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Obamas letztes Amtsjahr
Bloß nicht als "lame duck" enden

US-Präsident Barack Obama startet in sein achtes und letztes Jahr im Weißen Haus. Bis er sein Amt abgibt, hat er sich noch ehrgeizige Projekte vorgenommen: So will er etwa den Bürgerkrieg in Syrien lösen, Guantanamo endlich schließen - und einem demokratischen Nachfolger das Heft in die Hand geben.

Von Martin Ganslmeier | 03.01.2016
    Der Präsident steht hinter dem Pult des Pressekonferenz-Raums vor blauem Hintergrund mit dem Emblem des Weißen Hauses. Links neben ihm ist eine US-Fahne, rechts eine blaue Fahne. Obama gestikuliert mit der Hand.
    US-Präsident Obama fordert am 1.10.2015 in Washington ein schärferes Waffenrecht nach einem Amoklauf im US-Bundesstaat Orgeon. (AFP PHOTO/MANDEL NGAN)
    Nein, eine "lame duck", eine lahme Ente, will er auch in seinem letzten Amtsjahr nicht sein. Dafür habe er noch zu viel zu erledigen, hatte US-Präsident Barack Obama auf seiner Jahresabschluss-Pressekonferenz vor Weihnachten betont: "Ich plane, alles in meiner Kraft stehende zu tun, um jede Minute, die mir als Präsident bleibt, zu nutzen, Ergebnisse für das amerikanische Volk zu liefern." Schon gleich zu Beginn der Woche will sich Obama mit seiner Justizministerin Loretta Lynch treffen, um über strengere Waffenkontrollen zu beraten, die er ohne Zustimmung im Kongress anordnen könnte.
    Dass seine Vorschläge nach dem schlimmen Grundschul-Massaker vor drei Jahren in Newtown im Kongress scheiterten, hat Obama als größte Niederlage seiner Amtszeit empfunden. Zumindest strengere Background-Checks von Waffenkäufern will er nun im Alleingang durchsetzen. "Die Waffenlobby ist laut und gut organisiert, um leicht verfügbare Waffen für jedermann zu propagieren. Deshalb müssen wir genau so leidenschaftlich und gut organisiert unsere Kinder verteidigen." Konkrete Vorschläge wird Obama in seiner Rede zur Lage der Nation am 12. Januar verkünden.
    Guantanamo per Exekutivanordnung schließen
    Ebenfalls ganz oben auf Obamas To-do-Liste im letzten Amtsjahr: die vor acht Jahren im Wahlkampf versprochene Schließung des Gefangenenlagers auf Guantanamo. Zwar konnte Obama 130 Insassen in andere Länder vermitteln, aber noch immer werden über 100 Menschen auf dem kubanischen Stützpunkt ohne Prozess festgehalten. Obama will dem Kongress noch im Januar einen Schließungsplan vorlegen. Die republikanische Mehrheit im Kongress wird ihn höchstwahrscheinlich ablehnen.
    Obama will dann erneut im Alleingang handeln und das Lager per Exekutivanordnung schließen - verfassungsrechtlich äußerst umstritten. Doch Obama will vollendete Tatsachen schaffen und ein Lager beseitigen, dass er als Schande für Amerika empfindet. "Guantanamo ist noch immer einer der stärksten Magneten für die Rekrutierung von Dschihadisten. Die Schließung ist Teil unserer Anti-Terror-Strategie."
    Fortsetzung des Kampfes gegen den IS
    Die wichtigsten außenpolitischen Ziele Obamas im letzten Amtsjahr sind eine diplomatische Lösung des Bürgerkriegs in Syrien sowie Fortschritte im Kampf gegen den "Islamischen Staat". Außerdem wird Obama - je näher die Präsidentschaftswahl am 8. November rückt - häufig ins Ausland reisen, vor allem um die Freihandelsabkommen voranzubringen: zunächst das Transpazifische mit zwölf Pazifikstaaten. Aber auch das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP soll neuen Schwung bekommen, wenn sich Obama und Merkel Ende April auf der Hannover-Messe treffen.
    Schließlich will Obama der erste US-Präsident seit fast 90 Jahren sein, der nach Kuba reist. Und dann freut sich Obama jetzt schon auf die Wahl am 8. November: "Ich glaube, wir werden einen starken demokratischen Kandidaten haben, der gewinnen wird", gab er sich vor Weihnachten zuversichtlich. "Ich glaube, ich werde einen demokratischen Nachfolger haben." Sollte es tatsächlich so kommen, wäre Obama gelungen, was in den vergangenen 100 Jahren nur Franklin D. Roosevelt und Ronald Reagan geschafft haben: nach zwei Amtsperioden das Weiße Haus an einen Nachfolger aus der eigenen Partei zu übergeben.