"I Dwight D. Eisenhower do solemnly swear ... "- "Ich, Dwight D. Eisenhower, schwöre feierlich, ... " - Eisenhower, 1953.
" ... that I will faithfully execute the Office of President of the United States, ... " - " ... dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich ausführen, ... " - Ronald Reagan, 1981
" ... and will to the best of my ability, preserve, protect and defend the Constitution of the United States." - " ... und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften wahren, schützen und verteidigen werde." - Obama, 2009
"So help me God"– "So wahr mir Gott helfe".
Wenn Obama heute zum zweiten Mal den Amtseid ablegt, dann könnte er, wenn er wollte, diesmal auf die religiöse Bekräftigung – "So wahr mir Gott helfe!" – verzichten. Sie ist ebenso wenig obligatorisch, wie die Formulierung "Ich schwöre." Er könnte auch sagen: "I affirm" – "Ich bekräftige". Er wird dies aber nicht tun. Obama wird sich in die Tradition seiner Vorgänger stellen. Darum geht es in dieser Zeremonie:
"Dieser rituelle Akt garantiert den Fortbestand der Republik."
Sagt David Morgan. Er ist Dekan am Religionswissenschaftlichen Institut der Duke University, einer Eliteuni im US-Bundesstaat North-Carolina. Er forscht über die sogenannte Civil Religion, die amerikanische Zivilreligion. Sie durchdringt die ganze Gesellschaft, etwa wenn selbst bei unbedeutenden Sportereignissen die Nationalhymne gesungen wird oder sich Politiker in ihren Reden auf Gott beziehen. Das Hochamt dieser Zivilreligion aber ist die Inauguration des Präsidenten. Das Protokoll hat liturgisch-rituellen Charakter.
"Dabei ist der Präsident so etwas wie der Pontifex maximus. Er steht an der Spitze der amerikanischen Zivilreligion. Als wäre er umgeben von einer Tempelinfrastruktur. Er ist die zentrale Figur bei der Amtseinführung, dem wichtigsten Ritus der amerikanischen Zivilreligion. Er hat die Vollmacht über bestimmte Formeln wie: Gott segne Amerika. Und so weiter. Er steht in der Abfolge von Kennedy und Lincoln und Washington. Er hat somit eine rituelle Macht wie kein anderer amerikanischer Politiker."
Der Präsident ist es auch, der bestimmt, wie viel gebetet wird bei der Zeremonie, von wem die Gebete gesprochen werden. Meist sind es prominente Prediger, Bischöfe oder Rabbis. Diesmal spricht eine afro-amerikanischen Bürgerrechtlerin das Eröffnungsgebet, obwohl sie keine geistlichen Würden hat. Womit Pontifex maximus Obama signalisiert: Dies ist keine Veranstaltung einer bestimmten Religionsgemeinschaft. Neben rein religiösen Elementen sind auch zivilreligiöse Elemente wichtig: Die USA sehen sich in diesem Ritus als Gottes auserwähltes Volk. Die Nation wünscht sich und dem Präsidenten den Segen Gottes. Deshalb bezeichnet Nordamerika-Historikerin Heike Bungert den US-Präsidenten als Hohepriester – und zwar:
"Weil er sozusagen der Hohepriester dieser Zivilreligion ist. Die Inaugurationsrede ist der heilige Text dieser Religion. Und jeder neue Präsident muss sich eben in diese Zivilreligion einreihen. Und muss zeigen, dass er diese alten Traditionen übernimmt und einerseits in der Tradition der Vorväter steht und andererseits, dass er sozusagen diese zivilreligiösen nationalen Elemente und Werte weiter gibt an die nächste Generation. Also, auch die Zukunft spielt immer eine große Rolle in diesen Reden. "
Heike Bungert, Professorin in Münster, forscht am Exzellenzcluster Religion zur Zivilreligion in US-amerikanischen Inaugurationen. Da die Amtseinführung nun mal ein Ritual sei, bestehe sie per definitionem aus wenigen traditionellen Elementen. Die verändern sich kaum. Was sich verändert, ist vor allem die Infrastruktur. Sie hat es möglich gemacht, dass die Inauguration zum Massenspektakel wurde. Mehr als eine Million Menschen kamen zuletzt auf die National Mall in die Hauptstadt. Viele Millionen Menschen saßen vor ihren Fernsehern oder Radios oder Rechnern. Nicht nur in den Vereinigten Staaten. Diesmal werden es weniger sein, aber auch sie werden hören, wie Obama mit pathetischem Ton die Einheit des Landes betont, jenseits der Vielfalt in diesem Einwanderungsland, das keine Religion bevorzugt. Zusammenhalt – dies ist der Kern dieser zivilreligiösen Zeremonie.
