SPD-Chef Sigmar Gabriel verschärfte am Wochenende den Ton gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Wir müssen den Verdacht, dass der BND den amerikanischen Diensten beim Ausforschen deutscher Unternehmen geholfen hat, schnellstens ausräumen. Das wäre eine Staatsaffäre." Der Vize-Kanzler forderte von der Bundesregierung Rückgrat im Umgang mit den Listen von US-Spähzielen. Aus Sicht der SPD sollten diese notfalls auch gegen den Willen der Amerikaner freigegeben werden: "Da muss man als Bundesregierung auch mal Rückgrat zeigen." Gabriel verlangte zudem eine rasche Klärung des Verdachts auf Wirtschaftsspionage.
Union kritisiert "Antiamerikanismus"
Die Union kritisierte die Wortwahl der Koalitionspartners scharf. "Das Vorgehen von Herrn Gabriel in der Sache BND, das halte ich für inakzeptabel in einer Koalition", sagte der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer heute in München. Dies entspreche "nicht der Staatsverantwortung, die eine Regierungspartei hat". Der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer sagte im Deutschlandfunk, die SPD versuche, "sich auf dem Rücken der Union zu profilieren".
Die Union zeigte sich auch über SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi verärgert. Fahimi hatte im "Tagesspiegel" gesagt: "Eine deutsche Kanzlerin darf nicht unterwürfig sein gegenüber den USA." Fraktionschef Volker Kauder (CDU) monierte die "schrillen Töne aus der SPD-Parteizentrale" und sprach von einer "Belastung in der Koalition". In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" mahnte er: "So geht man nicht miteinander um in einer Koalition." CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sagte im "Bericht aus Berlin" der ARD: "Dass die Generalsekretärin der Partei, die den Außenminister stellt, mittlerweile unverhohlen mit antiamerikanischen Ressentiments arbeitet, das finde ich schon schwierig."
Umgang mit Spählisten weiter umstritten
Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll nach Medienberichten dem US-Geheimdienst NSA über Jahre geholfen haben, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen. Dazu soll die NSA dem BND Listen mit Tausenden Suchwörtern übermittelt haben. Das Parlamentarische Kontrollgremium und der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages verlangen Einblick in diese Listen. Die Bundesregierung wartet aber auf eine Erlaubnis der Amerikaner.
Der Umgang mit den Spählisten soll nach Angaben des Magazins "Der Spiegel" auch zu Differenzen zwischen Gabriel sowie Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) geführt haben. Steinmeier habe Gabriel erklärt, er halte den Vorstoß für eine Freigabe der Liste ungeachtet eines Widerstandes der USA für wenig durchdacht.
(nch/bor)