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"Oberflächlich und ignorant"

Die britische Berichterstattung über EU-Themen wird immer wieder kritisiert. In vielen Nachrichten und Reportagen, die man in Großbritannien über "Brüssel" liest, wimmelt es nur so von Stereotypen, verdrehten Fakten und groben Verallgemeinerungen. Und offensichtlich ist auch der britische Staatssender, die BBC, nicht frei von verbalen Entgleisungen, wenn es um EU-Nachrichten geht. Das ergibt sich zumindest aus einer Untersuchung zur EU-Berichterstattung, die die BBC selbst in Auftrag gegeben hat.

Von Tobias Armbrüster |
    Die EU-Berichterstattung der BBC sei zwar nicht tendenziös, aber trotzdem auffallend oberflächlich und ignorant. So lautet, kurz zusammengefasst, das Ergebnis dieser Untersuchung. Die BBC hatte den Report selbst in Auftrag gegeben. EU-Kritiker haben dem britischen Staatssender immer wieder vorgeworfen, er berichte zu freundlich über Brüssel und die europäische Integration. Von der anderen Seite heißt es dagegen immer wieder, die BBC verfalle zu oft in die gleichen negativen Stereotypen wie die britische Boulevard-Presse. Viele Medienbeobachter sind überrascht, dass jetzt ausgerechnet die BBC für ihre EU-Berichterstattung gerade stehen soll. Jason Deans, Medienredakteur beim Guardian.

    Ich glaube, diese Kritik ist etwas übertrieben. Die meisten britischen Medien berichten nun mal pointiert und teilweise kontrovers über die EU, denn es gibt hier bei uns ja eine ständige Diskussion darüber ob die EU nun gut oder schlecht für unser Land ist. Da ist es nicht ganz fair, die BBC gesondert rauszupicken.

    Der Report wurde verfasst von einem Kommmitte unter Vorsitz von Lord Wilson, einem ehemaligen hohen Regierungsbeamten. Das Abschlusspapier zählt mehrere Beispiele auf, die zeigen, wie oberflächlich viele BBC-Programme das Thema EU behandeln. Zitiert wird etwa ein Reporter, der einen kommentierenden Fernsehbeitrag mit den Worten beendet: "Es gibt einfach ein paar britische Traditionen, die wir erhalten wollen, so wie das englische Frühstück und den Pub, – deshalb würde ich niemals für die Einführung des Euro stimmen", Zitat Ende. Auf der anderen Seite stehen zahlreiche Interviews, in denen BBC-Moderatoren nicht nachgehakt haben, wenn Regierungspolitiker die EU als einzigen Garant für Wohlstand und britische Arbeitsplätze hochhalten. Tatsächlich sehen viele Journalisten ein ständiges Bestreben innerhalb der BBC, die EU schönzureden, so auch Peter Oborne, Politischer Reporter beim Spectator und selbsterklärter EU-Kritiker.

    Es gibt eine tief verwurzelte Tendenz innerhalb der BBC alles gut zu finden, was von Brüssel ausgeht. Da schwingt in vielen Berichten die Idee von der europäischen Vision mit, und das obwohl eine Mehrheit aller Briten der EU sehr kritisch gegenüber steht. Das Problem ist, die BBC ist ein öffentlicher Sender, er sollte daher die Meinung der Mehrheit wiedergeben, und nicht das nachbeten, was die Bürokraten in Brüssel vorgeben.

    Der Report von Lord Wilson macht mehrere Lösungsvorschläge, um die EU-Berichterstattung der BBC zu verbessern. Unter anderem wird dem Sender empfohlen den Posten eines Chef-Korrespondenten für EU-Angelegenheiten einzuführen. Spätestens hier wird deutlich, dass dieser Report ein Problem anspricht, dass die meisten Medien in Europa beschäftigt. Denn viele Nachrichten über EU-Angelegenheiten gehen unter in einem Kompetenzkampf zwischen Korrespondenten-Büro und Redaktion.

    Alle Medien haben es hier mit einem Dilemma zu tun – wie sollen sie mit Themen umgehen, die zwar aus dem Ausland kommen, nämlich aus Brüssel oder Strasbourg, aber trotzdem große Auswirkungen auf die Politik hier bei uns haben. Die EU-Geschichte landet im Zweifelsfall immer im hinteren Teil der Nachrichten, ganz einfach deshalb weil das Büro in Brüssel keinen Einfluss hat.

    Für die BBC ist dieser Report ein weiterer Schlag, denn nach dem Hutton-Bericht vor einem Jahr gab es bereits mehrere Untersuchungen, die Aufbau und Arbeitsweise des Staatssenders kritisiert haben. Der aktuelle Bericht von Lord Wilson kratzt nun am weltweiten Image des Senders als Gralshüter des zuverlässigen, unparteiischen Journalismus. Mitarbeiter der BBC geben bislang keine Interviews zu dem Report. Der BBC-Verwaltungsrat will bis Ende Februar eine ausführliche Antwort vorlegen.