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NSA-Ermittlungsbeauftragter
SPD-Obmann nennt Bedingungen

Der SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Christian Flisek, hat Bedingungen an die Ernennung eines Ermittlungsbeauftragten zur Überprüfung der NSA-Spähliste geknüpft. Die Person müsse vom Untersuchungsausschuss bestimmt werden, sagte Flisek im Deutschlandfunk.

Christian Flisek im Gespräch mit Bettina Klein |
    Christian Flisek spricht im Bundestag in eine Reihe von Mikrofonen von Rundfunksendern.
    Der SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Flisek. (imago / Martin Müller)
    Der Ermittlungsbeauftragte müsse vom NSU-Untersuchungsausschuss bestimmt werden, forderte der SPD-Politiker Christian Flisek im DLF. Das Gremium müsse außerdem die Fragen festlegen, die Gegenstand der Untersuchung sein sollten. Anschließend müsse der Beauftragte das Parlament umfassend unterrichten. Flisek betonte, dass das Aufklärungsinteresse des Parlaments beachtet werden müsse. Sollte der Untersuchungsausschuss mit dem Ergebnis der Ermittlungen nicht zufrieden sein, behalte man sich weitere Schritte vor.
    Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR will das Bundeskanzleramt die umstrittene Selektorenliste nicht an Gremien des Bundestags weitergeben, sondern nur an einen Ermittlungsbeauftragten.

    Das Interview in voller Länge:
    Bettina Klein: Das Parlament, jedenfalls die Opposition möchte eigentlich Einblick nehmen in jene Liste der Suchbegriffe, die angeblich oder tatsächlich im Auftrag der NSA durch den BND zumindest überprüft, wenn nicht überwacht werden sollte. Die Bundesregierung wollte dies gern im Einvernehmen mit den USA regeln, was offenbar nicht so richtig möglich ist, da man diese Ziele nicht offenlegen möchte. Als Kompromiss erschien dann der Bundesregierung offenbar, einen Beauftragten zu ernennen, der diese Liste zu sehen bekommt, um dann das Parlament zu informieren. Die Opposition sieht sich um ihre Rechte betrogen, nachdem solche Art Details via Medien immer mehr der Öffentlichkeit zugespielt wurden. Am Telefon ist jetzt Christian Flisek, Obmann der SPD im NSA-Untersuchungsausschuss. Ich grüße Sie.
    Christian Flisek: Guten Tag, Frau Klein.
    Klein: Herr Flisek, die SPD zögert noch. Weshalb?
    Flisek: Die SPD zögert nicht. Die SPD hat seit Langem klar gemacht, dass wir in einem geeigneten Verfahren das Aufklärungsinteresse des Untersuchungsausschusses realisiert bekommen wollen. Wir haben einen klaren Auftrag. Der Ball liegt jetzt im Feld des Bundeskanzleramtes und wir warten dort auf einen Vorschlag. Ich habe noch keinen auf dem Tisch.
    Klein: Gut. Und wenn es so kommt, wie wir es jetzt hören, dass ein Ermittler von der Regierung beauftragt wird, der dann als einziger Einsicht nehmen wird, macht die SPD da mit?
    Flisek: Ich sage mal ganz deutlich, wir haben Bedingungen, weil wir haben es hier mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu tun. Wenn man sich auf eine solche Vertrauensperson verständigen sollte, wenn das ein Vorschlag ist des Bundeskanzleramtes - das ist ja erst mal die Voraussetzung, dass wir einen Vorschlag bekommen -, dann hängt das davon ab, dass wir als Parlament im Untersuchungsausschuss die Person bestimmen. Die Frage, wer ist das, wird vom Parlament bestimmt. Dass auch die Fragen für den Ermittlungsauftrag vom Untersuchungsausschuss bestimmt werden und schließlich es auch der Untersuchungsausschuss ist, der dann anschließend nach diesen Ermittlungen durch diese Person umfassend unterrichtet wird in einer Sitzung des Untersuchungsausschusses, wenn notwendig auch in mehreren Sitzungen, und Sie wissen, wie das verläuft, da wird das verläuft, da wird es Fragen geben, und genauso kann man sich das vorstellen. Aber das sind drei glasklare Bedingungen. Und ich sage noch dazu: Sollte das Ergebnis so sein, dass man dann sagt, wir haben jetzt mit einem solchen Ermittlungsbeauftragten nicht ausreichend ermittelt, sondern wir haben Anlass, aufgrund dieses Ergebnisses weiter nachzuhaken, dann behalten wir uns selbstverständlich vor, weitere Schritte auch zu gehen.
