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Obamacare
US-Präsident droht eine weitere Schlappe

Auch der dritte Anlauf der Republikaner, die Gesundheitsreform von Barack Obama rückgängig zu machen, steht allem Anschein nach vor dem Aus. Weil die Demokraten erneut geschlossen gegen die Vorlage stimmen werden, droht die Initiative von US-Präsident Donald Trump mit drei republikanischen Gegenstimmen zu scheitern.

Von Thilo Kößler |
    Eine Frau und ein Mann gehen am 11.05.2017 in Hialeah (Florida, USA) an einer Apotheke mit der Aufschrift "Obamacare" vorbei. Donald Trump droht mit seiner Gesundheitsreform erneut zu scheitern. Für den Gesetzentwurf, der die Krankenversorgung «Obamacare» abschaffen und durch ein neues System ersetzen soll, bekommen die Konservativen offensichtlich keine Mehrheit zusammen.
    Trump vor erneuter Niederlage bei Gesundheitsreform (dpa / picture alliance / Alan Diaz)
    Proteste von wütenden Demonstranten im noblen Ambiente des Kongresses, wo die Mitglieder des Finanzausschusses über den jüngsten Gesetzentwurf der Republikaner zur umstrittenen Gesundheitsreform berieten. Schließlich trugen Polizisten die Demonstranten aus dem Saal – etliche von ihnen in Rollstühlen.
    Der Widerstand kommt indes nicht nur von betroffenen Kranken oder von Ärzteverbänden. Er kommt zunehmend auch aus den eigenen Reihen. Auch der dritte Anlauf der Republikaner, die Gesundheitsreform von Barack Obama rückgängig zu machen, ist allem Anschein nach zum Scheitern verurteilt. Nach den Senatoren Rand Paul und John McCain hat sich nun auch Senatorin Susan Collins dazu entschlossen, gegen die Gesetzesvorlage zu stimmen.
    Vor dem Hintergrund ihrer knappen Mehrheit im Senat können sich die Republikaner aber nur zwei Abweichler erlauben. Weil die Demokraten erneut geschlossen gegen die Vorlage stimmen werden, droht die Initiative mit drei, möglicherweise sogar vier republikanischen Gegenstimmen zu scheitern.
    Ein eingegipster Unterarm, auf dem "I love Obamacare" steht
    Ein Fan von Obamacare (picture alliance/ dpa/ Yoon S. Byun)
    Senatorin Susan Collins erklärte am Abend, den letzten Ausschlag für ihren Entschluss habe eine Mitteilung der parteiübergreifenden Budgetbehörde des Kongresses gegeben. Demnach würden Millionen von Krankenversicherten ihren Versicherungsschutz verlieren, wenn der Vorschlag der Republikaner realisiert würde. Collins sprach von verheerenden Einschnitten im Medicaid-Programm, das vor allem Ältere und sozial Schwache absichert. Die Prämien würden für Millionen von Versicherten steigen, der Schutz von Menschen mit Vorerkrankungen werde erheblich eingeschränkt.
    Formelle und inhaltliche Gründe
    Die Senatoren John McCain aus Arizona und Rand Paul aus Kentucky hatten schon am Wochenende erklärt, dass sie gegen die Vorlage ihrer Parteiführung stimmen werden. McCain eher aus formalen Gründen, weil er in dem erneuten Reformversuch in erster Linie ein politisches Hinterzimmer-Manöver sieht und ein geregeltes Gesetzgebungsverfahren vermisst. Rand Paul hingegen beanstandet insbesondere den Plan, die Verantwortung für das Gesundheitssystem den Einzelstaaten zu übertragen und sie mit pauschalen Zuwendungen aus Bundesmitteln zu unterstützen. Die Folge werde ein permanenter Verteilungskampf unter den Bundesstaaten sein, so Paul.
    Die Republikaner wollten die Abstimmung eigentlich bis zum 30. September über die Bühne bringen, dem Ende des Fiskaljahres. Bis dahin hätte ihnen eine einfache Mehrheit von 51 Stimmen gereicht. Nach Ablauf dieser Frist wären 60 Stimmen erforderlich - eine Illusion angesichts der Front der Demokraten.
    Nun ist die Frage, ob die Republikaner trotz des zu erwartenden politischen Fiaskos auf einer Abstimmung bestehen. Oder ob sie nun doch den Weg einer überparteilichen Einigung gehen wollen, die darauf hinausliefe, Obamacare beizubehalten und allenfalls in Teilen zu reformieren. Während aus dem demokratischen Lager bereits das Angebot zur Zusammenarbeit vorliegt, lehnte Senator Bill Cassidy diese Option kategorisch ab – weil es Zwei zum Tango brauche, wie er sagte. Und er sei nicht zum Tanz bereit.
    Schwerer Rückschlag für Trump
    Für Donald Trump bedeutet das absehbare Scheitern seines politischen Prestigeprojekts einen schweren Rückschlag. Seit seinem Amtsantritt hat er noch keine wichtige Gesetzesinitiative erfolgreich durch den Kongress gebracht. Hinter vorgehaltener Hand wird in republikanischen Parteikreisen der Vorwurf laut, Donald Trump hätte sich in den vergangenen Tagen lieber um die Mehrheitsbeschaffung im Senat kümmern sollen als unflätige Tweets gegen afroamerikanische Football-Stars abzusetzen, die gegen den wachsenden Rassismus protestieren.
    Stattdessen äußerte Trump vor seinem Heimflug aus dem Wochenende seinen Unmut gegenüber den republikanischen Abweichlern und sagte, irgendwann und irgendwie werde er diese Schlacht um die Abschaffung von Obamacare doch noch gewinnen.