Vielleicht interessieren sich Jugendliche bloß nicht für politischen Parteien und Zeitungskolumnen. Aber wenn Zehntausende Schüler auf die Straße gehen, um gegen den Krieg im Irak zu protestieren, so kann man von einer "unpolitischen" Generation nicht länger sprechen; und auch in andere Vorurteilsschemata passen diese jungen Leute nicht: Weder sind sie - wie weiland die 68er - gegen die Regierung: sie bekräftigen ja Schröders Kurs! noch sind sie antiamerikanisch: es macht ihnen gar nichts aus, nach der Demo zu McDonalds zu gehen und sich Made in USA zu kleiden. Sie sind schlicht und einfach gegen den Krieg. Kein Wunder, schließlich lieferte ihre Generation die Soldaten. Ein Wunder ist es allerdings, dass sich viele ihrer Lehrer nicht freuen über das politische Engagement, sondern es misstrauisch beobachten: Dass die Schüler nicht nach Unterrichtsschluss auf die Straße gehen, sondern sich selbst "Freistunden" genehmigen, veranlasst nicht wenige Pädagogen und Schulbürokraten zu drastischen Erziehungsmaßnahmen. Als ob die Schule nicht wegen geringerer Anlässe schon ausgefallen wäre... Immerhin begrüßen Lehrergewerkschaften das politische Interesse der jungen Leute, und die nordrhein-westfälische Kultusministerin - zum Beispiel - mahnt, einerseits bitte nachmittags zu demonstrieren, andrerseits die politische Bildung wieder stärker im Unterricht zu verankern. Mag sein, dass die Disziplinierungsmaßnahmen gegen die Demonstranten - Einträge wegen "unentschuldigten Fehlens" - dem Wunsch der Ministerin gerade entgegenwirken.
Gesprächspartner:
Dr. Uta Starke, Soziologin und Jugendforscherin, Uni Leipzig
Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Eltern des Elisabeth-vonThüringen-Gymnasiums in Köln
Literatur zum Thema:
Jonas Lanig et al.: Krieg ist keine Lösung. Unterrichtsmaterialien zum IRAK-Konflikt Verlag an der Ruhr
William Rivers Pitt mit Scott Ridder: Krieg gegen den Irak. KiWi
Norman Solomon, Reese Erlich: Angriffsziel Irak. Wie die Medien uns den Krieg verkaufen. Goldmann
Jürgen Todtenhöfer: Wer weint schon um Abdul und Tanaya? Herder
Peter Scholl-Latour: Kampf dem Terror-Kampf dem Islam? Propyläen
Michael Moore: Stupid White Man. Eine Abrechnung mit dem Amerika des George W. Bush. Piper
Susanne Leinemann: Aufgewacht. Mauer weg! DVA
Good Bye Lenin! Das Buch zum Film. Schwarzkopf und Schwarzkopf, Berlin
Wilhelm Heitmeyer: Jugend, Staat, Gewalt Juventa
Hans Boldt : Schülerduden, Politik und Gesellschaft Bibliogr. Institut
Walter Hornstein: Jugendforschung und Jugendpolitik Juventa
Klaus Hurrelmann, Mathias Albert: Jugend 2002. 14. Shell Jugendstudie Fischer
Elisabeth M. Mars: Münster 2002. Lokale Agenda live! Junge Visionen Unrast
Karsten Rudolf, Melanie Zeller: Wie entsteht politisches Engagement? Wochenschau Schwalbach
Links zum Thema:
Materialien zum Irak-Krieg zum Einsatz im Unterricht
Informationen und Materialien zum Irak-Konflikt
Programm "Demokratie lernen und leben" der Bund-Länder-Kommission unter:
www.blk-demokratie.de www.lernen-aus-der-geschichte.de www.jugend-debattiert.ghst.de/
Ihre Fragen und Meinungen erwarten wir während der Sendung unter: Hörertelefon: 00800 44 64 44 64 Hörerfaxnummer: 00800 44 64 44 65 E-Mail: forumpisa@dradio.de
Die nächste Sendung: Was lernen deutsche Grundschüler wirklich? (Auswertung der IGLU-Studie) Moderation: Eva-Maria Götz
Von allen Sendungen können Sie einen Kassettenmitschnitt bestellen. Senden Sie einen Verrechnungsscheck über EUR 10,- an: DeutschlandRadio Marketing und Service GmbH Raderberggürtel 40 50968 Köln
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Dr. Uta Starke, Soziologin und Jugendforscherin, Uni Leipzig
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