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NSA-Affäre
No-Spy-Abkommen vor dem Aus

Laut Medienberichten droht das Anti-Spionage-Abkommen zwischen Berlin und Washington zu scheitern. Die Opposition kritisiert die Regierung, Kanzlerin Angela Merkel bemüht sich weiter um das Abkommen.

    Angela Merkel sitzt auf der Regierungsbank im Bundestag
    Angela Merkel im Bundestag (dpa / picture-alliance / Maurizio Gambarini)
    Millionenfache Ausspähung von Telefonverbindungen, abgefangene E-Mails ohne begründeten Verdacht - bis zu den Telefonaten der Kanzlerin reichte die Neugier des US-Geheimdienstes NSA. Um die Verärgerung auf deutscher Seite zu dämpfen, erklärten sich die USA zu einem Geheimdienstabkommen bereit. Doch nach Medienberichten drohen die Verhandlungen zu scheitern.
    Die "Süddeutsche Zeitung" und der NDR berichten übereinstimmend, es gebe auf deutscher Seite kaum noch Hoffnung auf eine Vereinbarung. "Wir kriegen nichts", zitiert die SZ aus deutschen Verhandlungskreisen. Demnach verweigert Washington sogar die Zusage, künftig keine deutschen Regierungsmitglieder und politischen Amtsträger mehr abzuhören. Auch wollten die USA nicht mitteilen, seit wann das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört wurde. Forderungen des Verfassungsschutzes, deutschen Experten Zutritt zu einer vermuteten Abhörstation in der US-Botschaft in Berlin zu gewähren, seien ebenfalls zurückgewiesen worden.
    Nach Angaben von Angela Merkel bemühen sich die USA und die Bundesrepublik jedoch weiterhin um ein Abkommen als Konsequenz aus der NSA-Affäre. "Die Gespräche werden fortgesetzt", sagte Merkel nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion in Berlin. Es müssten aber Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt werden. Für die Bundesregierung gelte weiterhin, dass die USA auf deutschem Boden deutsches Recht einhalten müssten.
    SPD-Politiker Hartmann: "Ihr habt den Knall nicht gehört!"
    Der SPD-Politiker Michael Hartmann konnte die Medienberichte über ein Scheitern des Abkommens nicht bestätigen. Im Deutschlandfunk verwies der innenpolitische Sprecher seiner Partei auf eine Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am kommenden Donnerstag, von dem er weitere Informationen erwartet. "Ich hoffe, das trifft alles nicht zu. Wenn es doch zutrifft, kann man in Richtung USA nur ausrufen: Ihr habt den Knall nicht gehört!" Das dürfe sich die Regierung nicht bieten lassen. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele kritisierte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur den Stand der Verhandlungen: "Wir kommen keinen Schritt weiter, weil die Bundesregierung in den USA viel zu zaghaft Antworten einfordert."
    Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl meinte dagegen im Deutschlandfunk, es sei "schon etwas naiv", auf ein Abkommen zu bauen, das keine Sanktionen bei einem Verstoß ermögliche.
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte an, die Freiheit der Kommunikation im Internet zu einem Arbeitsschwerpunkt zu machen. Bei allen Angriffen auf das Netz, ob staatlich oder privat, gehe es "stets um Eines: den Schutz des Netzes und damit den Schutz der Bürgerinnen und Bürger für ihre Kommunikation", sagte er nach einem Treffen mit den Spitzen der deutschen Sicherheitsbehörden in Berlin.
    Warten auf Obamas Erklärung
    Vertreter der US-Regierung hatten die Hoffnungen auf eine Vereinbarung bereits seit einiger Zeit gedämpft. Die "New York Times" berichtete im Dezember, die Sicherheitsberaterin von Präsident Barack Obama, Susan Rice, habe Berlin wissen lassen, dass man auf keinen Fall einen Präzedenzfall schaffen wolle. Man wolle verhindern, dass eine Sonderbehandlung für Deutschland auch bei anderen Ländern Begehrlichkeiten wecke. US-Präsident Obama will in dieser Wochen Einzelheiten seiner Reform der Geheimdienste bekannt geben.
    Spaniens Regierungschef zufrieden mit Erläuterungen der USA
    In Spanien hält Regierungschef Mariano Rajoy die bisherigen Erläuterungen der USA zu den Spähprogrammen des Geheimdienstes für ausreichend. Sein Land habe eine "zufriedenstellende" Erklärung erhalten, sagte Rajoy nach einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama in Washington. Die Regierungen beider Länder hätten sich in dieser Angelegenheit "vollständig" beraten. Angela Merkel wird in den kommenden Monaten in die USA reisen, um mit US-Präsident Obama auch über den Abhörskandal zu sprechen. In der vergangenen Woche hatte sie eine Einladung Obamas angenommen.