    "Die Bedingung ist, dass das Parlament die Person bestimmt"
    Klein: Um sicherzustellen, dass wir alle das richtig verstanden haben. Die SPD wäre aber zunächst mal damit einverstanden, dass eine solche Person auf Vorschlag und Entscheidung der Bundesregierung ernannt wird und dann die Arbeit aufnimmt, und das Parlament bei der Frage, wer ist das, zunächst mal nicht mitredet?
    Flisek: Noch mal, Frau Klein, ich betone: Die Bedingung ist, dass das Parlament die Person bestimmt. Wer das zu sein hat, hat das Parlament zu bestimmen. Genauso wie die Fragen, die Gegenstand der Untersuchungen sein sollen, die bestimmt das Parlament. Wir haben diese Situation doch deswegen - ich meine, da muss man ja nicht lange drum herumreden -, weil wir völkerrechtliche Verträge mit den Amerikanern haben, Geheimhaltungsvereinbarungen, und dass es sich bei diesen Suchbegriffen, so brisant und wichtig sie für unsere Arbeit sind, um solche geheim zu haltenden Tatsachen handelt. Und die können einfach jetzt nicht mal in die Öffentlichkeit gezerrt werden, sondern wir müssen hier ein Verfahren finden, das geeignet ist, die wichtigen transatlantischen Beziehungen nicht nachhaltig zu beschädigen, aber auf der anderen Seite dem wichtigen Aufklärungsinteresse des Parlaments auch Genüge zu tragen. Und wenn diese Bedingungen, die ich Ihnen gerade genannt habe, allesamt erfüllt sind, dann kann dies ein solcher erster Schritt sein. Aber wie gesagt: Voraussetzung dafür ist erst einmal, dass ein geeigneter Vorschlag vom Bundeskanzleramt uns im Parlament gemacht wird. Das ist derzeit nicht der Fall.
    Klein: Herr Flisek, ich bitte auch ein bisschen um Verständnis dafür, dass wir im Detail über Verfahrensfragen im Augenblick sprechen, weil ja teilweise auch gesagt wird, wenn das so kommt, wie es jetzt gerüchteweise reportiert wird, dass nämlich die Bundesregierung darüber bestimmt, dann seien Grundlagen des Parlamentarismus infrage gestellt. Wenn ich es richtig verstanden habe: Das Parlament muss entscheiden, aber nicht in Gänze, sondern diese Entscheidung sollte dann getroffen werden vom Untersuchungsausschuss, oder von welchem Ausschuss?
    Flisek: Natürlich vom Untersuchungsausschuss. Der ist ja vom Parlament insgesamt mit dem Auftrag versehen worden, sich um diese Fragen entsprechend umfassend zu kümmern, und es wäre der Untersuchungsausschuss, gegebenenfalls noch das Parlamentarische Kontrollgremium, das diese Entscheidung zu treffen hat.
    Flisek spricht sich für eine Lösung vor der Sommerpause aus
    Klein: Und Sie gehen davon aus, dass es da innerhalb der Bundesregierung, an der Sie ja beteiligt sind als SPD, eine Einigung gibt? Oder kann es sein, dass dann doch aus dem Kanzleramt eine Entscheidung kommt, dieser oder jener wird ernannt? Was dann?
    Flisek: Na ja, Sie sehen ja, dass die Frage nicht so einfach ist, sondern dass es eine sehr komplexe Fragestellung ist. Es werden viele Gespräche geführt, sehr viele vertrauliche Gespräche. Man ist bemüht, hier möglichst zügig und schnell eine Lösung zu entwickeln. Ich halte das auch für richtig, dass man das tut, weil jeden Tag, wo dieser Zustand, wo diese massiven Vorwürfe, die ja undementiert jetzt im Raum stehen, solange diese Vorwürfe jeden Tag weiter herumwabern, ist es ein schlechter Tag. Es ist ein schlechter Tag für uns, weil wir nicht wissen, was in diesen Selektorenlisten steht. Es ist ein schlechter Tag für die deutsche Wirtschaft, weil der Vorwurf der Wirtschaftsspionage im Raum steht. Es ist schlecht für den Bundesnachrichtendienst, weil in der Öffentlichkeit angezweifelt wird, dass er hier sich rechtswidrig verhalten hat. Und es ist auch schlecht für die transatlantischen Beziehungen, und deswegen müssen wir hier jetzt zügig eine Lösung entwickeln. Und ich gehe davon aus, dass dies vor der Sommerpause stattfindet, und damit das auch realisiert werden kann, brauchen wir einen Vorschlag, spätestens Mitte nächster Sitzungswoche durch das Bundeskanzleramt.
