Keine vier Jahre ist es her, da zieht ein junger Mann Anfang Juni 2013 die Arbeit der westlichen Nachrichtendienste ans Licht der Öffentlichkeit. Er heißt Edward Snowden.
"Ich an meinem Schreibtisch war in der Lage, jedermann abzuhören – Sie oder Ihre E-Mail-Konten, Bundesrichter oder sogar den Präsidenten, wenn ich dessen persönliche E-Mail-Adresse gehabt hätte."
Der Verdacht, der schnell im Raum steht: Die NSA, der technische Nachrichtendienst der USA, und ihre Verbündeten spähen mit mächtigen, digitalen Werkzeugen unter anderem die Bundesrepublik Deutschland aus. 500 Millionen Daten pro Monat kommen aus Deutschland, berichtet "Der Spiegel" im Juni 2013.
"Als wir starten konnten in die Berichterstattung, waren wir zunächst einmal davon überrascht, dass es eigentlich von Beginn an ein erstaunliches Ausmaß an Counterspin gab vonseiten der Bundesregierung. Also gerade, wir erinnern uns an die ersten Veröffentlichungen. Es gab eigentlich weniger Interesse, als strategische Gegenkommunikation."
Sagt Marcel Rosenbach. Der "Spiegel"-Redakteur ist damals Teil jenes Teams, das die Snowden-Dokumente aufbereitet. Nicht die Aufklärung der Vorwürfe, sondern das Herunterspielen vor der Bundestagswahl 2013 sei es gewesen, was die Bundesregierung bezweckt habe. Rosenbach trägt dazu bei, dass jener Wahlsommer durcheinandergerät – sehr sogar.
Hektische Aktivität bricht im politischen Berlin aus. Das Parlamentarische Kontrollgremium tagt fast im Wochentakt, Bundeskanzleramt und Bundesnachrichtendienst müssen Dutzende Anfragen aus dem Parlament beantworten. Die Kanzlerin muss sich öffentlich äußern. Am 19. Juli 2013 sagt sie in der jährlichen Sommerpressekonferenz:
"Die Bürgerinnen und Bürger sind zweifelsohne zur Zeit verunsichert. Und sie müssen sich darauf verlassen können, dass die klare, staatliche Kontrolle, die es in unserem Land über die Aktivitäten der Geheimdienste gibt, auch tatsächlich wirkungsvoll greift. Und zwar genau so, wie Recht und Gesetz unseres Landes das vorsehen."
Kurz zuvor heißt es, der britische technische Geheimdienst GCHQ, der engste Verbündete der NSA, habe das EU-Parlament ausgespäht. Für die Kanzlerin ist klar:
"Was wir da über angebliche Überwachung auch von EU-Einrichtungen und so weiter gehört haben, auch das fällt in die Kategorie dessen, dass man unter Freunden das nicht macht. Das geht nicht."
Das geht nicht, das macht man nicht unter Freunden. Und dass, was nicht geht, auch nicht gemacht wird, das will Merkel auch von den USA.
Merkels Handy wird abgehört
Monate nach den ersten Enthüllungen, im Oktober 2013, die Bundestagswahl ist vorbei, richtet der "Spiegel" erneut eine Anfrage an das Bundeskanzleramt. Die Redakteure wollen erfahren, was im Kanzleramt dazu bekannt sei, dass ein Mobiltelefon Merkels abgehört würde – von den USA. Dem "Spiegel" liegt ein sogenannter Selektor vor, eine Zielbeschreibung in Form einer Handynummer, die wohl Merkels ist. Marcel Rosenbach erinnert sich, dass die Redaktion die möglichen Reaktionen auf diese Anfrage vorher durchspielte.
"Und das war fast unsere Idealvorstellung. Dass sie den direkten Weg sucht, und nicht über Emissäre, über ihre Abteilung 6 dann den BND versucht, das auf der Arbeitseben zu machen. Sondern dass sie als direkt Betroffene bei dem Verantwortlichen, nämlich Barack Obama damals, zu ergründen, was da los war und auch ihren Protest zu formulieren."
Merkel telefoniert am 23. Oktober mit Barack Obama, sagt laut Regierungssprecher Steffen Seibert, es dürfe "unter engen Freunden und Partnern [eine] solche Überwachung der Kommunikation eines Regierungschefs nicht geben". Am 24. Oktober reist Merkel nach Brüssel, sagt:
"Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht. Und zwar gegenüber niemandem. Das gilt für jeden Bürger und für jede Bürgerin Deutschlands, dafür bin ich als Bundeskanzlerin Deutschlands auch verantwortlich, das durchzusetzen."
