Angriffe auf die Erinnerungskultur
Mehr als 1000 rechte Übergriffe auf Gedenkstätten seit 2019

Angriffe auf die Erinnerungskultur durch Rechte finden häufig an NS-Gedenkstätten statt. Doch belastbare Zahlen gibt es dazu bisher kaum. Eine Analyse des Deutschlandradios liefert erstmals Daten zu Taten und Tatverdächtigen.

Von Fabian Dietrich, Max Kuball und Peter Sim |
    "Arbeit macht frei" steht als zynisches Motto am Eingang des einstigen Konzentrationslagers Buchenwald, das heute eine Gedenkstätte ist.
    Die Gedenkstätte Buchenwald ist der historisch wohl bedeutendste Erinnerungsort in Thüringen. Das einstige KZ scheint besonders stark im Fokus der Rechten zu stehen. (IMAGO / Jürgen Ritter)
    Auf dem T-Shirt des blonden Mannes stehen in Frakturschrift die Worte “Schuldkult brechen!” Zu sehen ist er durch ein Gitter, als wäre er im Gefängnis. In seiner linken Hand hält er eine quadratische Fliese, auf die handschriftlich “#WeRemember” gepinselt wurde.
    Der Mann sagt: “Das deutsche Volk wird nicht frei sein, ehe es sich nicht – mit einem großen Hammer ausgestattet – zu den Gedenkstätten begibt, zu den Dokumentationszentren, zu den Erinnerungsorten und ein für alle Mal mit dieser volksvernichtenden Ideologie abschließt.” Dann greift er tatsächlich zu einem Hammer und zerschlägt die Fliese.

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    Der Mann hinter Gittern ist Nicolai Nerling, der selbsternannte “Volkslehrer”. Und zu sehen ist dieser unverhohlene Aufruf zur Gewalt in einem Video, das Nerling am 27. Januar 2022 veröffentlicht hat: am Internationalen Holocaustgedenktag.
    Inzwischen ist Nerling wegen solcher Auftritte mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt. Für ihn hatte es also durchaus Konsequenzen, Sätze wie den oben zitierten zu sprechen.
    Aber was für eine Wirkung entfalten sie? Gibt es Menschen, die solchen Aufrufen folgen und sich tatsächlich zu den Gedenkstätten begeben, bewaffnet mit einem großen Hammer oder anderen Utensilien?

    Inhalt

    Das Statistik-Dilemma

    Beweisen lässt sich das nicht, aber für Philipp Neumann-Thein liegt der Zusammenhang klar auf der Hand: Der stellvertretende Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora sieht in Äußerungen wie denen von Nerling offene Angriffe auf die Erinnerungskultur:
    “Und das ermutigt natürlich Menschen, die schon immer nicht gut fanden, dass es eine kritische, selbstreflexive Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus gab.”
    Das auch empirisch zu erfassen, ist aber gar nicht so einfach. Denn genau genommen gibt es keine Statistik, die konkret erhebt, wie viele rechte und rechtsextreme Vorfälle es an den Gedenkstätten, Dokumentationszentren und Erinnerungsorten zum NS-Unrecht gibt.
    Was es gibt, sind Chroniken und Zahlensammlungen mehrerer Verbände und nicht zuletzt der Gedenkstätten selbst. Aber diese werden alle aus unterschiedlichem Erkenntnisinteresse zusammengestellt, nach uneinheitlichen Kriterien und mit verschiedenen Kategorien.
    Darüber hinaus gibt es eine staatliche Statistik. Der “Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen politisch motivierter Kriminalität” (KPMD-PMK) ist ein gemeinsames System von Bund und Ländern, um politische Straftaten zu erheben. Daten aus dieser Statistik, die das Deutschlandradio exklusiv auswerten konnte, zeigen, dass es an deutschen Gedenkstätten seit Anfang 2019 zu mehr als 1700 Fällen politisch motivierter Kriminalität (PMK) gekommen ist. Die Zahlen stammen aus einer bisher unveröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Jan Korte (Die Linke).
    Von den 1741 politischen Straftaten an Gedenkstätten wird der weitaus größte Teil als “rechts” eingestuft. In mehr als 1000 Fällen geht die Polizei wegen “der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters” davon aus, dass sie “einer ‘rechten’ Orientierung zuzurechnen sind”.
    Aber auch der KPMD-PMK hat eine entscheidende Leerstelle: Die Daten sagen nämlich nichts darüber aus, an welcher Art von Gedenkstätte die Taten verübt werden. Zwar weisen Bund und Länder seit 2019 Gedenkstätten als eigenes “Angriffsziel” aus – unterscheiden dabei aber nicht, woran die einzelnen Denkmäler erinnern sollen: Mahnmale zur NS-Zeit werden in derselben Kategorie geführt wie alle anderen Denkmale und Gedenkorte.
    Entsprechend finden sich in den Daten zum Angriffsziel Gedenkstätte auch Einträge wie “Bismarck-Statue”, “Afrikastein” und “Ernst-Thälmann-Denkmal”. Eine Aussage, wie oft etwa KZ-Gedenkstätten angegriffen werden, ist schlicht nicht möglich. Die Statistik unterscheidet, ob ein Angriff auf eine Gedenkstätte von rechts oder von links kommt – aber nicht, um was für eine Gedenkstätte es sich handelt.

