Seit Anfang Juli hatte Kurt Graulich Zeit, sich mit den Suchkriterien des amerikanischen Geheimdienstes NSA beim deutschen Bundesnachrichtendienst zu beschäftigen. Der ehemalige Verwaltungsrichter ging dabei der Frage nach, ob bei den Spionageaktivitäten alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Vergangene Woche waren schon erste Details aus dem Bericht bekannt geworden, unter anderem, dass Graulich der NSA Vertragsbruch vorwirft.
Wie die "Süddeutsche Zeitung" jetzt berichtet, hat Graulich in seinem Abschlussbericht allerdings Positionen des BND übernommen, habe sie aber gar nicht oder unzureichend gekennzeichnet. Dabei geht es nach Einschätzung unseres Hauptstadtkorrespondenten Falk Steiner um die wesentlichen Seiten des gesamten Werks, nämlich die Grundlagen, auf denen der BND arbeitet. Ein Beispiel sind Daten, die der BND aus Satellitenkommunikation abgefangen hat, also aus dem Weltraum. Und das darf der BND aus eigener Sicht auch, weil dort das Grundgesetz nicht gelte. Genau diese Position findet sich so auch in Graulichs Bericht wieder.
Graulich verteidigt sich
Die Linken-Abgeordnete Martina Renner kritisierte den Bericht. Der frühere Richter habe "eine bestellte Auftragsarbeit der Bundesregierung" abgeliefert, die in wichtigen Fragen die Rechtsauffassung des Bundesnachrichtendienstes übernehme. Die Bundesregierung hatte Graulich als Sonderermittler eingesetzt.
Zu Beginn der Sitzung im NSA-Untersuchungsausschuss sprach Graulich die Vorwürfe an. Es handele sich demnach um ein Missverständnis und er wolle diese Positionen des BND im Ausschuss genauer darstellen. Er habe sich weder die eine noch andere Position zu eigen gemacht: "Mich beeindruckt weder schlechte Presse noch die Meinung des Parlaments", so Graulich.
Aber egal was er im Ausschuss erklären wird, die Opposition war schon von vorne herein gegen seine Berufung und damit auch gegen seinen Bericht. Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz hält ihn für ein "illegitimes Konstrukt": "Wir haben bezüglich der Unabhängigkeit ganz erhebliche Zweifel."
Opposition klagt in Karlsruhe
Graulichs zentrale Botschaft, dass die USA an allem Schuld seien, ist nach Ansicht von Grünen und Linken undifferenziert. Auf Probleme oder Fehler beim deutschen Auslandsgeheimdienst würde nicht ausreichend eingegangen.
Die Opposition kritisiert vor allem, dass die Selektorenlisten dem Untersuchungsausschuss nicht zugänglich sind, sondern nur vom Sonderermittler Graulich eingesehen werden durften. Und dieser durfte auch nur einen bestimmten Teil einsehen, nämlich nur jene Suchkriterien der NSA, die der BND aussortiert hatte. Deswegen ist ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig, mit dem die Oppositionsparteien die Herausgabe der Listen erreichen wollen.
(pr/tzi)