Es ist nicht bekannt, ob auch Barack Obamas Nachfolger Donald Trump darauf verzichten wird, sie von seinen Nachrichtendiensten abhören zu lassen, so wie es Merkel von Obama zugesichert wurde.
Was überhaupt zwischen dem US-Präsidenten und Merkel zur Sache besprochen wurde, ist bislang unbekannt. Umso größer sind deshalb die Erwartungen derer, die sich mit der Aufklärung der Geheimdienstaffäre befassen, am kommenden Donnerstag.
Am Donnerstag tritt Merkel von den Untersuchungsausschuss
Dann wird Angela Merkel vor den Bundestagsuntersuchungsausschuss zur NSA-Affäre treten. Als Zeugin, zur Wahrheit verpflichtet. Damit schließt der Ausschuss die Beweisaufnahme ab. Fast drei Jahre lang haben die Abgeordneten in weit über 100 Zeugenvernehmungen untersucht, was sie untersuchen konnten. Im Zentrum stand dabei vor allem der Bundesnachrichtendienst, denn der Bundesnachrichtendienst untersteht direkt dem Kanzleramt. Was Angela Merkel sagt, hat im BND Gewicht, berichtet der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg von der CDU. So habe ...
"... die Aussage von Angela Merkel 'Abhören unter Freunden, das geht gar nicht' im Bundesnachrichtendienst ad hoc zu einer Veränderung der Praxis geführt. Es wurden herausgenommen die europäischen Selektoren, die Botschaften, die gesteuert waren etc.. Also das war – glaube ich - das Schlüsselereignis, zu sagen, wir müssen intensivst unsere Praxis einmal hinterfragen."
Denn auch der BND hat Freunde abgehört. Die Praxis des BND ist das Gegenteil von dem, was Angela Merkel 2013 mehrfach behauptet.
"Man weiß ja bis heute nicht, wie dieser Satz eigentlich einzuordnen ist."
Sagt Christian Flisek, Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss.
"Ist es aus ihrer Sicht die Beschreibung des Zustandes? Dann müsste man eigentlich sagen, liebe Frau Bundeskanzlerin, das war ein Schuss voll daneben. An Naivität eigentlich nicht zu überbieten. Weil Ausspähen unter Freunden, das war auch zu diesem Zeitpunkt beim BND Alltagsgeschäft."
Selektoren entwickeln sich zum politischen Problem
Just an jenem Oktobertag, an dem Angela Merkel das Ausspähen unter Freunden erneut für unmöglich erklärt und in Berlin dreimal im Kanzleramt zum BND getagt wird, geht beim damaligen BND-Präsidenten eine Liste ein. Darauf: 700 Zielbeschreibungen, sogenannte Selektoren.
Eine Telefonnummer wie im Fall von Angela Merkel, eine E-Mailadresse, ein Skype-Nutzername, aber auch eine Vielzahl von möglichen Adressaten - wie alle Nutzer von eads.com, bundestag.de oder auch eine ganze Endung wie .eu oder .af für Afghanistan: All das kann so ein Selektor sein. Sogar chemische Formeln können als Suchbegriffe genutzt werden.
Diese Selektoren werden als Sieb eingesetzt: Datenströme, auf die ein Nachrichtendienst Zugriff hat, laufen durch dieses Selektorensieb hindurch. Und was hängenbleibt, wird weiter analysiert. Diese Liste mit 700 Selektoren will der BND dringend deaktivieren, weil sie politisch brisant erscheinen. Wenige Tage nach der Aussage der Kanzlerin werden beim BND die ersten Zielbeschreibungen abgeschaltet. In Absprache mit dem damaligen Kanzleramtsminister Ronald Pofalla.
Doch dann wird es ruhig. Die Kanzlerin bleibt, der Kanzleramtsminister wechselt im Dezember 2013. Und im Frühjahr 2014 wird der Untersuchungsausschuss eingesetzt. Der Ausschuss braucht eine Weile, um sich zu sortieren. Doch im Februar 2015 gelingt es den Parlamentariern, Widersprüche in Zeugenaussagen herauszuarbeiten und damit das Kanzleramt erneut in hektische Betriebsamkeit zu versetzen. Im Kern geht es darum, dass plötzlich deutlich wird, dass der BND die Suchkriterien, mit denen er die Datenströme filtert, nicht im Griff hat.
