Schwungvoll wirft Valdar Liive die Tür seines schwarzen 5er BMW zu. Im Gehen zieht er das Jackett seines schwarzen Nadelstreifenanzugs an, läuft über den Parkplatz zur Eingangstür eines hell getünchten Gründerzeithauses im Zentrum von Helsinki. An der Tür ein großes Schild: EAS - Enterprise Estonia, die estnisch-finnische Handelskammer. Der hoch gewachsene 41-Jährige geht die Treppe hoch zu seinem Büro im zweiten Stock, blickt auf seine Armbanduhr: Kurz vor zehn. Valdar Liive ist mit der ersten Fähre aus Tallinn gekommen. Mehrmals in der Woche pendelt er zwischen den Hauptstädten Estlands und Finnlands hin und her. In Helsinki wirbt er für estnische Firmen, in Tallinn berät er seine Landsleute dabei, wie sie sich am besten auf dem finnischen Markt etablieren können.
"Der finnische Markt ist bereits fertig entwickelt, das heißt, dass die wesentlichen Produkte dort schon vorhanden sind und deshalb viel Wert auf Qualität gelegt wird. Deshalb zögern viele estnische Unternehmer noch, dort eine Niederlassung zu eröffnen. Ich sage ihnen dann: Mit Billigprodukten brauchen wir den Finnen nicht zu kommen, aber auch Estland ist kein Billigland mehr. Es geht mehr um Qualität und um Innovation."
Valdars Lieblingswort ist "Talsinki" - das Schlagwort der neuen Hauptstadtregion, zusammengesetzt aus "Tallinn" und "Helsinki", der Werbeslogan der Handelskammer. Finnland ist für Estland längst zum wichtigsten Handelspartner geworden. Fast 20 Prozent seines Exportgeschäfts wickelt das kleine Land inzwischen mit dem großen Nachbarn im Norden ab. Auch für finnische Investoren wird Estland immer attraktiver. Finnische Elektronik- und Holzkonzerne, Lebensmittelketten und Telefongesellschaften haben längst den boomenden Markt erobert. Das Wirtschaftswachstum lag im vergangenen Jahr bei mehr als sieben Prozent, 2006 sogar bei elf Prozent. Allerdings steigen auch die Löhne jedes Jahr um rund ein Fünftel.
Im Büro angekommen, schaltet Valdar Liive den Rechner an, greift zum Handy. Auf Finnisch telefoniert er mit einem Unternehmer in Helsinki, der in Tallinn eine große Hotelkette betreibt. Für den Nachmittag vereinbart er ein Treffen. Finnisch hat Valdar Liive bereits an der Universität gelernt, heute spricht er es wie seine zweite Muttersprache. So schwer sei das auch nicht, schließlich seien die beiden Sprachen eng miteinander verwandt.
"Prinzipiell sind sich unsere Sprachen sehr ähnlich, aber wenn man die jeweils andere nicht gelernt hat, versteht man sie nicht. Und es gibt viele Wörter, die ähnlich klingen, dann aber eine andere Bedeutung haben."
So bedeutet das finnische Wort für "sprechen" im Estnischen "blasen", das estnische Wort für "sprechen" heißt auf Finnisch dagegen "krächzen" oder "brüllen". Für besonders viele Missverständnisse sorge im Geschäftsalltag das Wort "halpa" - auf Finnisch "preiswert" - auf Estnisch "minderwertig". Doch bisher habe er das in Verhandlungen zwischen Esten und Finnen noch immer aufklären können, bevor es zu ernsthaften Verstimmungen gekommen sei, erklärt Valdar Liive. In den 17 Jahren, die seit der Unabhängigkeit Estlands vergangen sind, hätten sich beide Seiten an die Sprache und die Eigenheiten des jeweils anderen gewöhnt.
"Was die Geschäftskultur betrifft, so reden die Esten im Schnitt um rund ein Drittel schneller als die Finnen. Die Handelspartner in Helsinki kommen deswegen bei Verhandlungen manchmal nur schwer mit. Was außerdem zu Buche schlägt, ist, dass Estland 50 Jahre lang kein freies Land gewesen ist. Die Finnen sind es einfach gewöhnt, längerfristig zu planen, während die Esten spontaner und schneller sind und eher an Veränderungen gewöhnt sind. Doch die Ansprüche an Qualität sind in beiden Ländern sehr ähnlich."
Valdar Liive geht ins Großraumbüro nebenan, begrüßt eine estnische Mitarbeiterin. Sie beugt sich über einen dicken Ordner mit den Vorlagen für neue Werbebroschüren für estnische Unternehmen. Valdar setzt sich neben sie, schaut ihr über die Schulter, bespricht mit ihr die letzten Korrekturen. Bevor er zum nächsten Geschäftstreffen fährt, wirft er einen Blick auf seinen voll geschriebenen Terminkalender. Bereits morgen früh muss er wieder in Tallinn sein - ein Treffen mit den Vertretern eines finnischen Baukonzerns steht an. Am Nachmittag geht es dann gleich wieder zurück. Dann will er estnische Manager im Geschäftsviertel von Helsinki herumführen, um ihnen deutlich zu machen, welche Chancen der gemeinsame Markt bietet.