    Straftaten, Aufklärungsquoten, Tatverdächtige

    Aber auch die Auswertung der mehr als 1000 rechten Straftaten an Gedenkstätten allgemein liefert Erkenntnisse, die so vor der Kleinen Anfrage der Linken nicht möglich waren. Etwa zu der Frage, um welche Straftaten es geht. Am häufigsten ist die Sachbeschädigung. Mit 415 Delikten entfallen auf sie knapp 41 Prozent aller rechten Taten.
    Dahinter folgen 365 Verstöße gegen das “Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen”; damit gemeint sind etwa das Hakenkreuz oder der Hitlergruß. Weitere 124 Mal geht es um den Vorwurf der Volksverhetzung.
    Antworten liefern die Daten auch auf die Frage, wie viele der “rechten” Vorfälle an Gedenkstätten allgemein aufgeklärt werden. Gemäß den Regularien des KPMD-PMK gilt ein Fall als aufgeklärt, “wenn die Tat nach dem (kriminal-) polizeilichen Ermittlungsergebnis von mindestens einem namentlich bekannten oder auf frischer Tat betroffenen Tatverdächtigen begangen wurde.”
    Das heißt: Sobald die Polizei mindestens einen Tatverdächtigen ermittelt hat, ist für sie der Fall geklärt. Ob es in der Folge auch zu einer Anklageerhebung oder gar zu einer Verurteilung kommt, dazu sagen die Daten nichts aus.
    95 von insgesamt 1019 Fällen konnte die Polizei gemäß dieser Definition aufklären. Das ergibt eine Quote von gerade mal 9,32 Prozent. Die Erfolgsquote ist dabei je nach Straftatbestand allerdings sehr unterschiedlich: Während es gelang, neun von 21 Fällen von “Störung der Totenruhe” aufzuklären, war es beim “Verwenden von Kennzeichen…” nur jeder zehnte Fall. Bei Sachbeschädigung liegt die Quote aufgeklärter Fälle bei gerade noch 2,4 Prozent.
    In den Fällen, die die Polizei bis einschließlich Januar 2024 aufklären konnte, wurden 112 Tatverdächtige ermittelt. Schaut man sich die Eckdaten dieser Menschen genauer an, so ist die überwiegende Mehrheit der Tatverdächtigen männlich (rund 87 Prozent) und deutscher Staatsbürger (rund 94 Prozent). Knapp die Hälfte der Tatverdächtigen – 52 von 112 – ist 31 Jahre oder älter.
    Als “Tatmittel” bezeichnet die Polizei die Gegenstände, mit denen eine bestimmte Straftat verübt wird. Das mit Abstand wichtigste Tatmittel in der KPMD-PMK heißt “Farbe/Markierungsgegenstand”. Damit gemeint sind etwa Spraydosen, Eddings und ähnliches, mit denen Parolen oder Zeichen geschrieben und gesprüht werden können. Bei den 1019 Straftaten aus dem Bereich "PMK rechts" wurden insgesamt 552 Mal Farben oder Stifte verwendet.
    Wenn man sich die Verteilung der rechten Straftaten auf die Bundesländer ansieht, so fällt auf: Mit 121 rechten Vorfällen seit 2019 liegen die thüringischen Gedenkstätten auf Platz 2 aller Länder, direkt hinter Nordrhein-Westfalen mit seiner mehr als achtmal so großen Bevölkerung.
    Betrachtet man die rechten Straftaten im Verhältnis zur Einwohnerzahl, dann weist Thüringen sogar mit Abstand die meisten rechten Vorfälle an Gedenkstätten aller Art auf, gefolgt von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

