Oberverwaltungsgericht NRW
AfD-Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall ist rechtens

Die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall ist rechtens. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster. Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom März 2022 und wies die Berufung der Partei zurück.

13.05.2024
    Das AfD-Parteilogo ist beim Bundesparteitag in der Magdeburger Messe zu sehen.
    Das OVG Münster entschied zur Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall. (dpa / Carsten Koall)
    Mit dem Urteil darf der Verfassungsschutz die AfD weiterhin mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten. Außerdem kann die Partei im jährlichen Verfassungsschutzbericht auftauchen. Nach Überzeugung des zuständigen Senats liegen "hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte" dafür vor, dass die AfD Bestrebungen verfolge, die "gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind". Es bestehe "der begründete Verdacht, dass es den politischen Zielsetzungen jedenfalls eines maßgeblichen Teils der AfD entspricht, deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuzuerkennen". Dies sei eine nach dem Grundgesetz unzulässige Diskriminierung aufgrund der Abstammung, die mit der Menschenwürdegarantie nicht zu vereinbaren sei.

    Äußerungen gegen Migranten, Flüchtlinge und Muslime

    Zum Beleg verweist das Gericht auf zahlreiche gegen Migranten gerichtete Äußerungen, "mit denen diese auch unabhängig vom Ausmaß ihrer Integration in die deutsche Gesellschaft systematisch ausgegrenzt werden und trotz ihrer deutschen Staatsangehörigkeit ihre vollwertige Zugehörigkeit zum deutschen Volk in Frage gestellt wird".
    Zudem würden in der AfD "in großem Umfang herabwürdigende Begriffe gegenüber Flüchtlingen und Muslimen" verwendet, "zum Teil in Verbindung mit konkreten, gegen die gleichberechtigte Religionsausübung von Muslimen gerichteten Forderungen".
    Darüber hinaus sehen die Richter Anhaltspunkte für demokratiefeindliche Bestrebungen, "wenn auch nicht in der Häufigkeit und Dichte wie vom Bundesamt angenommen".

    Haldenwang und Faeser begrüßen Urteil - "Zeichen für wehrhafte Demokratie"

    Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht sich in dem Urteil bestätigt. Präsident Haldenwang teilte mit, seine Behörde habe - so wörtlich - "auf ganzer Linie obsiegt". Die Entscheidung sei ein Erfolg für den gesamten Rechtsstaat, die Demokratie und die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
    Auch in der Politik stieß der Richterspruch auf breite Zustimmung. Bundesinnenministerin Faeser sagte in Berlin, das Urteil zeige, dass Deutschland eine wehrhafte Demokratie sei. Der Rechtsstaat habe Instrumente, um sich vor Bedrohungen von innen zu schützen. Genau diese seien jetzt von einem unabhängigen Gericht bestätigt worden. Eine Sprecherin von Bundespräsident Steinmeier erklärte, die Entscheidung zeige, dass die Gerichte sehr wohl der Meinung seien, dass der Rechtsstaat sich auch wehren können müsse.

    AfD will in nächste Instanz gehen

    Das Oberverwaltungsgericht ließ keine Revision gegen das Urteil zu. Die Partei hat aber die Möglichkeit, einen entsprechenden Antrag auf Zulassung am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu stellen. AfD-Bundesvorstandsmitglied Reusch teilte bereits mit, dass die AfD in die nächste Instanz gehen werde. Auch Parteichefin Weidel kündigte rechtliche Schritte an.
    Die AfD hatte sich in mehreren Berufungsverfahren in Münster dagegen gewehrt, dass der Verfassungsschutz die gesamte Partei, den mittlerweile aufgelösten AfD-"Flügel" sowie die Jugendorganisation Junge Alternative als extremistischen Verdachtsfall führt. Mit dem Urteil wurden alle Klagen der AfD abgewiesen.
    (Az: 5 A 1216/22, 5 A 1217/22 und 5 A 1218/22).
    Diese Nachricht wurde am 13.05.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.