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NSA
Merkel war offizielles Spionageziel

Der US-Geheimdienst NSA hat mehr als 300 nachrichtendienstliche Berichte über Angela Merkel gespeichert. Das geht dem "Spiegel" zufolge aus Unterlagen des Informanten Snowden hervor. Auf einer Art Ranking der NSA-Spionageziele rangiert die Kanzlerin demnach im Mittelfeld.

Von Stefan Maas | 29.03.2014
    Wieder hat der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden sein Archiv geöffnet. Und Einblick gegeben in ein weiteres Kapitel der Überwachungsarbeit des US-Geheimdienstes NSA. Mehr als 300 nachrichtendienstliche Berichte über die Bundeskanzlerin soll der Nachrichtendienst gespeichert habe, schreibt der "Spiegel" nach einem Blick auf das Dokument. Angela Merkels Name tauche auf der Liste neben dem von 121 Staats und Regierungschefs auf, über die die NSA im Mai 2009 Daten sammelte. Die Liste belege, so der "Spiegel", dass die Kanzlerin offiziell als Spionageziel erfasst war und die NSA über sie nachrichtendienstliche Erkenntnisse sammelte. Für Konstantin von Notz, den stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen Bundestagsfraktion, ist die allein Tatsache, dass es Berichte über die Bundeskanzlerin gab, wenig überraschend:
    "Denn Regierungen fertigen solche Einschätzungsberichte über andere Staatschefs an. Und jetzt wäre es interessant zu wissen, wenn es dreihundert von Frau Merkel gibt, wie viele es denn von Sarkozy gibt oder wie viele es von Tony Blair gab, um da einen Vergleich zu bekommen. Wenn die über Sarkozy nur fünf Berichte haben und über Merkel 300, dann würde man sagen, okay, hier stimmt etwas nicht."
    Auf einem Ausschnitt der Liste, die der "Spiegel" im Netz veröffentlicht hat, liegt Merkel mit ihren mehr als 300 Berichten im Mittelfeld. Zwischen dem weißrussischen Präsidenten, über den mehr als 50 Berichte gesammelt wurden, und dem syrischen Präsidenten, der auf mehr als 800 Berichte kommt. Es sei auch wichtig, was in den Berichten drinstehe, und aus welchen Quellen es sich speise.
    Obama will NSA-Aktivitäten zügeln
    Auch der CDU-Bundestags-Abgeordnete und OB-Mann im NSA-Untersuchungsausschuss, Patrick Sensburg, hätte sich angesichts des nächste Woche beginnenden Untersuchungs-Ausschusses mehr gewünscht als einen weiteren Medienbericht: "Es macht keinen Sinn, häppchenweise Erkenntnisse, die nicht überprüfbar sind, über die Presse zu erfahren. Sondern wir müssen uns mit den Originaldokumenten auseinandersetzen können, müssen sie bewerten, müssen sie auch auf Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen können. Und das findet hier gerade nicht statt."
    Bislang gebe es vonseiten Edward Snowdens keine Signale den Politikern Einblick in seine Dokumente zu ermöglichen. Interessant ist die Liste auch für die Bundesanwaltschaft, die in den kommenden Tagen entscheiden will, ob sie wegen des Verdachts auf Spionage ein Ermittlungsverfahren einleitet.
    Indizien für Spionagetätigkeiten liefert laut dem "Spiegel" auch ein Bericht der Abteilung "Special Sources Operations" vom März 2013. Das Magazin schreibt, laut Bericht autorisierte das für die Anträge des Geheimdienstes zuständige Sondergericht die NSA noch am 07. März 2013, Deutschland zu überwachen. Diese anlasslose Massenüberwachung sei das eigentliche Problem, sagte der grüne Konstantin von Notz. Auch die Ankündigung von US-Präsident Obama vom vergangenen Donnerstag, die Spähaktivitäten der NSA einschränken zu wollen, änderten daran nicht viel, denn das gelte nur für die Daten von US-Bürgern.
    Der Präsident hatte erklärt, zukünftig sollten Telefondaten nicht von der NSA selbst gespeichert werden, sondern von den Telefonanbietern für 18 Monate. Die NSA bräuchte dann einen Gerichtsbeschluss, um Daten zu durchsuchen.