    Klein: Ihr Appell, dass da zügig eine Lösung kommen muss, ist jetzt, glaube ich, angekommen. Ich darf noch mal fragen nach einem Bericht, der auch noch im Raum steht, dass nämlich die SPD möglicherweise einverstanden wäre, wenn jetzt auch die Opposition einen zweiten weiteren Beauftragten ernennen würde. Oder ist das ein Gerücht?
    Flisek: Nun ja, wir sind uns im Untersuchungsausschuss darüber einig, dass wir dann besonders stark sind, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Das ist das Entscheidende. Ich nehme allerdings auch wahr, dass die Opposition natürlich dieses Thema derzeit nicht mitgehen möchte. Ich rate allerdings auch der Opposition davon ab, hier eine Totalblockade zu machen, und ich kann mir alle Verfahren vorstellen, die dazu führen, dass man hier gemeinsam an einem Strang zieht, Koalitionsparteien und Opposition. Wenn wir dahin kommen, das wäre besonders gut.
    Klein: Was meinen Sie mit Totalblockade? So wie wir es verstanden haben, wird von der Opposition vor allen Dingen gefordert, dass dieser Ermittler nicht von der Bundesregierung alleine ernannt wird, sondern dass das Parlament da mitredet.
    Flisek: Das ist ja genau das, was ich Ihnen gesagt habe. Ich habe gesagt, unsere Bedingung als SPD ist es, dass wir im Untersuchungsausschuss den Namen der Person bestimmen, die als Ermittlungsbeauftragter in Betracht kommt. Aber ich vernehme die Opposition, insbesondere die Grünen derzeit so, dass sie das per se nicht mitgehen wollen. Ich kann mir momentan nicht vorstellen, wie wir ansonsten möglichst schnell in der Sache weiterkommen, und das ist mein vordringlichstes Interesse. Wir können hier nicht auf das Ergebnis eines Urteils in Karlsruhe warten, das geht monatelang, vielleicht sogar jahrelang. Wir müssen diese massiven schwerwiegenden Vorwürfe, die im Raum stehen, so schnellst wie möglich aufklären und da brauchen wir jetzt ein geeignetes Verfahren.
    "Es ist jetzt der Ball im Spielfeld des Bundeskanzleramtes"
    Klein: Was spricht dagegen, dass man den Untersuchungsausschuss oder auch das Parlamentarische Kontrollgremium Einblick in diese Listen gewährt?
    Flisek: Es gibt immer wieder verschiedene Graustufen selbstverständlich zwischen den einzelnen Verfahren, die möglich sind. Das haben wir auch immer betont. Es gibt auch das Treptow-Verfahren. Das ist alles dem Bundeskanzleramt bekannt. Ich bleibe dabei: Es ist jetzt der Ball im Spielfeld des Bundeskanzleramtes und ich erwarte, dass jetzt vor der Sommerpause eine belastbare Entscheidung getroffen wird, sodass wir auch - wir müssen ja die Vorbereitungen treffen, die Person muss ja benannt werden, das muss ja alles vor der Sommerpause passieren. Da ist absolut: Spätestens nächste Sitzungswoche muss hier diese Entscheidung getroffen werden, weil ich ansonsten nicht sehe, wie wir ansonsten vor der Sommerpause hier weiterkommen wollen, und ich halte es für unerträglich, wenn das über die Sommerpause so weiterlaufen würde.
    Klein: Wer soll Einblick bekommen in die Selektorenlisten und wer soll darüber entscheiden, wer Einblick nimmt - das war heute Mittag im Deutschlandfunk die Haltung der SPD dazu. Wir hörten Christian Flisek, Obmann seiner Fraktion im NSA-Untersuchungsausschuss. Danke für das Gespräch, Herr Flisek.
    Flisek: Danke, Frau Klein.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.