Mal wieder scharen sich die Journalisten an diesem Abend vor der Justizvollzugsanstalt in Neumünster. Und mal wieder heißt es warten auf Nachrichten in Sachen Carles Puigdemont. Dabei ist die wichtigste Nachricht zu diesem Zeitpunkt erst eine knappe Stunde alt.
Um 18:44 Uhr hatte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht eine Pressemitteilung verschickt. Die hatte es in sich: der frühere katalanische Regionalpräsident soll schon in Kürze die Haft verlassen dürfen. Und: Carles Puigdemont darf nicht wegen des Vorwurfs der Rebellion nach Spanien ausgeliefert werden.
Noch ist Carles Puigdemont nicht aus dem Gefängnis
Auch Eduard Alonso hat die neueste Entwicklung mitbekommen. Der 50-Jährige stammt aus Girona – jener Stadt, in der Puigdemont mal Bürgermeister war. Letzten Freitag ist er in Neumünster angekommen. Nicht als Journalist, sondern als Unterstützer. Fast alle Nächte hat Alonso seitdem im eigenen VW-Bus geschlafen.
"Die Entscheidung hier freut mich sehr, ich bin positiv überrascht. Aber auch wieder nicht so richtig. Denn der Richter war vollkommen unabhängig. Und genau das brauchen wir jetzt."
Doch noch muss Alonso warten, denn noch ist Carles Puigdemont nicht aus dem Gefängnis. Frühestens an diesem Freitag soll es soweit sein. Zunächst einmal müssen die 75.000 Euro überwiesen sein. Diese Summe hat das Oberlandesgericht als Sicherheit angeordnet. Weitere Auflagen: Puigdemont darf die Bundesrepublik nicht verlassen, muss einen Wechsel des Aufenthaltsorts mitteilen und sich einmal die Woche bei der Polizei in Neumünster melden.
Keine Auslieferung wegen Rebellion
Für viel Erleichterung dürfte jedoch vor allem die Aussicht sorgen, dass das Oberlandesgericht eine Auslieferung wegen des Vorwurfs der Rebellion ablehnt. In Spanien drohen für dafür bis zu 25 Jahre Haft. In Doch das Verhalten, das die dortigen Justizbehörden Puigdemont zur Last legen sei in Deutschland nicht strafbar, entschieden die Richter in Schleswig.
"Da kam in Betracht der Vorwurf des Hochverrats", so Gerichtssprecherin Frauke Holmer im ARD-Fernsehen: "Und da hat der Senat entschieden, dass für diesen Vorwurf eine gewisse Gewaltintensivität erforderlich ist. Und diese hat der Senat als nicht gegeben angesehen."
Auslieferung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder möglich
Das bedeutet: Puigdemont darf nicht wegen des Vorwurfs der Rebellion in Spanien der Prozess gemacht werden. Weiterhin möglich ist jedoch eine Auslieferung wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder. Hierfür erließ das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht einen Auslieferungshaftbefehl, hält aber weitere Informationen für notwendig.
Hintergrund ist das Unabhängigkeits-Referendum, das Puigdemont am 1. Oktober 2017 als damaliger katalanischer Regionalpräsident angesetzt hatte.
Auch wenn sich die spanische Zentralregierung am Donnerstagabend mit Reaktionen zurückhielt ist klar: Für Madrid ist das Urteil der Schleswiger Richter eine Enttäuschung. Ganz anders dagegen der Separatistenführer Carles Puigdemont. Über Twitter ließ er mitteilen: "Bis morgen - Dank an alle". Möglicherweise hat er gerade seine vorerst letzte Nacht in Neumünster verbracht - hinter Gittern zumindest.