Nach Auffassung des US-Bundesgerichts in Washington verstößt die Datenüberwachung der NSA gegen den in der Verfassung verankerten Schutz der Privatsphäre der US-Bürger. In einer fast 70-seitigen Erklärung kritisierte das Gericht die millionenfache Sammlung von US-Kommunikationsdaten mit ungewöhnlicher Schärfe.
Wörtlich sagte Richter Richard Leon: "Ich kann mir keine rücksichtslosere und willkürlichere Invasion als diese Speicherung persönlicher Daten von praktisch jedem einzelnen Bürger ohne vorherige richterliche Erlaubnis vorstellen." Die Regierung von US-Präsident Barack Obama hatte stets betont, das Vorgehen der Praxis stehe im Einklang mit der Verfassung.
Richter: Datensammlung hat noch keinen Angriff verhindert
Zudem äußerte der Richter Zweifel an der Effektivität des Ausspäh-Programms: "Die Regierung führt nicht einen einzigen Fall an, in dem Analysen massenhafter NSA-Datenspeicherung tatsächlich einen unmittelbar bevorstehenden Angriff stoppte."
Ein Ende der weltweit kritisierten Überwachung der NSA ist nach dem Richterspruch jedoch nicht in Sicht. Denn das Urteil ist zunächst nur vorläufig. So erklärte das Gericht zwar, eine Klage gegen die Datensammlung habe "eine erhebliche Wahrscheinlichkeit auf Erfolg". Doch zugleich hieß es, man rechne damit, dass die Regierung Einspruch erhebe. Es stünden "erhebliche nationale Sicherheitsinteressen auf dem Spiel".
Enthüller Edward Snowden begrüßt das Urteil
Ein Sprecher des Justizministeriums verteidigte das NSA-Programm als verfassungsgemäß, was auch andere Richter zuvor entschieden hätten. Das Weiße Haus erklärte, man wolle das Urteil zunächst prüfen. Der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden begrüßte die Entscheidung der Richter. "Ich habe aus dem Glauben heraus gehandelt, dass die Massenüberwachung der NSA einer Verfassungsprüfung nicht standhalten würde", sagte er in einer Erklärung, die in der "New York Times" veröffentlicht wurde. "Heute ist ein von einem Geheimgericht erlaubtes Geheimprogramm als Verletzung der Rechte von Amerikanern entlarvt worden. Es ist das erste von vielen."
Die Klage vor dem US-Bundesgericht in Washington bezieht sich auf eine der ersten Snowden-Enthüllungen von Anfang Juni. Damals hatte die britische Zeitung "The Guardian" einen geheimen US-Gerichtsbeschluss veröffentlicht, in dem die Mobilfunkfirma Verizon verpflichtet wurde, für einen Zeitraum von drei Monaten Informationen zu allen Telefonaten ihrer mehr als 120 Millionen Kunden an die Behörden zu geben.