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Nur vage Ahnung vom Beruf

Ein Lehrerbetriebspraktikum oder kostenloses Bewerbungscoaching vom örtlichen Unternehmen: Die Möglichkeiten, in der Schule mehr auf den Beruf vorzubereiten, sind vielfältig. Nachgefragt in Hamburg.

Von Axel Schröder |
    In Deutschland haben Schulabgänger die Qual der Wahl: Rund 350 Ausbildungsberufe gibt es und das mache es so wichtig, den Schülern schon früh Orientierung zu geben, sagt Angela Hellberg. Sie leitet die Abteilung "Schule und Wirtschaft" bei der Handelskammer Hamburg:

    "Obwohl wir das Internet und viele andere Möglichkeiten haben, uns zu orientieren, stehen Jugendliche vor einer Riesenauswahl an Berufen und finden sich nicht zurecht."

    Und deshalb, so Angela Hellberg, geht die Handelskammer in die Schulen. Hält Vorträge und regt Kooperationen zwischen Unternehmen und den Schulen an. Nicht nur die Schüler werden zum Beispiel durch Praktika auf das Leben nach dem Abschluss vorbereitet. Seit 16 Jahren gibt es auch für Lehrerinnen und Lehrer die Möglichkeit eines Praktikums:

    "Das ist ein sogenanntes Lehrerbetriebspraktikum. In Kooperation mit der Schulbehörde auch. Das heißt: Lehrer haben die Möglichkeit, in einem Unternehmen mal den Arbeitsalltag eines Wirtschaftsunternehmens kennenzulernen. An fünf Tagen in der Woche. Davon sind drei Tage als Fortbildung anerkannt von der Behörde und zwei Tage werden als "Freizeitinvestition" vom Lehrer dazugegeben, sodass in fünf Tagen ein kleiner Einblick in die Arbeitswelt in einem Wirtschaftsunternehmen gegeben werden kann.''"

    Das Engagement der Handelskammer hat Gründe: Die Arbeitswelt hat sich in den letzten zehn, zwanzig Jahren rasant verändert. Allein der Aufbau des Internets hat Dutzende neue Anforderungsprofile für Berufseinsteiger hervorgebracht. Ein Grund mehr für Lehrer, sich in der neuen Arbeitswelt umzusehen und ihre Erfahrungen an die Lernenden weiterzureichen. Schon seit einigen Jahren wird die Suche nach qualifizierten Schulabgängern für die Unternehmen schwieriger. Ein Grund dafür, sagt Angela Hellberg von der Hamburger Handelskammer, ist der demografische Wandel: Es gebe ganz einfach weniger Schulabgänger als früher, die Auswahl wird kleiner.

    Dass sich das Engagement an der Schnittstelle Schule/Wirtschaft lohnen kann, erfährt auch die Hamburger Firma Globetrotter. Der Outdoor-Ausstatter bietet alljährlich rund 150 Schulpraktikanten einen Einblick in die Berufswelt. Und Globetrotter arbeitet im sogenannten "Hamburger Hauptschulmodell" auch direkt mit Schulen zusammen, erklärt
    Personalleiterin Katharina Benson:

    ""Da haben wir eine Kooperation mit der Erich-Kästner-Gesamtschule, die den Schülern dort ermöglicht, bei uns Bewerbungsgespräche zu trainieren. Das heißt: Die können mich anrufen, mit mir einen Termin vereinbaren. Und ich führe dann mit denen ein Bewerbungsgespräch für eine Ausbildung und gebe den Schülern im Nachhinein Feedback: Was stimmt an Deinen Unterlagen nicht? Wie könntest Du Dich anders anziehen, wie kannst Du Dich anders benehmen? Ein kleines Coaching ist das. So was machen wir also auch."

    Die Personalleiterin bestätigt Angela Hellbergs Einschätzung: Viele Schülerinnen und Schüler haben – wenn überhaupt – nur eine vage Ahnung davon, welche Bandbreite an Berufen auf sie wartet, wie diese dann in der Praxis aussehen und welche Fähigkeiten dafür nötig sind. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen könne diesem Problem begegnen. Aber genau diese Kooperation wird auch kritisch gesehen, berichtet die Expertin der Hamburger Handelskammer: Die Wirtschaft – heißt es dann in den Kollegien – solle sich aus dem schulischen Alltag heraushalten, so Angela Hellberg. Und natürlich hat das Engagement der Handelskammer, von Unternehmen und Schulen auch Grenzen:

    "Ganz oft und zunehmend beklagen die Betriebe, dass die sogenannten - ich sag jetzt mal das neudeutsche Wort "Soft-Skills" - nicht abgedeckt werden. Manchmal fehlt einfach die Motivation der jungen Leute. Wenn also jemand mit Händen in den Taschen und mit dem Handy am Ohr reinkommt und sagt: "Weiß nicht ... Ich muss hier ein Praktikum machen, aber ich weiß gar nicht, wieso. Meine Schule will das so!" – dann ist kein Betrieb motiviert in ein Praktikum oder gar in eine Ausbildung zu nehmen. Und das ist also kein Einzelfall."

    Deshalb appelliert Angela Hellberg auch an die Eltern der Schulabgänger: Sie sollten dem Nachwuchs helfen, das Projekt "Berufseinstieg" mit der richtigen Haltung anzugehen.