von 3,3 Millionen."
Der Bunker ist eine 80 Jahre alte Befestigungsanlage der SS. Damit die Besucher einen Rundgang durch diese unterirdische Stollenanlage unternehmen können, gräbt der Freistaat einen 35 Meter langen Stollen in den Obersalzberg. Die alte Bergmannsweisheit, wonach es vor der Hacke dunkel ist, scheinen die Planer dabei nicht berücksichtigt zu haben.
"Es hat dann eben Probleme gegeben mit der Lüftungstechnik, mit dem Brandschutz, mit der Barrierefreiheit. Und das verteuert natürlich das Ganze."
Ungleiche Verteilung der Gelder
Klingt irgendwie nach dem Berliner Flughafendesaster, über das sich CSU-Politiker Söder gerne lustig macht. Auch auf dem Obersalzberg ist die Bauaufsicht von Anfang an außer Kontrolle geraten. Michael Piazolo, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des bayerischen Landtages, fragt sich, wie es sein kann, "dass man plötzlich auf die Idee kommt, Bunkeranlagen als Real-Exponate auszubauen, diese aber nicht Teil des Wettbewerbs sind. Das geht mir nicht in den Kopf."
Piazolo ist von den Freien Wählern. Aber selbst in der CSU ärgert man sich über das Obersalzbergdesaster. Oliver Jörg etwa, der stellvertretende Ausschussvorsitzende, findet: "Kostensteigerungen von sechs Millionen sind alles andere als kleinkrämerisch." Vor allem, wenn anderswo bei der Aufarbeitung der NS-Zeit gespart wird. Die KZ-Gedenkstätte Dachau etwa hat jährlich fast zehnmal so viele Besucher wie der Obersalzberg. Aber Leiterin Gabriele Hammermann muss im Winter Seminarräume schließen, weil sie sie nicht ausreichend beheizen kann.
"In Bayern sind die großen Dokumentationszentren mit großen Bildungszentren gut ausgestattet – leider ist das bislang in Dachau nicht der Fall."
Am Obersalzberg aber, in prächtiger Alpenkulisse, ist genug Geld da. Im Juli gab der Haushaltsauschuss grünes Licht für die Kostensteigerung – wenn auch mit Bauchgrimmen. Maria Ritch vom Bund der Steuerzahler wäre schon froh, wenn es bei Mehrkosten von sieben Millionen bleiben würde. Sie fordert "dass auf jeden Fall diese Kosten dann eingehalten werden. Nicht, dass der Steuerzahler dann nochmals vor einem neuen Kostenberg steht."
Ein Kostenberg ist er jetzt schon – der Obersalzberg. Die Frage ist nur – wie hoch steigt er noch?