Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), fordert, dass Generalbundesanwalt Harald Range die Ermittlungen in der NSA-Affäre wieder aufnimmt. Der Generalbundesanwalt müsse sofort Untersuchungen aufnehmen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, sagte der Linkspolitiker der "Berliner Zeitung".
Hahn kritisiert Verfassungsschutz
Range hatte Mitte Juni die Ermittlungen zu dem mutmaßlichen US-Lauschangriff auf das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eingestellt. Der Vorwurf lasse sich nicht gerichtsfest beweisen, begründete seine Behörde die Entscheidung. Linkspolitiker Hahn sagte nun: "Alle Zusicherungen, man spioniere nicht gegen Deutschland, waren offenbar falsch". Das Bundesamt für Verfassungsschutz sei seinem Auftrag zur Spionageabwehr augenscheinlich nicht nachgekommen.
"Und wenn die Telefonnummern der Ministerien in den Selektoren der NSA enthalten sind, dann wäre ja mit Hilfe des BND Spionage gegen die eigene Regierung betrieben worden", fügte Hahn mit Blick auf neue Enthüllungen von Wikileaks hinzu. Es gehe um politische Spionage, die strafbar sei.
Die NSA hat laut auf der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichten Dokumenten auch 69 Telefonanschlüsse von deutschen Regierungsmitgliedern und deren Mitarbeitern abgehört. Unter den Spionagezielen waren demnach die Bundesministerien für Wirtschaft, Finanzen und Landwirtschaft. Außerdem soll es Dokumente über aufgezeichnete Telefonate Merkels geben. Als Reaktion auf die Enthüllungen bat die Bundesregierung den US-Botschafter in Deutschland, John B. Emerson, zu einem Gespräch ins Kanzleramt.
Der SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags, Christian Flisek, sagte, die jüngsten Enthüllungen seien wohl nur die Spitze des Eisbergs. Die Kanzlerin müsse für Aufklärung sorgen. Grünen-Obmann Konstantin von Notz warf der Regierung und speziell Merkel vor, Aufklärung zu sabotieren.
Lafontaine: "Es wird viel gelogen"
Der ehemalige Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine warf den USA Wirtschaftsspionage vor. "Es geht um Wirtschaftsspionage. Das wird zwar öffentlich bestritten, aber es wird ja auch viel gelogen", sagte der heutige Linke-Politiker der "Saarbrücker Zeitung".
Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) sagte in stundenlanger Befragung vor dem NSA-Ausschuss in der Nacht zu Freitag aus, er habe viele Details der Datenspionage nicht gekannt. Fehler will Pofalla nicht gemacht haben. Die Befragung entglitt immer wieder in Wortgefechte mit den Ausschuss-Mitgliedern der SPD und der Opposition. "Wenn Sie den Ton etwas verändern, bekommen Sie von mir auch vernünftige Antworten", sagte Pofalla am späten Donnerstag etwa der Linken-Obfrau Martina Renner. Den SPD-Obmann und Juristen Christian Flisek griff er persönlich an: "Im Gegensatz zu Ihnen habe ich 20-jährige Anwaltserfahrung."
(fwa/jan)