    NS-Gedenkstätte Buchenwald - ein besonderer Fall

    Schaut man sich die 121 Vorfälle in Thüringen genauer an, fällt auf, dass bei der Hälfte davon die Stadt Weimar als Tatort angegeben ist. Dort liegt unter anderem der historisch wohl bedeutendste Erinnerungsort in Thüringen: die KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Natürlich heißt Weimar nicht gleich Buchenwald, aber die Zahl ist ein starkes Indiz dafür, dass Buchenwald besonders stark im Fokus der Rechten steht.
    Das zeigen auch die Vorfälle, die die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora für die letzten Jahre selbst dokumentiert hat. Für 2019 gibt die Gedenkstätte 15 dokumentierte Vorfälle an, mindestens acht davon ordnet sie einem rechtsextremen Hintergrund zu.
    Im Jahr 2020 gehen diese Zahlen merklich zurück, wahrscheinlich weil während der Corona-Pandemie und den langanhaltenden und strikten Ausgangsbeschränkungen generell weniger Menschen die Gedenkstätte besuchten.
    Auch 2021 ist wegen Corona ein Ausnahmejahr – diesmal allerdings geht die Entwicklung in die entgegengesetzte Richtung: Die Gedenkstätte sieht sich Anfeindungen ausgesetzt “aus dem verschwörungsmythisch-coronaleugnend-rechtsextremen Spektrum”. Buchstäblich Hunderte Vorfälle auf allen Kanälen habe es gegeben.
    Während die Zahlen für 2020 und 2021 also die Ausnahmesituation der Pandemie abbilden, sieht es ab 2022 anders aus. In dem Jahr dokumentiert die Gedenkstätte Buchenwald mindestens 17 Vorfälle, bei acht davon geht sie von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Die Zahlen liegen damit auf dem Niveau von 2019 vor der Pandemie.
    Seitdem geht es steil bergauf: Im Jahr 2023 sind es schon 36 Vorfälle, davon 17 rechtsextreme – eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr. 2024 setzt sich dieser Trend bisher fort: Bis Mitte August zählen die MitarbeiterInnen der Gedenkstätte bereits 33 Vorfälle, davon 16 rechtsextreme. Damit könnte sich die Zahl der Vorfälle in diesem Jahr erneut nahezu verdoppeln.

