Eine Befragung Snowdens könne aber nicht zeitnah geschehen, sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Zunächst müsse eine Fülle von Fragen beantwortet werden, um die Bedingungen einer solchen Vernehmung zu klären. Erst sei Sacharbeit zu leisten. Sensburg betonte, dies sollte der Untersuchungsauschuss im Konsens tun.
Es sei deswegen bedauerlich, dass die Opposition bei dem Thema vorpresche. Er wies zugleich Vorwürfe der Grünen zurück, wonach der Ausschuss in der Snowden-Frage vom Kanzleramt unter Druck gesetzt werde. Es gebe keinerlei Einflussnahme auf ihn.
Das Interview in voller Länge
Dirk-Oliver Heckmann: Mitgehört hat Patrick Sensburg von der CDU. Er ist designierter Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses, der heute erneut tagt. Schönen guten Morgen, Herr Sensburg.
Patrick Sensburg: Schönen guten Morgen! Ich grüße Sie.
Heckmann: Herr Sensburg, die Gründe, die Clemens Binninger angegeben hat für seinen Rückzug, die wirken ja nicht wirklich sehr überzeugend, denn dass sich Regierung und Oppositionsvertreter nicht einig sind, das ist ja nichts Neues in einem Untersuchungsausschuss, und dass Herr Binninger Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium ist, das dürfte er auch nicht vergessen haben, als er den Vorsitz des Untersuchungsausschusses übernommen hat. Nehmen Sie ihm diese Gründe eigentlich ab?
Gemeinsamkeiten forthalten
Sensburg: Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Wir haben diesen Untersuchungsausschuss ja gemeinsam mit allen Fraktionen eingesetzt. Wir haben sehr viele Fragestellungen aufgeworfen in dem Untersuchungsauftrag und wir sind eigentlich davon ausgegangen, dass wir diese Gemeinsamkeit bei den einzelnen Untersuchungspunkten auch weiter forthalten können. Schon in der ersten Sitzung, in der konstituierenden Sitzung, ist diese Gemeinsamkeit aufgelöst worden und ich finde das sehr schade, weil wir werden dieser Breite des Untersuchungsauftrages ja nur gerecht werden, wenn wir auch gemeinsam zum Beispiel die Ladung von zeugen beschließen.
Heckmann: Wieso ist denn die Gemeinsamkeit aufgekündigt worden? Nur, weil die Oppositionsvertreter darauf pochen, Edward Snowden zu hören, was sie ja von Anfang an gesagt haben?
Sensburg: Das hätte man ja zum Beispiel in einem gemeinsamen Ladungsantrag machen können, zumal man natürlich vorher überlegen hätte können, zu welchen Fragen man ihn hört, wie das Verfahren aussieht. All das, was gerade an Fragestellungen ja auch durch seinen Anwalt aufgeworfen worden ist, hätte man ja vorher erst mal klären können, bevor man eine einfache Zeugenbenennung einführt, und das auch noch alleine und nicht im Konsens mit allen Fraktionen, wie wir es bei den anderen Anträgen machen.
Heckmann: Nun ja, das ist vielleicht deswegen nicht so verlaufen, weil die Oppositionsvertreter gemerkt haben, dass die Unionsseite da einfach nicht mitzieht.
Sensburg: Das sehe ich ganz anders. Ich habe ja als erstes Signal noch vor Konstituierung des Untersuchungsausschusses schon gesagt, wir verschließen uns einer Ladung nicht. Aber man muss erst mal die Sacharbeit machen. Herr Kaleck hat ja eben ganz deutlich immer von "diesen Dokumenten" gesprochen und hat gesagt, dass man über "diese Dokumente" diskutieren muss. Dem Untersuchungsausschuss liegt bis zum heutigen Tag kein einziges Dokument vor, über das man überhaupt diskutieren könne, und das ist ja in einer Beweisaufnahme ein ganz skurriler Zustand, dass wir überhaupt nicht wissen, über welche Dokumente wir überhaupt reden, ...
Heckmann: Diese Dokumente, die könnte Herr Snowden ja mitbringen, wenn er kommt.
Gewisses Absurdum, was wir auflösen müssen
Sensburg: ... und Herr Snowden wird diese Dokumente auch nicht mitbringen können, weil er hat ja gerade - und sein Anwalt auch - gesagt, er hat gar keine Dokumente mehr. Da ist ein gewisses Absurdum drin, was wir auflösen müssen, und das müssen wir vorher auflösen.
