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NSU-Untersuchungsausschuss
Geheimdokumente belasten Hessens Ministerpräsidenten

Der NSU-Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag hat neue, bisher geheime Dokumente vorgelegt. Daraus geht nach Ansicht der Linken hervor, dass der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier Ermittlungen über die Ermordung eines Internetcafe-Betreibers durch den NSU im Jahr 2006 behindert hat.

Von Ludger Fittkau |
    Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kommt am 26.06.2017 als Zeuge zum NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags in Wiesbaden.
    Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kommt am 26.06.2017 als Zeuge zum NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags in Wiesbaden (picture-alliance / dpa / Boris Roessler)
    Juristisch ist der Prozess zum rechtsterroristischen NSU abgeschlossen, doch die politische Aufarbeitung läuft noch. In Hessen hat der Untersuchungsausschuss im Landtag vier Jahre gearbeitet und sich mit der Ermordung des Internetcafe-Betreibers Halit Yozgat im Jahr 2006 befasst.
    Heute wurden im Ausschuss neue, bisher geheime Dokumente präsentiert – die auch den aktuellen Ministerpräsidenten und früheren Innenminister Volker Bouffier belasten.
    Präparierter V-Mann
    Vier Dokumente wurden freigegeben. Sie belegen nach Auffassung der Linken, die den Untersuchungsausschuss geleitet hat, eine skandalöse Vertuschungspraxis im Verfassungsschutz in Hessen und im Innenministerium des Landes. Beispielsweise habe der Verfassungsschutz einen V-Mann und Informanten der rechtsextremen Szene für einen Besuch beim Bundeskriminalamt (BKA) präpariert. Bei dessen Vernehmung habe das BKA nicht kritisch nachgefragt, obwohl Hinweise auf den NSU kamen.
    Zudem habe es eine Abfrage an alle V-Leute gegeben, ob man etwas von einer Mordserie wisse. Das sei 14 Tage vor dem Mord an Halit gewesen. Da seien die V-Leute in der rechten Szene schon informiert worden, insofern seien das sehr brisante Dokumente, so Dlf-Korrespondent Ludger Fittkau.
    Hat Volker Bouffier im Amt des Innenministers 2006 falsche Informationen in der Öffentlichkeit präsentiert?
    Dlf-Korrespondent Ludger Fittkau meint: Die Linkspartei habe das bekräftigt. Sie habe neben den vier Geheimdokumenten auch einen 250-seitigen Bericht vorgelegt. Adrian Gabriel, wissenschaftlicher Referent der Linkspartei, sagte, dass der V-Mann Andreas Temme unter Mordverdacht und dem Verdacht der Beteiligung an einer Mordserie gestanden habe. Trotzdem habe der damalige Innenminister Volker Bouffier das Parlament erst gar nicht und dann wissentlich falsch informiert und sogar komplett falsche Aussagen gemacht.
    "Ein Disziplinarverfahren haben wir nicht" hatte Bouffier in Bezug auf den V-Mann Andreas Temme behauptet, obwohl dieses fünf Tage vorher begonnen hatte. Er habe das genau gewusst, und nicht erst aus der Zeitung erfahren. Bouffier habe da bereits schriftliche Berichte auf dem Tisch gehabt. In seinem eigenen Sprechzettel habe gestanden, dass er bereits seit drei Monaten informiert gewesen sei.
    Der V-Mann Andreas Temme-V Mann war zum Zeitpunkt des Mordes an Halit am Tatort. Was genau dort geschehen ist, ist nach wie vor undurchsichtig, so Dlf-Korrespondent Ludger Fittkau. Das fänden auch die anderen Parteien.
    Die Vorwürfe, dass Bouffier Ermittlungen zum Tod des Kioskbesitzers behindert und Aufklärung verschleiert habe, seien in dem jetzt vorliegenden Bericht viel schärfer formuliert als im offiziellen NSU-Abschlussbericht.
    Die Rolle des Verfassungsschutzes
    Die Linke fordert eine Reform des V-Schutzes bis hin zur Abschaffung der Zusammenarbeit mit V-Männern und rechten Straftätern. Rechte Straftäter würden geschützt, das müsse beendet werden. Man dürfe auch aussteigewillige Personen nicht in der Szene halten.
    Muss Bouffier Konsequenzen fürchten?
    In anderen Bundesländern hätte der jetzige Ministerpräsident wohl zurücktreten müssen, so die Auffassung der Links-Fraktion im hessischen Landtag. Aber Hessens CDU halte kurz vor der Landtagswahl an Bouffier fest, so Dlf-Korrespondent Ludger Fittkau. Die hessische Union spricht in einer Stellungnahme von "Verschwörungstheorien" der Linken, die Wahlkampf mit dem NSU-Mord in Kassel betreibe.