    Abgleich mit staatlicher Statistik

    Die detaillierten Angaben, die uns aus Buchenwald vorliegen, haben wir mit den Daten der staatlichen Statistik des Bundeskriminalamts aus der Antwort auf die Kleine Anfrage abgeglichen. Mithilfe von Datum, Tatort und Sachverhalt sollten sich die von der Gedenkstätte beschriebenen Vorfälle ja auch in dieser Statistik leicht identifizieren lassen.
    Tatsächlich aber stellt sich heraus: Nur sechs der 17 rechtsextremen Vorfälle, die die Gedenkstätte im Jahr 2023 dokumentiert hat, tauchen auch in der Statistik der Polizei auf.
    Nun ist nicht bei allen Vorfällen, die die Gedenkstätte dokumentiert hat, ein direkter Bezug zu Buchenwald gegeben. Und nicht in allen liegt auch eine politisch motivierte Straftat vor, die im Kriminalpolizeilichen Meldedienst (KPMD-PMK) zwingend auftauchen müsste.
    In anderen Fällen aber eben schon: Etwa im Fall eines in einen Baum eingeritzten Hakenkreuzes; eines rechtsextremen Aufklebers; oder im Fall des Schülers, der den Hitlergruß zeigt. In all diesen Fällen hat die Gedenkstätte nach eigener Aussage auch Anzeige erstattet, der Polizei waren diese Taten also bekannt.
    Stimmt es, dass diese Vorfälle trotzdem nicht in der offiziellen Statistik auftauchen? Und wenn ja, wie kann das sein? Das Landeskriminalamt Thüringen bestätigt, die Fälle zu kennen. Die genannten Beispiele seien „alle polizeilich aufgenommen und in die Statistik der Politisch motivierten Kriminalität des Freistaats Thüringen eingegangen.“ Und dennoch tauchen sie in der Übersicht für das gesamte Bundesgebiet offenbar nicht auf. Wo also sind die Informationen hängengeblieben?
    Das zuständige Bundeskriminalamt sagt dazu auf Anfrage nicht viel, sondern teilt nur sehr allgemein mit: “Wir bitten um Verständnis, dass sich das Bundeskriminalamt nicht zu Ermittlungsverfahren bzw. zu der Frage, ob bestimmte Ermittlungsverfahren geführt werden, äußert.” Man verweist stattdessen an die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft.
    Am Vergleich der Daten von der Gedenkstätte Buchenwald einerseits und des KPMD-PMK andererseits zeigen sich die Schwierigkeiten, wenn es darum geht, rechtsextreme Vorfälle an Gedenkstätten zu dokumentieren: Nicht alles, was eine Gedenkstätte als Vorfall oder Angriff auffasst, ist auch strafrechtlich relevant. Und selbst was strafrechtlich relevant ist, muss nicht automatisch auch politisch motiviert sein. Und selbst was politisch motiviert ist, muss nicht zwangsläufig von der Polizei auch als “rechts” eingestuft werden.
    Insofern zeigt sich: Auch die vermeintlich unbestechlichen Zahlen von Bund und Ländern sind mit Vorsicht zu genießen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es bei Übergriffen an Gedenkstätten mit rechtem Hintergrund eine Dunkelziffer gibt.

    Der Fall Dresden-Großzschachwitz

    Diese These wird gestützt durch einen Fall aus dem Frühjahr 2024. In der Nacht vom 17. auf den 18. Februar kam es in Dresden-Großzschachwitz gegen ein Uhr nachts zu einem Brand, bei dem eine Industriebaracke abbrannte.
    Drei Dinge machen diesen Vorfall besonders: Bei dem Gelände, auf dem die jetzt ausgebrannte Baracke steht, handelt es sich erstens um ein ehemaliges KZ-Außenlager. Zweitens stellte sich heraus, dass das Feuer höchstwahrscheinlich absichtlich gelegt wurde: Die Polizei kam zu dem Schluss, Unbekannte hätten offenbar “diversen Unrat in Brand gesetzt”.
    Ganz besonders brisant aber ist der Fall, weil drittens eine Gruppe Dresdner Bürgerinnen und Bürger erst wenige Stunden zuvor in sozialen Netzwerken gefordert hatte, das ehemalige KZ-Außenlager als Gedenkort zu erhalten.
    Entsprechend prüft der Staatsschutz der Polizei in Dresden nach dem Brand, ob die Tat einen politischen Hintergrund haben könnte, kommt aber laut Staatsanwaltschaft zu dem Schluss: “Anhaltspunkte für einen politischen Hintergrund der Tat bestehen im Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen nicht.”
    Zwar handle es sich bei dem Gelände um ein ehemaliges KZ-Außenlager, allerdings sei der vor dem Eingang des Geländes stehende Gedenkstein unbeschädigt geblieben. Daher – so die unausgesprochene Schlussfolgerung der Staatsanwaltschaft – könne der Brand keinen politischen Hintergrund haben.

