Christoph Heinemann: Herr Gerster, halten Sie den Friedensschluss zwischen den Palästinenserorganisationen für dauerhaft?
Gerster: Das ist eine gute Frage. Gestern sagte mir ein palästinensischer Freund aus Ramallah: Das ist der Rettungsring zweier Ertrinkender, auf der einen Seite die Hamas, die die Macht in Gaza an sich gerissen hat, aber nicht weiterkommt, international nicht anerkannt wird, und Mahmud Abbas als Präsident aller Palästinenser, der aber ja seit zwei Jahren rechtmäßig gar nicht mehr im Amt ist - die Wahlen sind überfällig -, der sich nicht zu Neuwahlen traut, und eher schwach ist und in Gaza überhaupt keinen Einfluss mehr hat. Also, ob das Bündnis hält, das ist eine offene Frage. Das wird jetzt davon abhängen, ob die Hamas sich bereit erklärt, einen gemäßigten Weg einzuschlagen und endlich auch Israel anzuerkennen zum Beispiel.
Heinemann: Die Israelis sagen, wir reden nicht mit Leuten, die uns ins Meer werfen wollen. Von Außen leichter gefragt, als vor Ort getan, das muss man sich immer wieder vor Augen halten, dennoch: Sollte die Regierung Jerusalem jetzt über ihren Schatten springen, mit diesen Leuten reden?
Gerster: Ja zunächst einmal sagt ja die Hamas, dass sie überhaupt nicht bereit ist, mit Israel zu reden, und dass jedes Gespräch mit Israel dieses Land stabilisiert und dass man das zerstören will. Dieser Gordische Knoten ist meines Erachtens nur aufzubrechen, wenn jetzt eine internationale Autorität - die Amerikaner werden dazu kaum mehr in der Lage sein -, zum Beispiel die Europäische Union, sich entschließen könnte, eine wirkliche Vermittlerrolle zu übernehmen und mit beiden Seiten, zunächst getrennt und dann möglichst zusammen, zu reden, um auszuloten, ob es möglich ist, dass beide Seiten an den Verhandlungstisch zurückkehren. Das heißt, hier muss jetzt wirklich die internationale Staatengemeinschaft durch eine internationale Autorität aktiv werden und die bisherige Passivität in Sachen Friedensprozess aufgeben.
Heinemann: Europäische Union als Vermittler, gut und schön, nur: Die Franzosen und die Deutschen sagen ja zum Beispiel immer wieder Hü und Hott. Denn die Deutschen, Berlin, ist gegen eine Anerkennung, und Präsident Sarkozy liebäugelt damit.
Gerster: Das ist ja genau das Problem, dass die Europäische Union zwar international eine Größe darstellt, etwa in wirtschaftlichen Fragen, eine starke Finanzmacht ist, auch, dass aber diese Europäische Union bisher nicht in der Lage ist, eine gemeinsame Nahostpolitik zu formulieren und anzupacken. Man fragt sich ja als überzeugter Europäer: Wie sollen zwei Feinde im Nahen Osten zusammenfinden, wenn die Europäer, die im Frieden zusammenleben, nicht in der Lage sind, eine gemeinsame Nahostpolitik zu formulieren und durchzusetzen?
Heinemann: Herr Gerster, wie sehen Sie es denn inhaltlich? Die Israelis erweitern eine Siedlung nach der anderen - sollten die Europäer Israel mit einer Anerkennung eines Palästinenserstaates unter Druck setzen?
Gerster: Das bringt überhaupt nichts. Erstens baut Israel keine neuen Siedlungen, sondern erweitert ...
Heinemann: Ich habe gesagt: erweitert. Das hatte ich gesagt!
Gerster: ... vorhandene Siedlungen, was ich für einen Fehler halte, um das klar zu sagen. Nur: Einseitige Maßnahmen werden dem Frieden nicht dienen. Ich darf daran erinnern, das der damals nicht abgesprochene Rückzug Israels aus dem Südlibanon, dass der Rückzug Israels aus dem Gazastreifen - beides einseitig organisiert - den Frieden nicht näher gebracht hat, sondern zu neuen Auseinandersetzungen geführt hat. Also, einseitige Maßnahmen bringen überhaupt nichts. Das muss gemeinsam angepackt werden, mit internationalen Sicherheitsgarantien, sonst geht jede Initiative schief.
Heinemann: Sodass am Schluss dann doch wieder die Amerikaner als Vermittler auftreten sollen müssten, was Sie gerade eben noch ausgeschlossen haben.
Gerster: Die Amerikaner haben ja viel an Kredit verloren und haben wahnsinnig andere Probleme zu lösen. Deswegen meine ich, das sei die Stunde der Europäer, die hier tätig werden müssen. Wenn es nicht anders geht, werden es wieder die Amerikaner sein, aber ich glaube, dass die Europäer, wenn sie zu einer gemeinsamen Politik finden würden, mehr Autorität hätten - sowohl auf der arabisch-palästinensischen Seite, wie auf der israelischen Seite.
Heinemann: Und wie stehen Chancen dafür?
Gerster: Das müssen wir die Europäer fragen! Ich kann nur sagen, dass hier die Bundesregierung gefordert ist, dass hier die französische Regierung gefordert ist. Es hat keinen Sinn, die mangelnde Verständigungsbereitschaft im Nahen Osten zu beklagen, sagen, ihr müsst euch jetzt endlich mal einigen, wenn wir Europäer uns selbst nicht einigen können in dieser so entscheidenden Frage, was die Sicherheit Europas angeht. Denn immerhin geht es ja um eine Nachbarregion, die zum Frieden finden muss - auch im Interesse von Europa.