Kanzleramt konstatiert "technische und organisatorische Defizite"
Es ist die Abteilung Technische Aufklärung der Pullacher BND-Zentrale, die nun auch im Kanzleramt ins Blickfeld rückt. Kanzleramtsminister Peter Altmaier besucht diese Abteilung im März 2015. Etwas später attestiert die Bundesregierung dem Auslandsnachrichtendienst öffentlich, dass es in der Abteilung "technische und organisatorische Defizite" gebe. Ein so noch nie zuvor dagewesener Vorgang. Pikant auch der letzte Satz der dürren Mitteilung: Das Kanzleramt prüfe, "ob die Antworten auf die zu diesem Sachverhalt gestellten parlamentarischen Fragen weiterhin uneingeschränkt Bestand haben".
Heißt: Die Bundesregierung hat dem Parlament falsche Antworten gegeben – nach Fehlinformationen durch den BND. Die Pressemitteilung betrifft die Selektoren, die der BND für die NSA einsetzt. Ausschussmitglied Martina Renner von der Linksfraktion erklärt:
"Wir reden hier von Millionen von Selektoren, das könnte auch überhaupt vom Aufwand her der Bundesnachrichtendienst gar nicht leisten, hier hinterherzukontrollieren. Der Bundesnachrichtendienst setzt weitaus weniger Selektoren ein als die NSA – in Deutschland, muss man sagen. Im Kern läuft das System zu einem hohen Teil mehr für die NSA als für den Bundesnachrichtendienst selbst."
Eigentlich sollten die Selektoren aus den USA automatisch bereinigt werden und nur diejenigen verwendet werden, die auch eingesetzt werden dürfen. Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz kommt jedoch nach drei Jahren Untersuchungsausschuss zu diesem Ergebnis:
"In der Realität ist es zu millionenfachen Grundrechtsverletzungen gekommen. Die Filtersysteme haben wahrscheinlich überhaupt nie funktioniert in all den Jahren. Man hat sie als eine Art Fassade aufrechterhalten nach außen, weil man wusste, dass all das, was man macht, rechtlich nicht gedeckt ist."
Martina Renner glaubt nicht, dass der BND weiß, wen er da warum für die NSA ausspioniert. Was bei Telefonnummern und E-Mail-Adressen vielleicht noch überprüfbar wäre, sei für WhatsApp, Facebook, Skype, Twitter und Co nicht zu leisten:
"Der BND ist aber gar nicht in der Lage, zu überprüfen, ob die Einordnung, die die NSA gibt, zu einer Abfolge von Zahlen und Buchstaben, die vielleicht dann vorne stehen in dieser Reihe, stimmt. Also ich könnte Ihren Messenger vorne hier einfügen und hinten Counterterrorism hinschreiben – der Bundesnachrichtendienst könnte gar nicht Rückschlüsse ziehen, ah, das ist jetzt diese und jene Person, deutscher Staatsbürger. Und wir dürfen diesen Selektor nicht steuern."
BND spioniert auch befreundete Staaten aus
Doch auch mit eigenen Selektoren nimmt der Bundesnachrichtendienst Länder ins Visier, die eigentlich befreundet sind. Das ist grundsätzlich keine Überraschung. Denn es gibt Umstände, unter denen das rechtlich gedeckt ist, zum Beispiel, wenn es um organisierte Kriminalität oder Terrorismusunterstützung geht.
"Man sagt, wenn ich etwas zum Beispiel zum Krisengebiet Mali wissen will, da kann ich natürlich ins französische Außenministerium hören, weil die einfach historisch und politisch da besseren Informationszugang haben als die Bundesrepublik. Und dann hol ich mir eben die Information dort."
Erläutert die Linken-Abgeordnete Martina Renner. Und so will es auch das Kanzleramt verstanden haben. Doch für die Abgeordneten ist das inzwischen ein vorgeschobenes Argument.
"Dem widerspricht, dass wir an vielen Stellen festgestellt haben, dass, wenn der BND sein Interesse auf zum Beispiel ein benachbartes Ministerium richtet, also in Österreich, Finnland, Spanien, egal in welchem Land, man dort eben nicht zielgerichtet eine bestimmte Person, die zum Beispiel mit Mali zu tun hat, oder ein Referat zum Ziel nimmt. Sondern gleich mal das ganze Haus, vom Pförtner bis zur Hausspitze, durcherfasst."
