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Nukleares Ablenkungsmanöver

Raumfahrt. - Asteroiden, die die Erde zu treffen drohen, sind eine zwar wenig wahrscheinliche Gefahr, die aber tödlich sein dürfte, wenn sie eintritt. Astronomen auf der Jahrestagung der American Astronomical Society in Miami haben sich daher über dieses "low probability-high impact"-Risiko Gedanken gemacht. Besonders erfreulich fielen sie nicht aus.

Von Guido Meyer |
    Wie man’s macht, macht man‘s falsch. So die These von Dave Dearborn. Der Theoretische Astrophysiker beschäftigt sich am Lawrence Livermore Forschungslabor in Kalifornien mit nuklearen Ablenkungsmanövern, mit der Frage, wie und wann Asteroiden beeinflusst werden können, die auf Kollisionskurs zur Erde sind. Da die Berechnungen der Flugbahnen jedoch immer nur Vorhersagen von unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit sind, ob ein Himmelskörper mit der Erde kollidiert, besteht stets die Gefahr, durch Eingriff von außen alles noch schlimmer zu machen. Ein Brocken, der ansonsten an der Erde vorbei fliegen würde, könnte gerade durch das Ablenkungsmanöver auf die Erde gelenkt werden.

    "Wenn wir einen gefährlichen Himmelskörper fünfzig Jahre vor seinem Zusammenstoß mit der Erde erkennen, hätten wir in diesem Zeitraum sieben oder acht Startfenster, in denen wir eine Rakete zu dem Asteroiden schicken könnten. Dabei sollten wir in jedem Startfenster mehrere Raketen starten, die sich dem Brocken auf unterschiedlichen Bahnen nähern. Dabei würde die erste Rakete den Asteroiden erst einmal nur untersuchen."

    Während eines solchen ersten Fluges würde sich eine Sonde dem Asteroiden nähern und Daten über seine Masse, Flugbahn und Beschaffenheit sammeln. Denn nur die wenigsten Asteroiden sind kreisrunde Körper wie die Planeten. Manche haben die Form eines Knochens oder einer Erdnuss. Dies macht es schwieriger, ihre Flugbahn zu beeinflussen.

    "Je weiter ein solches Objekt weg ist, desto einfacher ist es, damit umzugehen. Beizeiten erkannt, müssten wir einem kleinen heranfliegenden Asteroiden nur einen winzigen Schubs geben, um seine Bahn zu ändern. Dazu würde der Aufprall eines Impaktors ausreichen, der seine kinetische Energie auf den Asteroiden überträgt und so zu einer Bahnänderung führt. Wichtig ist, den Asteroiden nicht zu sprengen. Wenn man nicht zunächst seine Masse bestimmt, ist solch ein Aufprall möglicherweise zu stark. Ist der Asteroid nur halb so schwer wie geschätzt, würde er nicht seine Bahn verändern, sondern in 1000 Einzelteile zerbrechen, die dann die Bahn der Erde kreuzen. Das sollten wir jedoch vermeiden."

    Als potenziell gefährlich gelten derzeit rund 200 sogenannter erdnaher Asteroiden. Sie halten sich nicht im Asteroiden-Gürtel zwischen den Planeten Mars und Jupiter auf, sondern umkreisen die Sonne auf einer Bahn, die bisweilen die der Erde kreuzt. Dies könnte zu einer Kollision führen. Was also, wenn die Vorwarnzeit kürzer ist als 50 oder gar 100 Jahre?

    "Wenn uns nur noch zehn Jahre von einem Aufprall trennen, müssen wir viel mehr Energie aufwenden, um den Asteroiden noch von seiner Flugrichtung abzubringen. Dann wäre es wohl nötig, seine Bahn nicht um einen Zentimeter pro Sekunde zu verändern, sondern vielleicht um zehn Zentimeter pro Sekunde. Dann käme schon aus Zeitgründen nur seine Sprengung mit einer Atombombe in Frage. Nur eine nukleare Explosion auf dem Asteroiden oder direkt über seiner Oberfläche wäre dazu in der Lage, den Brocken komplett zu zerlegen."

    Dass die Menschheit kurzfristig die benötigte Anzahl von Nuklearsprengköpfen bereitstellen könnte, steht außer Frage. Der limitierende Faktor wären eher die entsprechenden Trägerraketen. Um beispielsweise eine amerikanische Delta-IV startfertig zu montieren, benötigt der Raumfahrtkonzern Boeing etwa sechs Monate. In dieser Zeit könnten Astronomen zwar den herannahenden Asteroiden weiter beobachten und ihre Vorhersagen verfeinern. Je weiter er sich der Erde nähert, desto präziser können sie seine Bahn und damit das Aufschlagsrisiko berechnen – desto mehr Energie muss letztlich aber auch aufgewandt werden, um ihn zu beseitigen, was schlussendlich seine nukleare Zerstörung doch wahrscheinlicher werden lässt als eine behutsame Veränderung seiner Flugbahn. Es bleibt eben dabei: Wie man’s macht, ist es falsch.