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NS-Raubkunst
Werke aus Wuppertaler Museen könnten in Gurlitt-Fund sein

Fein säuberlich sei die Beschlagnahmung von Bildern während der NS-Zeit im Inventarbuch registriert worden, sagt Gerhard Finckh, Direktor des Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum. Er will nun klären, ob einige der etwa 500 betroffenen Bilder in der Sammlung Gurlitt vorhanden sind.

Gerhard Finckh im Gespräch mit Karin Fischer |
    Karin Fischer: Der Fall Gurlitt hat nicht nur die Kultur-Koalitionsgespräche überschattet, er zeitigt auch täglich neue Meldungen. Heute diese: Das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum fordert als eines der ersten Museen Bilder aus der Sammlung Cornelius Gurlitts zurück. Dem entsprechenden Brief an die zuständige Staatsanwaltschaft in Augsburg liegt eine Liste mit rund 500 Werken bei, die die Nationalsozialisten 1937 im Zuge der Aktion "Entartete Kunst" in den Vorläuferinstitutionen des Von-der-Heydt-Museums beschlagnahmt hatten. Das waren der Kunstverein Barmen und der Museumsverein Elberfeld. Der Direktor des Von-der-Heydt-Museums, Gerhard Finckh, möchte jetzt erst mal erfahren, ob sich daraus Werke in der Sammlung Gurlitts wiederfinden.
    - Frage an Gerhard Finckh: Gibt es denn Indizien oder nur Vermutungen Ihrerseits über diese verbliebenen Bilder?
    Gerhard Finckh: Bis jetzt sind es nur Vermutungen, aber unserem Museum sind ungefähr 500 Werke damals enteignet worden. Und das kann sehr gut sein, dass das eine oder andere den Weg in die Sammlung Gurlitt gefunden hat. Und das würden wir dann doch ganz gerne wieder zurückhaben.
    Fischer: Wie hätte denn so ein Weg aussehen können?
    Finckh: Man muss sich vorstellen, dass das Von-der-Heydt-Museum vor 1937 eines der bedeutenden großen Museen für Gegenwartskunst war. Hier haben bedeutende Ausstellungen stattgefunden und es war auch eine große Sammlung. Und dann kamen irgendwelche vom Staat beauftragten Kommissare und haben in diesem Museum rund 500 Werke beschlagnahmt. Das wurde damals, wie das deutsche bürokratische Sitte ist, natürlich fein säuberlich registriert. Zum Beispiel wurden in unserem Inventarbuch die Werke ausgestrichen und daneben notiert "beschlagnahmt am soundsovielten". Das heißt, wir können genau rekonstruieren, welche Werke damals abhandengekommen sind. Und ich vermute mal, dass das eine oder andere vielleicht jetzt bei Herrn Gurlitt ist.
    Fischer: Nun scheint die Rechtslage ja geklärt, Cornelius Gurlitt dürfen die Bilder nicht weggenommen werden, weil die Nazis die Beschlagnahmung von sogenannter entarteter Kunst oder auch von Bildern aus jüdischem Besitz 1938 mit einem Gesetz legitimiert hatten. Und dieses Gesetz ist nach 1945 nie aufgehoben worden.
    Finckh: Ja. Es scheint ja so, als würde dieses Gesetz die Museen ins Visier nehmen. Hier bei uns handelt es sich zwar um das städtische Museum in Wuppertal-Elberfeld, aber eben auch um zwei Vereine, die betroffen waren: den Kunstverein Barmen und den Museumsverein in Elberfeld. Und diese beiden Vereine haben nach dem Zweiten Weltkrieg miteinander fusioniert zum Kunst- und Museumsverein, der noch heute existiert. Und als Geschäftsführer dieses Vereins beanspruche ich jetzt, falls da Eigentum dieser Vereine ist, dieses Eigentum zurück.
    Fischer: Man hat sich ja viel zu lange viel zu wenig um dieses Thema überhaupt gekümmert, sodass jetzt auch die bekannten Verjährungsfristen greifen. Sind diese beschlagnahmten Bilder "die letzten Geiseln des Zweiten Weltkriegs", wie Ronald Lauder das neulich beschrieben hat?
    Finckh: Ja, das ist natürlich eine kühne Formulierung, aber es ist natürlich tatsächlich so. Wir haben uns ja seit ungefähr 30 Jahren mit Restitutionsforderungen beschäftigt, mit Bildern, die wir an vormals jüdische oder andere Eigentümer zurückgeben mussten. Und jetzt bietet dieser Fall Gurlitt die Möglichkeit, die Sache noch mal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Wir sehen: Es hat eben auch innerhalb Deutschlands Kriegsgewinnler gegeben, Leute, die aus der Situation profitiert haben. Und da, glaube ich, ist es jetzt ganz spannend, dass die Museen ihrerseits vielleicht doch noch mal Ansprüche anmelden können. Oder zumindest die Vereine oder Privatpersonen, und dass man die Situation innerhalb Deutschlands noch mal neu klärt und beobachtet.
    Fischer: Das war Gerhard Finckh, Direktor des Von-der-Heydt-Museums in Wuppertal. Er fordert die Herausgabe von Bildern aus der Sammlung Gurlitt.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.