Ziele in Finnland, Spanien, Frankreich, Österreich, den USA: Der BND kennt bis Mitte 2015 keine Freunde. Und das, sagt ihr SPD-Kollege Christian Flisek, sei in dieser Form rechtswidrig:
"Wir haben festgestellt, dass es für weite Teile dieser Überwachungstätigkeit keinen verfassungskonformen Rechtsrahmen gibt. Und wir haben auch festgestellt, als wesentliche Folge, dass so etwas fehlt, gibt es auch in diesem Bereich keine Kontrolle, keine parlamentarische Kontrolle und keine Aufsicht durch das Kanzleramt."
Der Ausschussvorsitzende Patrick Sensburg, CDU, führt dies auf den technischen Wandel bei der Arbeit des Nachrichtendienstes zurück – und auf technische Rückständigkeit beim BND Anfang der 2000er-Jahre.
"Man war nicht mehr State of the Art. Die Amerikaner, die Briten, die Chinesen, die Franzosen, die waren alle besser. Und man wollte den Anschluss gewinnen und das musste auch gelingen. Und dann hat man vielleicht das eine oder andere Mal Fünfe gerade sein lassen."
BND hat womöglich ganz bewusst den rechtlichen Rahmen überdehnt
Christian Flisek sieht darüber hinaus auch, dass im BND ganz bewusst zugunsten des Risikos entschieden wurde, den rechtlichen Rahmen des Erlaubten zu überdehnen:
"Aus den Akten ergibt sich, nicht nur an einer Stelle, sondern an vielen vielen Stellen, wenn es um Kooperationen mit Amerikanern ging, wenn es um den Einsatz von Selektoren ging, immer wieder eine Risikoeinschätzung. Die da lautete: Wenn hier irgendetwas anbrennt, wenn davon irgendetwas von an die politische Öffentlichkeit gelangt, dann ist das in der Lage, uns den Boden unter den Füßen wegzuziehen."
Zeugen aus dem BND, Zeugen aus der Abteilung 6 des Kanzleramtes, aus der Spitze des Kanzleramtes - im Bundestagsuntersuchungsausschuss hat man sie alle gehört. Intern wurde im BND also diskutiert. Doch mit dem Kanzleramt nicht?
Von einem "vertrauensvollen Verhältnis", von dem er bei seiner Arbeit ausgehen müsse, spricht Klaus-Dieter Fritsche, der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt. Aber die Fach-, Dienst- und Rechtsaufsicht habe eben keine Kenntnis von den Problemen mit den Selektoren gehabt, sondern eher von solchen Dingen wie, dass dem BND Spam Probleme bereite.
Ist es plausibel, dass schon die BND-Hausspitze nicht gewusst hat, was tatsächlich vor sich ging? Und bestenfalls bis zum Abteilungsleiter bekannt war, welche Probleme dort existierten? Christian Flisek erkennt in manchen Situationen im BND folgendes:
"Das ist kollusives Zusammenwirken mit einem einzigen Ziel: die Dinge wieder unter den Teppich zu kehren. Und da, glaube ich, weiß nicht mal mehr der Präsident Bescheid."
Die Linkenpolitikerin Martina Renner glaubt, dass man im Kanzleramt auch nicht so genau hinschauen wollte:
"Wenn Sie mal in die Aufsichtsabteilung im Bundeskanzleramt schauen, da gibt es keinen Mitarbeiter, der nicht vom BND kommt. Die wechseln aus der Aufsicht wieder in den operativen Bereich und dann wieder zurück. Dass die kein Interesse daran haben, dort irreguläre Dinge abzustellen, ist vollkommen klar, weil sie die möglicherweise auch selbst mitüberlegt haben und auf den Weg gebracht haben."
Sie ist überzeugt:
"Man kann, glaube ich, die Geschichte nicht so erzählen, dass das Bundeskanzleramt grundsätzlich nicht weiß, was der BND macht. Aber es wird dort auch ein Need-to-know im Bundeskanzleramt geben, wie es so schön in Geheimdienstkreisen heißt. Eben, dass nicht alle alles wissen müssen."