    Meldung ans BKA nur bei politischem Hintergrund

    Somit ist es auch nur logisch, dass dieser Fall nie im KPMD-PMK auftaucht. Die Polizei Dresden sagt dazu: “Im vorliegenden Fall wurde zwar richtigerweise der Staatsschutz hinzugezogen. Ein PMK-Bezug konnte allerdings nicht festgestellt werden, so dass folgerichtig keine entsprechende Meldung vorgenommen wurde.”
    Kein politischer Hintergrund, keine Meldung an das Bundeskriminalamt. Auch Zeugen oder Tatverdächtige konnten nicht gefunden werden. Im Endeffekt wurden die Ermittlungen daher “durch die Staatsanwaltschaft Dresden Anfang April 2024 eingestellt.” Die Wählerinitiative setzt sich dennoch weiter dafür ein, den Ort und das abgebrannte Gebäude zu erhalten und zu einem Gedenkort zu machen.

    Nimmt die Zahl der Übergriffe auf Gedenkstätten wirklich zu?

    Seitdem 2019 der KPMD-PMK um das Angriffsziel “Gedenkstätte” ergänzt wurde, zählt das Bundeskriminalamt im Schnitt rund 320 Angriffe pro Jahr auf ein wie auch immer geartetes Denkmal in Deutschland. Das ist fast ein Vorfall pro Tag.
    Betrachtet man nur die Taten, die das BKA als rechts motiviert einstuft, so kommt man auf einen Durchschnittswert von ca. 189 Taten pro Jahr – etwa jeden zweiten Tag greifen Rechte also eine Gedenkstätte in Deutschland an.
    Auf der anderen Seite sind diese Zahlen eben auch seit Jahren mehr oder weniger gleich hoch. Und damit scheinen sie auf den ersten Blick in Widerspruch zu stehen mit zahlreichen Presseberichten, Umfragen und Interviews, die in den vergangenen Monaten erschienen sind. Dort war ein spürbarer Anstieg von Übergriffen auf und eine zunehmende Bedrohung von KZ-Gedenkstätten konstatiert worden.
    Und sie scheinen in Widerspruch zu den selbsterhobenen Zahlen der KZ-Gedenkstätte Buchenwald zu stehen, wonach die Zahl rechter Vorfälle seit 2022 rasant ansteigt.

    Bundesinnenministerium sieht keinen Handlungsbedarf

    Zwar gibt es mögliche Erklärungen für diese vermeintlichen Widersprüche, restlos auflösen lassen sie sich aber nicht. Und das hat vor allem mit den verfügbaren Daten zu tun: Weil die Statistik alle Arten von Gedenkstätten in einen Topf schmeißt, ist es aktuell nahezu unmöglich, das Problem rechter Vorfälle an Gedenkstätten zahlenmäßig exakt zu fassen.
    Eine Verbesserung könnte darin bestehen, die Statistik anzupassen und Gedenkorte zum NS-Unrecht in Zukunft gesondert zu erfassen. Das aber hält das zuständige Bundesinnenministerium nicht für nötig: “Eine weitergehende Ausdifferenzierung des Oberangriffsziels ‘Gedenkstätte’ in Unterangriffsziele ist mit Blick auf die derzeitigen Fallzahlen aktuell nicht geplant. Eine automatisierte Auswertung nach ‘NS-Gedenkstätte’ ist somit nicht möglich.”
    Linken-Politiker Jan Korte, der die Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt hatte, hält das für ein Versäumnis und fordert schnelle Anpassungen von der zuständigen Innenministerkonferenz: Er erwarte, so Korte, dass “man noch in diesem Jahr zu einer differenzierten, aussagekräftigen Zählweise kommt, denn das ist die Grundlage für weitere politische, notwendige Entscheidungen.“