Archiv


Numerus Clausus auch für Master?

Mit der Aufteilung des traditionellen Diplom- oder Magisterstudiengangs auf die beiden getrennten Abschnitte Bachelor und Master haben die Hochschulen ein zweites Mal Gelegenheit, Zulassungsbeschränkungen zu erlassen. Wie die Zulassung zum Master aussehen solln, darüber gibt es in Potsdam Streit. Denn bei einigen Masterstudiengängen will die Uni einen Numerus Clausus einführen.

Von Daniela Siebert |
    2,6, das sei doch ein homöopathischer Numerus Clausus, beschwichtigt Thomas Grünewald, der Vize-Präsident der Universität Potsdam. Die Hochschule habe nun mal eine qualitative Zulassungsbeschränkung für die neuen Masterstudiengänge in den Fächern Ökologie, Zelluläre Biologie, Biochemie und Bioinformatik finden müssen, sagt er. Der Grund für den Numerus Clausus:

    " Weil zu erwarten steht, dass die Zahl der Bewerber höher sein wird, als die Zahl der Plätze. "

    Allerdings weiß niemand, wie viele Studierende sich denn zum kommenden Wintersemester tatsächlich für diese Studiengänge bewerben werden.

    Zudem werden die Bewerber ja auch ohne NC schon qualitativ bewertet. In der brandneuen Zulassungsordnung werden als Zulassungsvoraussetzungen beispielsweise der erfolgreiche Abschluss eines Bachelor-Studiengangs in Life Sciences genannt oder ein vergleichbarer Abschluss einer ausländischen Hochschule. Das ist nichts besonderes. Wohl aber, dass der Numerus Clausus nun noch dazu kommt. Wieso 2,6? Thomas Grünewald:

    " Die Fakultät hat sich überlegt, wo sie die qualitative Hürde ansetzt und hat gesagt: Wir versuchen es mal mit 2,6 als Mindestnote für den Bachelor-Abschluss, und zwar für Bewerberinnen und Bewerber sowohl aus Potsdam als auch von überall sonst. "

    Viele Studierende in Potsdam bringt das in Rage. Allen voran den AStA und dessen Referenten Norbert Müller:

    " Bologna hat ganz deutlich als Vorgabe für den Master gegeben: Es muss einen Bachelor-Abschluss geben, und das ist auch die einzige Vorgabe, politisch wie juristisch, die überhaupt haltbar ist. Jetzt zusätzlich eine Hürde einzuziehen und zu sagen, viele Bachelor-Absolventen wären intellektuell nicht in der Lage, einen Master einzubauen, ist juristisch falsch, ist rechtlich zu hinterfragen, das tun wir ja auch, und ist politisch das absolut falsche Signal. "

    Generell sollten alle Bachelor-Studierenden eine Chance auf den Master bekommen fordert Müller. Allerdings reiche in der Regel in Potsdam die Zahl der Master-Studienplätze nur für ein Drittel von ihnen.

    Der Berliner Rechtsanwalt Valko Alm ist auf Hochschulrecht spezialisiert. In allen Übereinkommen zum Bologna-Prozess sei nichts zum Thema Numerus Clausus festgelegt, sagt er:

    " Ich bin leider nicht bei den Bologna-Prozessen dabei gewesen. Also von daher kann ich Ihnen nicht sagen, warum man darüber keine Aussagen getroffen hat. "

    Deshalb sei es auch unter Juristen höchst umstritten, ob so eine Regelung zulässig sei.

    Der AStA der Uni Potsdam will das nun genau wissen. Er hat bei einem Rechtsanwalt in Münster ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das soll in den nächsten Wochen fertig werden. Auf dieser Basis werde man sehr wahrscheinlich ein Normenkontrollverfahren anstreben, um Rechtssicherheit zu bekommen, kündigt Norbert Müller an:

    " Wir suchen jetzt einfach KlägerInnen, die potenziell betroffen sein könnten und die sagen: Diese Zulassungsordnung schränkt mich in meinen Rechten ein, es werden individuelle Rechte verletzt durch die Universität Potsdam. Wir lassen vom Oberverwaltungsgericht diese Zulassungsordnung prinzipiell überprüfen, sodass es zur Meinung kommt, dass das Verfahren im Grunde schon falsch ist, in der Zulassungsordnung einen NC festzusetzen und damit potenziell Kapazitäten freizulassen, gilt die Zulassungsordnung generell nicht mehr. "

    Das Erstaunliche: Sogar die Uni-Leitung in Potsdam ist solch einer Normenkontrollklage nicht abgeneigt:

    " Das macht uns keine Angst, wahrscheinlich ist es auch richtig, dass so was einfach mal rechtlich überprüft wird. "

    Auch Rechtsanwalt Alm hält eine Normenkontrollklage in dieser Situation für das Mittel der Wahl.

    " Halte ich für sehr sinnvoll, weil es einfach mal für die Studenten die Möglichkeit gibt, während des normalen Bachelor-Studiums, was sie ja jetzt schon machen, überprüfen zu lassen, ob diese dann im weiteren Schritt Masterstudiengänge durch einen Numerus Clausus geschützt werden können. "

    Der Haken: Normenkontrollverfahren können Jahre dauern. Das hilft den Studierenden, für die die neue Zulassungsordnung ab dem Wintersemester gilt, wenig. Norbert Müller vom AStA treibt dabei auch noch eine weitere Sorge um:

    " Wir denken aber auch - da diese Zulassungsordnung so mit Unterstützung des Präsidiums der Universität beschlossen und umgesetzt wurde - dass das so ein bisschen ein Testballon ist und dass man dann auch für größere Studiengänge ähnliches einführt. "

    Dass die Uni Potsdam derzeit eine Art Testballon steigen lässt, räumt Vizepräsident Grünewald selbst ein, wenn auch indirekt:

    " Wir sind relativ früh dran. Die Berliner Hochschulen sind beispielsweise mit der Umstellung auf Bachelor und Master vielleicht einen Schritt hinter uns. Wir sind einfach ein bisschen früher als die, deshalb stellt sich das Problem bei uns. Ich bin überzeugt, man braucht keine prophetischen Gaben, um vorauszusehen, das wird in Berlin auch so eine Diskussion geben. "

    Dass andere Universitäten bislang ohne großen Aufschrei ihre Studien- und Zulassungsordnungen verabschieden konnten, mag daran liegen, dass sie auf einen Numerus Clausus verzichtet haben.