Das Jahr begann mit einer Kehrtwende. Der damalige Bundeskanzler Werner Faymann verkündete eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen, damit ein Ende der Willkommenskultur:
"Wir haben gesagt, wir nehmen 37.500, das ist der politische Beschluss. Und der muss rechtskonform umgesetzt werden."
Am Ende des Jahres steht fest: Die Obergrenze wurde nicht erreicht. Innenminister Wolfgang Sobotka formuliert es so:
"Wir werden zwar in Österreich die Obergrenze in diesem Jahr nicht durchstoßen, aber wir sind ganz wesentlich darauf vorbereitet, auch im nächsten Jahr intensiv die Möglichkeiten zu nutzen. Da gibt’s die Grenzkontrolle direkt. Da gibt’s bei uns die Möglichkeit mit der Sonderverordnung."
Obergrenze: 37.500 Asylanträge
Die österreichische Sonderverordnung sieht vor, dass ab Erreichen der Obergrenze Flüchtlinge an den Grenzen zurückgewiesen, Asylanträge nicht mehr angenommen werden. Einer von mehreren Haken: Ungarn etwa hat verkündet, im Fall der Fälle keineswegs alle Flüchtlinge an seiner Grenze zurückzunehmen.
War die Verkündung der Obergrenze dennoch ein Erfolg? Christian Kern, der im Mai Werner Faymann als Kanzler nachfolgte, sieht es so:
"Wir haben uns auf 37.500 verstanden und dabei bleibt es."
Aus Regierungssicht ist die Obergrenze ein wichtiges politisches Signal, das der rechtspopulistischen FPÖ viel Wind aus den Segeln genommen hat. Das habe auch die Bundespräsidentenwahl entscheidend beeinflusst, weil es FPÖ-Kandidat Norbert Hofer so deutlich schwerer hatte, die Regierung in der Flüchtlingspolitik als untätig anzugreifen, Ex-Grünen Chef Alexander Van der Bellen sei der Wahlsieg erleichtert worden.
Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka sieht es anders. Die Parteien der Großen Koalition hätten den Rechtspopulisten nachgegeben:
"Unabhängig vom Inhalt ist klar, dass die FPÖ etwas vorgibt, die ÖVP zieht nach und am Schluss fällt die Sozialdemokratie um."
Eine Scheinlösung
Klar ist: Völkerrechtlich bleibt eine Obergrenze für Asylanträge angreifbar. Der Europarechtsexperte Franz Leidenmühler betont, der Europäische Gerichtshof akzeptiere einen nationalen Stopp für Asylanträge nur unter Extrembedingungen:
"Es ist so, dass da wirklich der Staat bedroht sein muss, das Bestehen des Staates, das Funktionieren des Staates. Es müssen nahezu bürgerkriegsähnliche Zustände drohen – also doch eine sehr hohe Schwelle, die der EuGH hier anlegt."
Die schärfste Kritik kommt von Amnesty International. Heinz Patzelt, Generalsekretär für Österreich, nennt die Obergrenze eine Scheinlösung:
"Wenn wir irgendwie zu einem Ergebnis kommen wollen, werden wir die EU gemeinsam brauchen, werden Hilfe vor Ort brauchen, aber ganz sicher nicht Völkerrechtsbrüche und Menschenrechtsverletzungen in Europa zusätzlich."
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil betont, auch 2017 bleibe die Obergrenze wichtig. Im kommenden Jahr sinkt sie laut Regierungsbeschluss auf 35.000 Asylverfahren:
"In der Flüchtlingsthematik wissen wir heute nicht, was im nächsten Jahr passiert, wir wissen nicht, ob der Türkei-Deal hält, wir wissen nicht, wie es in Italien mit der Mittelmeerroute weitergeht."
Ist die Obergrenze also Vorbild für Deutschland? Das bleibt umstritten. Die Antwort auf die Frage, was mit dem ersten Flüchtling nach Erreichen der Obergrenze passiert, ob ein Asylantrags-Stopp juristisch haltbar ist, bleibt offen. Der wirkliche Praxistest steht auch in Österreich noch aus.