"Es ist extrem wichtig. Wir haben ja nicht erst seit Kurzem, sondern immer schon Wahlkämpfe, in denen es zur Sache geht, in denen man sich stark bekämpft, in denen polarisiert wird. Und die Inauguration versucht dann, auch die ehemaligen Gegner wieder in das Land sozusagen zu integrieren und klar zu machen, wir arbeiten jetzt alle zusammen für das Wohl des Landes. Insofern Integration – ganz wichtig. Wichtig auch die politische Legitimation des neuen Präsidenten. "
Der legt den Amtseid fast immer auf die Bibel ab – manchmal auch auf zwei. All diese Elemente der Zivilreligion, ein Begriff, der auf Rousseau zurückgeht und in den 1960er-Jahren vom Religionssoziologen Robert Bellah für die USA neu durchdekliniert wurde, all dies wird kaum hinterfragt – auch nicht von jenen, die keiner Religion angehören, sagt David Morgan. Das missfalle den religiösen Führern. Sie schimpfen auf diesen Wettbewerber: die amerikanische "civil religion".
Doch das Gros der Amerikaner hätte Anteil an dieser nationalen Identität, die aus der gemeinsamen Hochachtung vor Symbolen und öffentlichen Ritualen entstehe. Zivilreligion als Teil der politischen Kultur bringe Menschen zusammen und schaffe ein Gemeinschaftsgefühl jenseits aller religiösen und ethnischen Differenzen, sagt Religionswissenschaftler David Morgan.
"Die Zivilreligion zieht viele Amerikaner in einem Maße an, wie es der traditionellen Religion nicht gelingt. Weil sie nicht so viel Uniformität und moralische Verpflichtung einfordert. Vielleicht ist der Aufstieg der Zivilreligion auch einfach der Aufstieg des Säkularismus. Ich weiß es nicht. Aber was sicher stimmt: Jeder kann glauben, was er will, und kann immer ein guter Amerikaner sein. Das ist das Interessante und das Provozierende an der Idee der Zivilreligion."
Religiöse Elemente in die Zivilreligion zu integrieren, war nur möglich, weil Staat und Kirche in der US-Verfassung getrennt sind, also keine Religionsgemeinschaft bevorzugt, aber auch keine behindert wird. So kann der Staat selbst als Sinnstifter tätig werden – etwa in solchen zivilreligiösen Hochämtern wie den Inaugurationsfeiern.
Mehr zum Thema:
Alle Beiträge zur US-Wahl 2012 gibt es im Sammelportal zum Nachlesen.
" ... that I will faithfully execute the Office of President of the United States, ... " - " ... dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich ausführen, ... " - Ronald Reagan, 1981
" ... and will to the best of my ability, preserve, protect and defend the Constitution of the United States." - " ... und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften wahren, schützen und verteidigen werde." - Obama, 2009
"So help me God"– "So wahr mir Gott helfe".
Wenn Obama heute zum zweiten Mal den Amtseid ablegt, dann könnte er, wenn er wollte, diesmal auf die religiöse Bekräftigung – "So wahr mir Gott helfe!" – verzichten. Sie ist ebenso wenig obligatorisch, wie die Formulierung "Ich schwöre." Er könnte auch sagen: "I affirm" – "Ich bekräftige". Er wird dies aber nicht tun. Obama wird sich in die Tradition seiner Vorgänger stellen. Darum geht es in dieser Zeremonie:
"Dieser rituelle Akt garantiert den Fortbestand der Republik."
Sagt David Morgan. Er ist Dekan am Religionswissenschaftlichen Institut der Duke University, einer Eliteuni im US-Bundesstaat North-Carolina. Er forscht über die sogenannte Civil Religion, die amerikanische Zivilreligion. Sie durchdringt die ganze Gesellschaft, etwa wenn selbst bei unbedeutenden Sportereignissen die Nationalhymne gesungen wird oder sich Politiker in ihren Reden auf Gott beziehen. Das Hochamt dieser Zivilreligion aber ist die Inauguration des Präsidenten. Das Protokoll hat liturgisch-rituellen Charakter.
"Dabei ist der Präsident so etwas wie der Pontifex maximus. Er steht an der Spitze der amerikanischen Zivilreligion. Als wäre er umgeben von einer Tempelinfrastruktur. Er ist die zentrale Figur bei der Amtseinführung, dem wichtigsten Ritus der amerikanischen Zivilreligion. Er hat die Vollmacht über bestimmte Formeln wie: Gott segne Amerika. Und so weiter. Er steht in der Abfolge von Kennedy und Lincoln und Washington. Er hat somit eine rituelle Macht wie kein anderer amerikanischer Politiker."