Gerster: Das ist eine gute Frage. Gestern sagte mir ein palästinensischer Freund aus Ramallah: Das ist der Rettungsring zweier Ertrinkender, auf der einen Seite die Hamas, die die Macht in Gaza an sich gerissen hat, aber nicht weiterkommt, international nicht anerkannt wird, und Mahmud Abbas als Präsident aller Palästinenser, der aber ja seit zwei Jahren rechtmäßig gar nicht mehr im Amt ist - die Wahlen sind überfällig -, der sich nicht zu Neuwahlen traut, und eher schwach ist und in Gaza überhaupt keinen Einfluss mehr hat. Also, ob das Bündnis hält, das ist eine offene Frage. Das wird jetzt davon abhängen, ob die Hamas sich bereit erklärt, einen gemäßigten Weg einzuschlagen und endlich auch Israel anzuerkennen zum Beispiel.
Heinemann: Die Israelis sagen, wir reden nicht mit Leuten, die uns ins Meer werfen wollen. Von Außen leichter gefragt, als vor Ort getan, das muss man sich immer wieder vor Augen halten, dennoch: Sollte die Regierung Jerusalem jetzt über ihren Schatten springen, mit diesen Leuten reden?
Gerster: Ja zunächst einmal sagt ja die Hamas, dass sie überhaupt nicht bereit ist, mit Israel zu reden, und dass jedes Gespräch mit Israel dieses Land stabilisiert und dass man das zerstören will. Dieser Gordische Knoten ist meines Erachtens nur aufzubrechen, wenn jetzt eine internationale Autorität - die Amerikaner werden dazu kaum mehr in der Lage sein -, zum Beispiel die Europäische Union, sich entschließen könnte, eine wirkliche Vermittlerrolle zu übernehmen und mit beiden Seiten, zunächst getrennt und dann möglichst zusammen, zu reden, um auszuloten, ob es möglich ist, dass beide Seiten an den Verhandlungstisch zurückkehren. Das heißt, hier muss jetzt wirklich die internationale Staatengemeinschaft durch eine internationale Autorität aktiv werden und die bisherige Passivität in Sachen Friedensprozess aufgeben.
Heinemann: Europäische Union als Vermittler, gut und schön, nur: Die Franzosen und die Deutschen sagen ja zum Beispiel immer wieder Hü und Hott. Denn die Deutschen, Berlin, ist gegen eine Anerkennung, und Präsident Sarkozy liebäugelt damit.
Gerster: Das ist ja genau das Problem, dass die Europäische Union zwar international eine Größe darstellt, etwa in wirtschaftlichen Fragen, eine starke Finanzmacht ist, auch, dass aber diese Europäische Union bisher nicht in der Lage ist, eine gemeinsame Nahostpolitik zu formulieren und anzupacken. Man fragt sich ja als überzeugter Europäer: Wie sollen zwei Feinde im Nahen Osten zusammenfinden, wenn die Europäer, die im Frieden zusammenleben, nicht in der Lage sind, eine gemeinsame Nahostpolitik zu formulieren und durchzusetzen?
Heinemann: Herr Gerster, wie sehen Sie es denn inhaltlich? Die Israelis erweitern eine Siedlung nach der anderen - sollten die Europäer Israel mit einer Anerkennung eines Palästinenserstaates unter Druck setzen?
Gerster: Das bringt überhaupt nichts. Erstens baut Israel keine neuen Siedlungen, sondern erweitert ...
Heinemann: Ich habe gesagt: erweitert. Das hatte ich gesagt!
Gerster: ... vorhandene Siedlungen, was ich für einen Fehler halte, um das klar zu sagen. Nur: Einseitige Maßnahmen werden dem Frieden nicht dienen. Ich darf daran erinnern, das der damals nicht abgesprochene Rückzug Israels aus dem Südlibanon, dass der Rückzug Israels aus dem Gazastreifen - beides einseitig organisiert - den Frieden nicht näher gebracht hat, sondern zu neuen Auseinandersetzungen geführt hat. Also, einseitige Maßnahmen bringen überhaupt nichts. Das muss gemeinsam angepackt werden, mit internationalen Sicherheitsgarantien, sonst geht jede Initiative schief.
Heinemann: Sodass am Schluss dann doch wieder die Amerikaner als Vermittler auftreten sollen müssten, was Sie gerade eben noch ausgeschlossen haben.
Gerster: Die Amerikaner haben ja viel an Kredit verloren und haben wahnsinnig andere Probleme zu lösen. Deswegen meine ich, das sei die Stunde der Europäer, die hier tätig werden müssen. Wenn es nicht anders geht, werden es wieder die Amerikaner sein, aber ich glaube, dass die Europäer, wenn sie zu einer gemeinsamen Politik finden würden, mehr Autorität hätten - sowohl auf der arabisch-palästinensischen Seite, wie auf der israelischen Seite.
Heinemann: Und wie stehen Chancen dafür?
Gerster: Das müssen wir die Europäer fragen! Ich kann nur sagen, dass hier die Bundesregierung gefordert ist, dass hier die französische Regierung gefordert ist. Es hat keinen Sinn, die mangelnde Verständigungsbereitschaft im Nahen Osten zu beklagen, sagen, ihr müsst euch jetzt endlich mal einigen, wenn wir Europäer uns selbst nicht einigen können in dieser so entscheidenden Frage, was die Sicherheit Europas angeht. Denn immerhin geht es ja um eine Nachbarregion, die zum Frieden finden muss - auch im Interesse von Europa.