"Man könnte sagen, dass es Talsinki im Grunde schon gibt, denn viele Leute fahren heute bereits zur Arbeit von Estland nach Finnland und umgekehrt, und viele Unternehmen betrachten Tallinn und Helsinki schon jetzt als einheitliche Region, und im Grunde ist der Finnische Meerbusen zwischen den beiden Städten ja auch nicht mehr als ein breiter Fluss."
"Der finnische Markt ist bereits fertig entwickelt, das heißt, dass die wesentlichen Produkte dort schon vorhanden sind und deshalb viel Wert auf Qualität gelegt wird. Deshalb zögern viele estnische Unternehmer noch, dort eine Niederlassung zu eröffnen. Ich sage ihnen dann: Mit Billigprodukten brauchen wir den Finnen nicht zu kommen, aber auch Estland ist kein Billigland mehr. Es geht mehr um Qualität und um Innovation."
Valdars Lieblingswort ist "Talsinki" - das Schlagwort der neuen Hauptstadtregion, zusammengesetzt aus "Tallinn" und "Helsinki", der Werbeslogan der Handelskammer. Finnland ist für Estland längst zum wichtigsten Handelspartner geworden. Fast 20 Prozent seines Exportgeschäfts wickelt das kleine Land inzwischen mit dem großen Nachbarn im Norden ab. Auch für finnische Investoren wird Estland immer attraktiver. Finnische Elektronik- und Holzkonzerne, Lebensmittelketten und Telefongesellschaften haben längst den boomenden Markt erobert. Das Wirtschaftswachstum lag im vergangenen Jahr bei mehr als sieben Prozent, 2006 sogar bei elf Prozent. Allerdings steigen auch die Löhne jedes Jahr um rund ein Fünftel.
Im Büro angekommen, schaltet Valdar Liive den Rechner an, greift zum Handy. Auf Finnisch telefoniert er mit einem Unternehmer in Helsinki, der in Tallinn eine große Hotelkette betreibt. Für den Nachmittag vereinbart er ein Treffen. Finnisch hat Valdar Liive bereits an der Universität gelernt, heute spricht er es wie seine zweite Muttersprache. So schwer sei das auch nicht, schließlich seien die beiden Sprachen eng miteinander verwandt.
"Prinzipiell sind sich unsere Sprachen sehr ähnlich, aber wenn man die jeweils andere nicht gelernt hat, versteht man sie nicht. Und es gibt viele Wörter, die ähnlich klingen, dann aber eine andere Bedeutung haben."
So bedeutet das finnische Wort für "sprechen" im Estnischen "blasen", das estnische Wort für "sprechen" heißt auf Finnisch dagegen "krächzen" oder "brüllen". Für besonders viele Missverständnisse sorge im Geschäftsalltag das Wort "halpa" - auf Finnisch "preiswert" - auf Estnisch "minderwertig". Doch bisher habe er das in Verhandlungen zwischen Esten und Finnen noch immer aufklären können, bevor es zu ernsthaften Verstimmungen gekommen sei, erklärt Valdar Liive. In den 17 Jahren, die seit der Unabhängigkeit Estlands vergangen sind, hätten sich beide Seiten an die Sprache und die Eigenheiten des jeweils anderen gewöhnt.
"Was die Geschäftskultur betrifft, so reden die Esten im Schnitt um rund ein Drittel schneller als die Finnen. Die Handelspartner in Helsinki kommen deswegen bei Verhandlungen manchmal nur schwer mit. Was außerdem zu Buche schlägt, ist, dass Estland 50 Jahre lang kein freies Land gewesen ist. Die Finnen sind es einfach gewöhnt, längerfristig zu planen, während die Esten spontaner und schneller sind und eher an Veränderungen gewöhnt sind. Doch die Ansprüche an Qualität sind in beiden Ländern sehr ähnlich."
Valdar Liive geht ins Großraumbüro nebenan, begrüßt eine estnische Mitarbeiterin. Sie beugt sich über einen dicken Ordner mit den Vorlagen für neue Werbebroschüren für estnische Unternehmen. Valdar setzt sich neben sie, schaut ihr über die Schulter, bespricht mit ihr die letzten Korrekturen. Bevor er zum nächsten Geschäftstreffen fährt, wirft er einen Blick auf seinen voll geschriebenen Terminkalender. Bereits morgen früh muss er wieder in Tallinn sein - ein Treffen mit den Vertretern eines finnischen Baukonzerns steht an. Am Nachmittag geht es dann gleich wieder zurück. Dann will er estnische Manager im Geschäftsviertel von Helsinki herumführen, um ihnen deutlich zu machen, welche Chancen der gemeinsame Markt bietet.
"Man könnte sagen, dass es Talsinki im Grunde schon gibt, denn viele Leute fahren heute bereits zur Arbeit von Estland nach Finnland und umgekehrt, und viele Unternehmen betrachten Tallinn und Helsinki schon jetzt als einheitliche Region, und im Grunde ist der Finnische Meerbusen zwischen den beiden Städten ja auch nicht mehr als ein breiter Fluss."