Der Präsident ist es auch, der bestimmt, wie viel gebetet wird bei der Zeremonie, von wem die Gebete gesprochen werden. Meist sind es prominente Prediger, Bischöfe oder Rabbis. Diesmal spricht eine afro-amerikanischen Bürgerrechtlerin das Eröffnungsgebet, obwohl sie keine geistlichen Würden hat. Womit Pontifex maximus Obama signalisiert: Dies ist keine Veranstaltung einer bestimmten Religionsgemeinschaft. Neben rein religiösen Elementen sind auch zivilreligiöse Elemente wichtig: Die USA sehen sich in diesem Ritus als Gottes auserwähltes Volk. Die Nation wünscht sich und dem Präsidenten den Segen Gottes. Deshalb bezeichnet Nordamerika-Historikerin Heike Bungert den US-Präsidenten als Hohepriester – und zwar:
"Weil er sozusagen der Hohepriester dieser Zivilreligion ist. Die Inaugurationsrede ist der heilige Text dieser Religion. Und jeder neue Präsident muss sich eben in diese Zivilreligion einreihen. Und muss zeigen, dass er diese alten Traditionen übernimmt und einerseits in der Tradition der Vorväter steht und andererseits, dass er sozusagen diese zivilreligiösen nationalen Elemente und Werte weiter gibt an die nächste Generation. Also, auch die Zukunft spielt immer eine große Rolle in diesen Reden. "
Heike Bungert, Professorin in Münster, forscht am Exzellenzcluster Religion zur Zivilreligion in US-amerikanischen Inaugurationen. Da die Amtseinführung nun mal ein Ritual sei, bestehe sie per definitionem aus wenigen traditionellen Elementen. Die verändern sich kaum. Was sich verändert, ist vor allem die Infrastruktur. Sie hat es möglich gemacht, dass die Inauguration zum Massenspektakel wurde. Mehr als eine Million Menschen kamen zuletzt auf die National Mall in die Hauptstadt. Viele Millionen Menschen saßen vor ihren Fernsehern oder Radios oder Rechnern. Nicht nur in den Vereinigten Staaten. Diesmal werden es weniger sein, aber auch sie werden hören, wie Obama mit pathetischem Ton die Einheit des Landes betont, jenseits der Vielfalt in diesem Einwanderungsland, das keine Religion bevorzugt. Zusammenhalt – dies ist der Kern dieser zivilreligiösen Zeremonie.
"Es ist extrem wichtig. Wir haben ja nicht erst seit Kurzem, sondern immer schon Wahlkämpfe, in denen es zur Sache geht, in denen man sich stark bekämpft, in denen polarisiert wird. Und die Inauguration versucht dann, auch die ehemaligen Gegner wieder in das Land sozusagen zu integrieren und klar zu machen, wir arbeiten jetzt alle zusammen für das Wohl des Landes. Insofern Integration – ganz wichtig. Wichtig auch die politische Legitimation des neuen Präsidenten. "
Der legt den Amtseid fast immer auf die Bibel ab – manchmal auch auf zwei. All diese Elemente der Zivilreligion, ein Begriff, der auf Rousseau zurückgeht und in den 1960er-Jahren vom Religionssoziologen Robert Bellah für die USA neu durchdekliniert wurde, all dies wird kaum hinterfragt – auch nicht von jenen, die keiner Religion angehören, sagt David Morgan. Das missfalle den religiösen Führern. Sie schimpfen auf diesen Wettbewerber: die amerikanische "civil religion".
Doch das Gros der Amerikaner hätte Anteil an dieser nationalen Identität, die aus der gemeinsamen Hochachtung vor Symbolen und öffentlichen Ritualen entstehe. Zivilreligion als Teil der politischen Kultur bringe Menschen zusammen und schaffe ein Gemeinschaftsgefühl jenseits aller religiösen und ethnischen Differenzen, sagt Religionswissenschaftler David Morgan.
"Die Zivilreligion zieht viele Amerikaner in einem Maße an, wie es der traditionellen Religion nicht gelingt. Weil sie nicht so viel Uniformität und moralische Verpflichtung einfordert. Vielleicht ist der Aufstieg der Zivilreligion auch einfach der Aufstieg des Säkularismus. Ich weiß es nicht. Aber was sicher stimmt: Jeder kann glauben, was er will, und kann immer ein guter Amerikaner sein. Das ist das Interessante und das Provozierende an der Idee der Zivilreligion."
Religiöse Elemente in die Zivilreligion zu integrieren, war nur möglich, weil Staat und Kirche in der US-Verfassung getrennt sind, also keine Religionsgemeinschaft bevorzugt, aber auch keine behindert wird. So kann der Staat selbst als Sinnstifter tätig werden – etwa in solchen zivilreligiösen Hochämtern wie den Inaugurationsfeiern.
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