Grünen-Obmann: Bundeskanzleramt trägt Verantwortung
Der Grünen-Obmann Konstantin von Notz sieht klare Verantwortlichkeiten für das, was im Sommer 2013 öffentlich gesagt wurde:
"Für diese Falschdarstellung und für dieses verzerrte Bild, das damals gezeichnet wurde, um dieses Thema aus dem Wahlkampf herauszubekommen, dafür trägt das Bundeskanzleramt die Verantwortung. Dafür trägt Ronald Pofalla Verantwortung, aber dafür trägt auch Angela Merkel die Verantwortung."
Der "Spiegel"-Redakteur Marcel Rosenbach ist skeptisch, dass Merkels Aussage am Donnerstag weitere Klarheit bringen kann. Unwissenheit nimmt er ihr jedoch nicht ab:
"Es fällt wahnsinnig schwer, weil die entsprechenden Politiker ja regelmäßig das Endprodukt vorgelegt bekommen und natürlich alles intelligente Menschen sind, die sich natürlich fragen werden, auf welche Wegen eigentlich diese Erkenntnisse erlangt wurden."
Doch könne die Kanzlerin eben glaubwürdig bestreiten, etwas gewusst oder getan zu haben. Die Aktivitäten der Nachrichtendienste vor allem der USA und Großbritanniens in Deutschland aufzuklären - das hat der Untersuchungsausschuss nun, kurz vor dem Ende der Beweiserhebung, kaum geschafft. Er ist – auch durch einen Erweiterungsauftrag – zu einem BND-Untersuchungsausschuss geworden. Martina Renner sagt:
"Wir wissen eigentlich bis heute nichts über die NSA-eigene Erfassung in der Bundesrepublik Deutschland."
Abteilung 6 des BND wird wesentliche Rolle spielen
Gelohnt haben dürfte sich die Arbeit dennoch. Dass Recht und Realität beim BND nicht mehr miteinander in Einklang standen, das bestreitet heute niemand im Bundestag mehr. Anders als zu Beginn des Ausschusses. In einem sind sich die Abgeordneten daher einig: Insbesondere die BND-Abteilung Technische Aufklärung bleibt auch in Zukunft ein Sorgenkind. Auch im Abschlussbericht des Ausschusses, der noch Ende Juni vom Parlament verabschiedet werden soll, wird die Arbeit der mitarbeiterstärksten Abteilung des BND die wesentliche Rolle spielen.
Die Frage, ob, wie und wann überwacht wird, scheint heute die Allgemeinheit weniger zu interessieren als 2013 und vielleicht noch 2014, im Sog der Snowden-Enthüllungen. Trump, Brexit, Flüchtlinge, Anschläge: Andere Dinge sind politisch in den Vordergrund gerückt. Oft heißt es sogar, dass mehr Überwachung notwendig sei.
"Auf der einen Seite hat man den Druck durch den internationalen Terrorismus. Auf der anderen Seite erleben wir im Augenblick, wie in Demokratien eben durchaus totalitäre Züge Überhand gewinnen."
Sagt der Grüne Konstantin von Notz. Und dennoch sieht er eine hochgradige Aktualität:
"All die Gesetze, die wir heute machen, all die Instrumente, die wir den Geheimdiensten in die Hand geben, die müssen eben auch funktionieren, wenn eine Frau Le Pen Präsidentin Frankreichs wird und wenn Herr Trump Präsident der Vereinigten Staaten ist. Oder wenn ein Herr Gauland, was Gott verhüten möge, Innenminister der Bundesrepublik Deutschland würde. Auch dann müssten diese Gesetze für eine freiheitliche, rechtsstaatliche Welt noch funktionieren."
Auch der Ausschussvorsitzende, der CDU-Politiker Patrick Sensburg, sieht noch einige Aufgaben auf den Bundestag zukommen, der im September neu gewählt wird:
"Ich persönlich sage, wir brauchen Nachrichtendienste, diese müssen sich aber wie selbstverständlich an Recht und Gesetz halten. Und sie müssen kontrolliert werden. Und da gibt es deutlichen Nachbesserungs- und Nachsteuerungsbedarf. Und deswegen alleine war dieser Untersuchungsausschuss schon so wichtig."
Und doch bleibe es dabei: Es gebe Umstände, unter denen auch in Partnerstaaten spioniert werden müsse. Die Türkei zum Beispiel sei als NATO-Staat natürlich ein Partner, aber eben auch eine sicherheitspolitisch bedeutsame Konfliktregion, sagt Sensburg.
Ob seine Parteivorsitzende, die Kanzlerin, das auch so sieht, wird sie dem Ausschuss am Donnerstag erklären können.