Die Sondersitzung des hessischen Landtags-Innenausschusses zur NSU 2.0.-Drohmailaffäre ist der bisher wohl wichtigste Termin in der politischen Laufbahn des hessischen Innenministers Peter Beuth (CDU). Das weiß auch Beuth selbst: "Der Ruf nach restloser Aufklärung wird täglich lauter."
Mehr als 50 Fragen zur NSU 2.0- Drohmail-Affäre
Nach dem Suizid des Wiesbadener Finanzministers Thomas Schäfer auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie in diesem Frühjahr war der 52-jährige gebürtige Kölner Peter Beuth immer wieder als ein möglicher Nachfolger für Volker Bouffier im Amt des hessischen Ministerpräsidenten genannt worden. Doch nun muss Beuth im Landtag erst einmal hart dafür kämpfen, die Leitung des Innenministeriums behalten zu können.
Mehr als 50 Fragen zur NSU 2.0-Drohmail-Affäre haben ihm Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus verschiedenen Fraktionen vorgelegt. Rene Rock, der Vorsitzende der FDP-Fraktion, im Interview mit dem Fernsehen des Hessischen Rundfunks: "Ich bin jetzt auch wirklich schon ein bisschen überrascht, wie hilflos der Innenminister agiert und wie wenig wir eigentlich wissen über diese Personen, die so Mails verschicken. Und es diskreditiert natürlich unsere Sicherheitsbehörden. Wir werden uns das deshalb genau anschauen. Wir wollen auch wissen, wie war die Aktenlage und stimmt das alles, was der Minister uns erzählt hat."
Wissler: Haben ein richtig großes Problem
Rene Rock und viele seiner Landtagskolleginnen und Kollegen – auch aus den Regierungsfraktionen von CDU und Grünen - fragen sich auch: Wie ist es möglich, dass der hessische Innenminister offenbar monatelang nicht wusste, dass Daten von Janine Wissler, der Vorsitzenden der Landtagsfraktion der Linken und stellvertretenden Bundesvorsitzenden ihrer Partei, über einen Polizeicomputer in Wiesbaden abgefragt wurden? Nach der Datenabfrage bekam Wissler bereits im Februar dieses Jahres erste Drohmails.
Janine Wissler nun im Hessischen Rundfunk: "Dass das weiterhin möglich ist, das Daten abgefragt werden könne und offensichtlich in einem Zusammenhang stehen mit solchen Drohungen, ja das finde ich wirklich schockierend und das zeigt, dass wir hier ein richtig großes Problem haben."
Bekannt ist heute: Bereits 2018 sowie 2019 waren Daten zur Frankfurter Rechtsanwältin und NSU-Nebenklägerin Seda Basay-Yildiz sowie zu der aus Niedersachsen stammenden Kabarettistin Idil Baydar über hessische Polizeicomputer in Frankfurt am Main und Wiesbaden abgefragt worden, bevor Drohmails verschickt worden. Immer wieder werden seitdem Drohmails an Personen des öffentlichen Lebens in Deutschland verschickt – überwiegend an prominente Frauen, die sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren wie die Linken-Spitzenpolitikerin Janine Wissler: "Und das wichtigste ist, dass man aufhört, das zu verharmlosen, zu vertuschen, zu verschweigen."
Das Parlament fordert schnelle Ermittlunsergebnisse
Der hessische Innenminister Peter Beuth weiß: Wenn er sein Amt retten will, muss er alles tun, um das Informationsbedürfnis des Wiesbadener Landtags und der bundesweiten Öffentlichkeit in der Sondersitzung des Parlaments-Innenausschusses umfassend zu befriedigen. Nach dieser Sitzung könnte sich das politische Schicksal Beuths entscheiden, glaubt Rene Rock, der FDP-Fraktionschef im hessischen Landtag:
"Ja, ich glaube, das wird sich zeigen. Wie er die Fragen beantwortet und ob er jetzt auch relativ schnell Erfolge bei der Ermittlung vorweisen kann. Das Einzige, was Peter Beuth wirklich hilft ist, dass er jetzt Ergebnisse auf dem Tisch legt: Wer das ist, wie das Geschehen konnte und wie man das dauerhaft verhindern kann, dass die wieder auftreten."