Heckmann: Hans-Christian Ströbele, der sagt, Angela Merkel, die wolle einfach keine Aufklärung vor ihrer Reise in die USA. Es habe offenbar da erheblichen Druck aus dem Kanzleramt und auch aus den Spitzen der Koalitionsfraktionen gegeben. Hat es diesen Druck gegeben? Gibt es Druck auf Sie auch?
Sensburg: Nein! Definitiv gar nicht. Und ich habe das Interview auch mit Herrn Kaleck ja aufmerksam gehört. Er hat gesagt, Herr Snowden kann gegebenenfalls, zu gegebener Zeit, und man müsse klären, unter welchen Voraussetzungen, als Zeuge zur Verfügung stehen. Viel mehr Fragezeichen kann man als Anwalt wirklich nicht mehr setzen. Es wird ja keine, wenn überhaupt, zeitnahe Vernehmung geben und wir müssen über viele Rahmenbedingungen diskutieren, auch zum Beispiel, um Herrn Snowden zu schützen, die Frage, macht er sich erneut strafbar, wenn er in weitem Umfang, wenn er denn etwas sagen kann, aussagen würde. Eine Frage, die vorher geklärt sein muss: Strafbarkeit von Herrn Snowden. All diese Dinge müssen im Vorfeld geklärt sein. Von daher wundert man sich schon, wenn der erste Schritt nicht gemacht wird, sondern erst der fünfte.
Heckmann: Herr Binninger hat als Begründung für seinen Rückzug erklärt, die Opposition, die stelle diese Befragung von Edward Snowden in den Mittelpunkt. Das wird ja wohl auch so bleiben. Herr Binninger sieht sich selber nicht in der Lage, weiterhin den Job als Vorsitzender des Ausschusses zu übernehmen. Sie aber schon. Weshalb?
"Eine Demokratie hält das aus"
Sensburg: Ich glaube, das ist sicherlich ein ganz wesentlicher Punkt, wo wir derzeit nicht gemeinsam gehen als Koalitionsfraktionen und Opposition. Man sieht aber auch, dass in vielen anderen Punkten wir mit der Opposition alle Fraktionen gemeinsam die gleichen Ziele verfolgen. Ich halte es nicht für dramatisch, wenn man in vielen, vielen Punkten einer Meinung ist und es ein, zwei Punkte in einem Untersuchungsausschuss gibt, wo man unterschiedlicher Ansicht ist. Das hält eine Demokratie aus.
Heckmann: Die Opposition kann ja eine Befragung von Edward Snowden durchsetzen, die Vertreter der Opposition. Was denken Sie, wird eine Einladung an Herrn Snowden gehen und werden Sie das auch unterstützen?
Sensburg: Wir haben den Untersuchungsausschuss ja absichtlich mit acht Mitgliedern so konstruiert, dass die Opposition immer das eigene Recht hat, Beweisanträge einzubringen, Zeugen zu laden. Das haben wir im Vorfeld ja bewusst gemacht, weil wir gesagt haben, wir werden unser Ziel nur erreichen, wenn wir in weiten Teilen gemeinsam gehen. Wir werden ja auch, jetzt mal losgelöst von Herrn Snowden, nur Zeugen aus dem Ausland, aus den USA, aus Großbritannien bekommen, wenn wir das in weiten Teilen geschlossen machen. Sonst nimmt man uns ja nicht ernst. Von daher gehe ich davon aus, dass wir in Zukunft in weiten Teilen auch gemeinsam diese Dinge beschließen werden. Wenn wir hier jetzt einen Dissens haben, werden wir das auch wieder zusammenkriegen. Wir werden die ersten Schritte machen müssen. Wir werden Beweise zuerst erheben müssen, wir werden uns Dokumente angucken können, und dann wird sich zeigen, zu welchen Punkten Herr Snowden aussagen kann und zur Klärung der Sachverhalte beitragen kann, und dann halte ich eine Befragung von Herrn Snowden auch nicht für ausgeschlossen.
Heckmann: Wir werden sehen, wie das weitergeht. Ganz herzlichen Dank erst einmal für das Interview. Wir haben gesprochen mit Patrick Sensburg von der CDU. Er ist designierter Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses.
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