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NSA-Affäre
Jeden Tag Millionen Gesichter

Die "New York Times" hat den nächsten Baustein in der langen Kette der Snowden-Enthüllungen geliefert: Der Geheimdienst NSA sammelt demnach jeden Tag auch Millionen von Fotos aus aller Welt. Durchsucht werden dafür Mails, soziale Netzwerke und Videokonferenzen.

    Ein Bildschirm mit der Vorstufe einer Bildverschlüsselungssoftware, zu sehen ein Frauengesicht.
    Gesichter erkennen, Gesichter verschlüsseln: die NSA sammelt auch hier Millionen von Daten (picture-alliance / dpa / Ralf Hirschberger)
    Der einschlägige Artikel in der "New York Times" wurde unter anderem geschrieben von Laura Poitras. Die Dokumentarfilmerin beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Überwachung und NSA. Sie war es auch, die gemeinsam mit Glenn Greenwald den ersten Kontakt zu Edward Snowden in Hongkong hatte.
    Die neue Enthüllung betrifft nun das Thema "Gesichtserkennung". Die Dokumente von Edward Snowden belegen demnach, dass die NSA Millionen von Bildern sammelt, und zwar jeden Tag. Dahinter steckt eine Erweiterung des Recherche-Konzeptes der Behörde. So klingt das in einem Zitat von 2010, das die "New York Times" veröffentlicht:
    "Es geht uns nicht mehr nur um die traditionellen Kommunikationswege. Wir brauchen ein ganzes Arsenal an Vorgehensweisen, um all die Spuren auszubeuten, die eine Zielperson bei ihren regulären Aktivitäten im Internet hinterlässt."
    Richterliche Erlaubnis nötig
    Laura Poitras und Ko-Autor James Risen schreiben, man könne nicht genau sagen, wie viele Personen rund um den Globus betroffen seien, und insbesondere: wie viele Amerikaner. Die Gesetze böten jedenfalls bislang keinen spezifischen Schutz für Gesichts-Bilder.
    Die NSA selbst betrachtet Bilder als "Kommunikationsinhalt" und weist darauf hin, dass man daher eine richterliche Erlaubnis brauche, wenn man Fotos von Amerikanern sammeln wolle.
    Bürgerrechtler sorgen sich, dass mit dem Durchforsten von Bildern mit immer besserer Technik die Privatsphäre weiter eingeschränkt wird. Die "New York Times" zitiert zum Beispiel einen Forscher der "Carnegie Mellon University". Er sagt, Gesichtserkennung könne sehr "invasiv" sein, und die Technik werde hier immer besser.
    Probleme mit Bärten
    Ganz konkret haben die Programme zur Gesichtserkennung noch Probleme mit Bärten. Als Beispiel nennt die Zeitung das hauseigene Programm "Tundra Freeze", das die NSA zur Gesichtserkennung verwendet und beruft sich auf eine Power-Point-Präsentation von 2010. Darin wird berichtet, wie das Programm Fotos finden sollte, die zum Bild eines jungen Mannes mit dunklen Haaren und Bart passen. Heraus kamen 42 Treffer, darunter aber eindeutig auch andere Personen.
    Bei Osama bin Laden sei das auch passiert: Laut einem NSA-Dokument von 2011 wurde ein Gesichtserkennungssystem mit einem Bild des Al-Kaida-Chefs gefüttert. Unter den gefundenen Fotos waren auch vier bärtige Männer, die nur sehr entfernt an Bin Laden erinnerten.
    Doch, so die Zeitung, die Technik meldet auch Erfolge: In einem Fall erkannte ein Programm einen jungen Mann mit Glatze wieder, obwohl er auf anderen Bildern noch dichtes Haar und andere Kleidung trug.
    (jcs/swe)