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NSA-Skandal hilft Piraten nicht

Die Überwachungs- und Spionageaffäre der NSA hätte die Piraten ins Blickfeld der Wähler rücken können, doch in den aktuellen Umfragen liegt die Partei bei gerade einmal zwei bis vier Prozent. Für Parteichef Bernd Schlömer ist das aber kein Grund zu verzweifeln.

Von Falk Steiner |
    "Jetzt bin ich natürlich gefordert als Vorsitzender, soll die Partei erklären, möglichst in einfachen Worten, viele Menschen sagen, dass das Parteiprogramm der Piratenpartei sehr kompliziert sei, sehr komplex sei, und das ist immer eine Herausforderung, ob man im Süden oder im Norden ist."

    Bernd Schlömer sitzt auf einer Holzbank vor dem Gemeinschaftshaus Falkenfeld in einem Lübecker Wohngebiet. Den 42-jährigen Piratenchef bringt nichts so schnell nichts aus der Ruhe. Auch jetzt nicht, wo es die Umfragen nicht gut mit seiner Partei meinen. In Lübeck sind viele der Wahlkampfplakate der Piraten schon verblichen. Die Druckerei hat den UV-Schutz vergessen.

    Im Wahlkampfendspurt noch mal alles geben? Schlömer ist aktiv, wenn man ihn lässt - und er Zeit findet. Von 9 bis 15 Uhr muss er arbeiten, als Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium. Dort ist der studierte Kriminologe zuständig für die Bundeswehruniversitäten in Hamburg und München. Der Wahlkampf findet für ihn nach dem Feierabend statt. Extra dafür freinehmen? Nein, das will Schlömer nicht. Bis zur Wahl komme er mit seinem Überstundenkonto noch ganz gut hin:

    "Ich bin jetzt heute in Lübeck, am Sonntag war ich in Düsseldorf, dann war ich am Samstag in München und Freitag in Koblenz."

    Nein, sollten die Piraten es nicht in den Bundestag schaffen, werde er nicht am Wahlabend zurücktreten, sagt Schlömer. Einige Vorstandsmitglieder haben ihren Rückzug beim nächsten Parteitag der Piratenpartei in Bremen im November bereits angekündigt, einer will dann lieber wieder Fußballschiedsrichter sein. Schlömer will noch nicht sagen, ob er weitermachen will. Aber es klingt nicht so.

    In Lübeck soll er zum Überwachungsskandal reden. Schlömer ist mit der Bahn gekommen, 2. Klasse. Vor zwei Wochen war Angela Merkel hier, mit dem Hubschrauber. Auf dem Marktplatz hat sie vor 2000 Menschen gesprochen. Auf Bernd Schlömer warten im Gemeinschaftshaus Falkenfeld 23 Interessierte - viele davon selbst Piraten. Oliver Grube kandidiert auf Platz zwei der Landesliste in Schleswig-Holstein für den Bundestag. Er ist froh über prominente Unterstützung:

    "Bernd Schlömer ist jederzeit, bei jeder Piratenveranstaltung ein gern gesehener Gast, er hilft uns ja, weil er auch - blöderweise in der Politik braucht man Galionsfiguren, und in dem Sinne auch eine Galionsfigur für uns ist - obwohl wir eigentlich eine Partei sind, die eigentlich mehr die Themen nach vorne bringen will, die gar nicht so viel Aufmerksamkeit, so viel Wert auf Köpfe legt, muss man sich auch der Realität stellen und da ist Bernd Schlömer auf jeden Fall ein guter Kopf, den wir nach vorne stellen können."

    Grube erklärt den Besuchern in Lübeck, wie PRISM, TEMPORA und Co funktionieren, warum die Politik darauf unzureichend reagiere. Manchmal ist er bei seiner Kritik an der Regierung nicht ganz exakt. Dann heben sich Bernd Schlömers Augenbrauen. Bei den Besuchern kommt der Vortrag an, Datenschutz und Technologie gelten als Kernkompetenz der Piraten, auch wenn ihr Programm inzwischen weit mehr umfasst. Trotzdem, beim Wähler scheinen sie damit nicht recht zu punkten. Ein Computerspezialist, kein Pirat, ist selbst auch noch unentschieden, ob er die Piraten wählen will. Doch den Auftritt hier in Lübeck fand er schon mal ganz gut:

    "Muss ich schon sagen, ja. Wobei man natürlich gucken muss, dass es natürlich auch außerhalb des IT-Bereichs natürlich auch Themen gibt, die auch abgehandelt werden müssen. Hat mich schon noch ein bisschen positiv bestärkt, aber ist halt immer noch nicht entschieden."

    Zwei Wochen noch bis zur Bundestagswahl. In Berlin haben am Wochenende Tausende gegen Überwachung demonstriert:

    "Wer sich vor Konsequenzen drückt, statt die Geheimdienste stärker zu kontrollieren und wer immer noch nicht genug hat und weiter auf Vorratsdatenspeicherung setzt, für den sehen wir nur eins vor: Wir wählen ihn ab."

    Auch Bernd Schlömer ist mit dabei, im FC St. Pauli-T-Shirt. Die Demonstration in Berlin lässt ihn aufatmen - dass die Bundestagswahl für die Piraten womöglich doch nicht zum Desaster wird. Bernd Schlömer:

    "Ich denke mal, dass wir mehrere Hundert Piraten vor Ort haben, vielleicht auch tausend. Es sind überall Piratenfahnen zu sehen und es ist ein starkes Signal unserer Partei."

    Piraten, Grüne, Linke, Junge Liberale sind da. Dazu viele, die sich keiner Partei zuordnen wollen. Hier ist Schlömer nur einer von vielen Piraten. In der Hauptstadt hat der Parteivorsitzende keinen einzigen Auftritt im Straßenwahlkampf, der Landesverband will es so. Themen statt Köpfe: das Motto der Piratenpartei. Und wenn Köpfe, dann bloß nicht Einzelne. Cornelia Otto, Spitzenkandidatin der Piraten in Berlin:

    "Das ist ja unser Prinzip, Dezentralität ist eine unserer Kernideen. Insofern ist das eigentlich auch im Wahlkampf selbstverständlich, dass wir das auf ganz viele Köpfe verteilen die Themen. Und das funktioniert bisher sehr, sehr gut."

    Die Umfragen zeichnen ein anderes Bild: Die Piraten haben es nicht geschafft, im Überwachungsskandal mit politischen Konzepten zu punkten. Dennoch: Wunder sind möglich. Das ist die Hoffnung von Bernd Schlömer:

    "Also in Bayern werden wir fünf Prozent erreichen und im Bund sechs Prozent, also ich bin sehr zuversichtlich."

    Damit es nach dem Feierabend auch mit den Piraten weitergeht.


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    Der Bundesvorsitzende der Piratenpartei: Bernd Schlömer
    Der Bundesvorsitzende der Piratenpartei: Bernd Schlömer (picture-alliance / dpa)